Klimawandel
Naturkatastrophen als größte Bedrohung für unser Land

Naturkatastrophen im Fokus in der Steinhalle Lannach: Peter Heiland (Infrastruktur & Umwelt), Landesrat Johann Seitinger und Univ.-Prof. Gottfried Kirchengast (v.l.) | Foto: Rimo Photo
  • Naturkatastrophen im Fokus in der Steinhalle Lannach: Peter Heiland (Infrastruktur & Umwelt), Landesrat Johann Seitinger und Univ.-Prof. Gottfried Kirchengast (v.l.)
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Landesrat Johann Seitinger hat gestern zur großen Naturgefahren-Konferenz in die Steinhalle Lannach geladen. Bedrohungsszenarien und Möglichkeiten der Schadensminimierung standen im Fokus der Diskussionen. Ziel: die Sicherheit der Steirerinnen und Steirer größtmöglich zu gewährleisten.

LANNACH. Auf Initiative des für Hochwasser- und Lawinenschutz zuständigen Landesrates Johann Seitinger wurden Vertreterinnen und Vertreter der steirischen Gemeinden, Einsatzorganisationen sowie weitere bedeutende Stakeholder zu einer Konferenz mit dem Titel „Naturgefahren bedrohen unseren Lebensraum – Herausforderungen und Perspektiven“ in die Steinhalle Lannach eingeladen. Ziel der Veranstaltung war es, sich aus unterschiedlichen Perspektiven und im internationalen Vergleich mit den Herausforderungen von Naturgefahren sowie den Möglichkeiten der Schadensminimierung auseinanderzusetzen, um die Sicherheit der Steirerinnen und Steirer größtmöglichst zu erhöhen.

Erfahrungen aus Naturkatastrophen

Infolge des Klimawandels wird mit einer Zunahme an weiteren Naturkatastrophen sowohl in der Häufigkeit als auch in der Intensität gerechnet. Die Steiermark ist aufgrund ihrer Topographie und ihrer unterschiedlichen Klimazonen besonders bedroht. Durch all diese erhöhten Gefahren wird auch der Schutzbedarf für die Menschen und Infrastruktur zunehmend bedeutender. „Der Klimawandel ist schon längst kein Szenario der fernen Zukunft mehr, sondern knallharte Realität, dessen Auswirkungen wir Jahr für Jahr leidvoll ertragen müssen. Wir werden aber auch neue Wege gehen müssen, die in Richtung Prävention und Risikobewusstsein geht“, bekräftigt Landesrat Johann Seitinger.
Um die steirische Bevölkerung vor den dramatischen Folgen des Klimawandels zu schützen, wurden in den letzten 16 Jahren steiermarkweit über 1.500 Maßnahmen mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund 750 Mio. Euro gesetzt. Allein in der laufenden Legislaturperiode wurden 200 Mio. Euro in rund 450 Maßnahmen investiert. Aber auch die Eigenvorsorge stellt einen überaus wichtigen Aspekt in der Katastrophenprävention dar.

 
Sieben Punkte zum Krisenmanagement

Aus den Naturkatastrophen der letzten Jahre wurden sehr viele Erkenntnisse im Rahmen des Katastrophenmanagements erworben und bereits auch schon in die Umsetzung gebracht. Daraus wurden sieben wesentliche Punkte abgeleitet:

  1. Es gibt eine Eigenverantwortung bei der Vorsorge von Naturkatastrophen 

  2. Der Schutz vor Naturgefahren beginnt zu allererst bei der Raumplanung, wobei 
es vor allem gilt, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen 

  3. Der Bau von Schutzmaßnahmen ist massiv voranzutreiben 

  4. Ganz besonderer Schutz der natürlichen angepassten Maßnahmen in der Land- 
und Forstwirtschaft, wie z.B.: Schutzwälder und Retentionsräume 

  5. Weiterentwicklung von intelligenten Prognose- und Warnsystemen 

  6. Aktiver Klimaschutz über alle denkbaren Wege und Bereiche 

  7. Stärkung der internationalen Kooperation und Wissenstransfer 


„Wir haben die Natur in den letzten Jahrzehnten stark provoziert, jetzt ist die Rechnung da. Zweitens, wir müssen nun ein Bewusstsein bei den Menschen dafür schaffen, was das letztlich bedeutet. Und drittens, es braucht ein Bündel von Maßnahmen, um einen nachhaltigen Schutz für die Menschen sicherzustellen und die wichtigste Maßnahme dabei ist der Klimaschutz“, betont Landesrat Johann Seitinger. Zudem bekräftigt Seitinger, dass es keinen Vollkasko-Schutz gegen Naturkatastrophen gibt und die Eigenvorsorge in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung ist.

„Wir haben die Natur in den letzten Jahrzehnten stark provoziert, jetzt ist die Rechnung da. "
Landesrat Johann Seitinger

Klimawandel und die Auswirkungen auf Naturgefahren

Der durch die Treibhausgase und Landübernutzung verursachte Klimawandel schreitet auch in der Steiermark ungebremst voran und wird sich in Zukunft weiter verstärken. „Als Folge davon werden auch Naturgefahren bedrohlicher und der vorsorgende Umgang damit wird immer wichtiger“, betont Univ.-Prof. Gottfried Kirchengast vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz. Beispielsweise nehmen Wetterextreme wie Starkniederschläge und Unwetter, aber andererseits auch Wasserknappheit und Dürreperioden, deutlich zu. Auch die mögliche Zunahme von Spätfrösten und heftigere Hagelstürme stellen die Betroffenen wie etwa aus der Landwirtschaft vor große Herausforderungen.

Wir erinnern uns an den heftigen Föhnsturm vom Dezember 2017:

Eibiswald ist nach dem heftigen Sturm arg betroffen

Um diese Herausforderungen zu bewältigen ist mutiges und verantwortungsvolles Handeln in zwei Bereichen unerlässlich: Erstens sind Klimaschutz und eine Klimapolitik auch in Österreich im Einklang mit den Pariser Klimazielen die allerwichtigste umfassende Vorsorge, sodass Katastrophenereignisse und Schäden nicht vollständig "aus dem Ruder" laufen. Gleichzeitig ist eine Anpassung an den Klimawandel und an die erhöhten Gefahren als konkrete Vorsorge vor Ort und zur Abmilderung der Schutz- und Schadenskosten dringend notwendig.
Beides eröffnet bei aller Herausforderung und Bedrohlichkeit gleichzeitig neue Chancen für unsere Wirtschaft und Gesellschaft - aber wie können wir diese wahrnehmen? „Am besten auf Basis einer ernsthaften sozial-, wirtschafts- und umweltgerechten Klimapolitik, die die Menschen verstehen. Die Reduktion von fossilen Emissionen und eine intelligente Anpassung an Naturgefahren erspart der Volkswirtschaft auf Dauer Milliarden an Budgetausgaben. Noch dazu führt dies zu einer gerechteren Gesellschaft und gibt unseren Kindern statt Zukunftsangst wieder Zukunftshoffnung“, findet Kirchengast klare Worte, den Klimawandel auch als Chance zu sehen.

Europa: Trends im Hochwasser-Risikomanagement

In den europäischen Mitgliedsstaaten werden aktuell in zunehmender Qualität systematische Risikoanalysen, Planungen für Risikoverminderungsmaßnahmen und Aktivitäten zur Risikoinformation der Öffentlichkeit und der Entscheidungsträger vorangebracht. Während diese von 2009 bis 2015 noch sehr unvollständig waren, werden nun europaweit deutliche Fortschritte gemacht. Die Rolle des Klimawandels bei der Risikoverschärfung wird meist anerkannt und in den Strategien berücksichtigt. Allerdings ist durchwegs ein Defizit in der Umsetzung von geplanten Maßnahmen zu erkennen.
In Deutschland sind aktuell vier Schwerpunkte zu erkennen: die Vorsorge gegen Starkregenereignisse hat hohe Bedeutung, da diese Gefahr zunehmend überall herrscht, kaum vorhersagbar ist und oft zu enormen Schäden und Opfern führt. Hierzu haben Bund und Länder Arbeitshilfen und Förderprogramme aufgestellt, um Kommunen bei der Vorsorge zu helfen. Das aktuelle nationale Hochwasserschutzprogramm ist ein großangelegtes Bund-Länder Finanzierungs- und Koordinationsinstrument zur Realisierung von Retentions- und Schutzmaßnahmen an Flüssen.

Schutz von Flussauen

Es kann wegen der überregionalen Bedeutung auch helfen, lokale Widerstände zu überwinden. Der Schutz von Flussauen vor Bebauung ist mit einer Verschärfung von Restriktionen für Überschwemmungsgebiete und Extrem-Risikogebiete im Wasserhaushalts- und den Länderwassergesetzen erheblich gestärkt worden. „Nichtwissen gilt nicht mehr! Seit für alle gefährdeten Gewässer Risikoanalysen und -karten erstellt und veröffentlicht sind, ist nicht mehr die Frage, ob und wann wir die Risiken bei unserem Handeln berücksichtigen müssen, sondern wie wir es tun. Und dazu brauchen wir einen integrierten Ansatz zur Risikovorsorge, Gefahrenabwehr und Anpassung an den Klimawandel. Das schließt auch den Verzicht auf so manche Bauprojekte mit ein“, so Peter Heiland, Partner und Senior-Consultant bei der Planungs- und Beratungsgesellschaft Infrastruktur & Umwelt Professor Böhm und Partner in seiner Analyse. Zusätzlich wird derzeit ein „Bundesraumordnungsplan Hochwasserschutz“ entwickelt, der die konsequentere Risikominderung durch die Raumplanung zum Ziel hat.

Auch unser Bezirk war schon arg von Naturkatastrophen betroffen:

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