Interview
Julia Scheibs nächstes Ziel im Ski-Zirkus: die Weltspitze

Nach mehreren Verletzungen und Krankheiten konnte Julia Scheib bislang kaum eine vollständige Saison (inkl. Vorbereitung) im Weltcup fahren. | Foto: GEPA pictures
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  • Nach mehreren Verletzungen und Krankheiten konnte Julia Scheib bislang kaum eine vollständige Saison (inkl. Vorbereitung) im Weltcup fahren.
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Julia Scheib hat fast zwei Jahre Verletzungspause hinter sich und schaffte es nach dem Comeback innerhalb von nur zwei Monaten zur Ski-WM. Im Interview erzählt die Frauentalerin vom unerwarteten Erfolg, großen Zielen und worauf sie sich besonders freut.

MeinBezirk.at: Wie geht’s Ihnen nach der Verletzung körperlich? Macht das Knie noch Probleme?
JULIA SCHEIB: Im Großen und Ganzen geht’s mir gut. Im Knie hab ich jetzt keine Schmerzen, das passt soweit. Ich fühle mich körperlich sehr wohl und bin auf einem guten Niveau. Aber die Vorbereitung war nicht ideal. Ich habe doch eineinhalb Jahre fast keinen Sport machen können. Danach war alles sehr stressig und die Vorbereitung kurz. Da habe ich, denke ich, schon das Maximum rausgeholt. Dafür ist das wirklich sehr, sehr gut. Aber da ist trotzdem noch sehr viel drinnen.

Bremsen solche Verletzungen mental auf der Piste? Ändert sich dadurch Ihr Fahrstil?
Also körperlich gar nicht so sehr. Weil ich bin jetzt auf einem Niveau, mit dem kann ich gut Skifahren. Was ich natürlich noch habe, ist hin und wieder ein bisserl Respekt. Das habe ich davor nie so gehabt.
Überwindung will ich nicht sagen, aber es fährt einfach hin und wieder ein bisserl Angst mit. Das hemmt mich noch. Da kann ich nicht so befreit drauf losfahren wie vor der Verletzung. Aber das wird ganz sicher wieder kommen, es dauert nur einfach. Ich bin davon überzeugt, dass das nächste Saison weg sein wird.
Es war auch nach meinem ersten Kreuzbandriss ähnlich. Da habe ich auch ein ganzes Jahr auf Schnee gebraucht.

Der WM-Riesentorlauf endete für Julia Scheib mit einem Ausfall im zweiten Durchgang. Im Teambewerb verpasste sie mit Österreich knapp eine Medaille. | Foto: GEPA pictures
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Ist die Angst auch im WM-Riesentorlauf mitgefahren?
Nein, das war’s auf keinen Fall. Im Rennen ist es nicht so wie im Training. Mit dem Adrenalin, mit dem Fokus habe ich gar nicht so die Zeit, über Angst nachzudenken. Bei der WM war’s eher so, dass ich mich mit dem Schnee und dem Rhythmus vom Lauf schwer getan hab. Das kann vorkommen. Ich war jetzt auch nicht übermäßig nervös. Das haben wahrscheinlich auch einige vermutet. Das war überhaupt nicht so.

Mit ein paar Tagen Abstand: Welches Fazit ziehen Sie nach der WM mit den zwei Rennen?
Es war eine coole Erfahrung und hat mir sicher einiges gebracht. Natürlich waren die Ergebnisse nicht so, wie erwünscht. Aber ich muss doch immer wieder zurückschauen, wo ich heuer herkomme. Das ist auch überhaupt nicht am Plan gestanden, das war eher ein Zuckerl. Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet, dass das bis zur WM so gut gegangen ist. Von dem her muss ich schon ein bisserl demütig bleiben. Und trotzdem: Es ändert überhaupt nichts an der ganzen Saison, die ist für mich wirklich sehr, sehr gut. Nur weil jetzt vielleicht ein, zwei Rennen nicht optimal waren, ändert das nichts an der ganzen Saison. Ich möchte auch in Are dort weitermachen, wo ich im Weltcup aufgehört hab. Da noch gute Rennen fahren und dann war das eine sehr, sehr gute Saison für mich.

In der aktuellen Weltcupsaison stehen noch zwei Riesentorläufe in Are (10. März) und Soldeu (19. März) an. | Foto: GEPA pictures
  • In der aktuellen Weltcupsaison stehen noch zwei Riesentorläufe in Are (10. März) und Soldeu (19. März) an.
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Hatten Sie während der langen Pause oder auch noch bis vor zwei Monaten irgendwann im Kopf, dass ein WM-Start überhaupt möglich wäre?
Nein, überhaupt nicht. Wenn ich an Semmering (Anm.: erstes Rennen nach Verletzung) denke, das war so ein schweres Rennen für mich, so unruhig und hart. Dann war einfach der Plan: Rennen für Rennen und Training für Training, dass das besser wird und das Vertrauen kommt. Dass auch das mit der Angst besser wird. Ich hab da wirklich von Rennen zu Rennen geschaut und das war überhaupt nie ein Thema. Dann ist alles überraschend gekommen und es war sehr, sehr cool, keine Frage. Aber das war bis vor zwei Monaten überhaupt kein Thema.

Umso höher ist der WM-Start zu bewerten, das in so kurzer Zeit zu schaffen.
Ich glaube echt, dass ich es sehr, sehr gut angegangen bin. Ich hab einen klaren Plan gehabt und hab mit meinem inneren Team sehr gute Arbeit geleistet. Das war eine extrem kurze Zeit. Wenn du im Ski fahren so lang weg bist, dann brauchst du wirklich die Kilometer, bis wieder alles kommt. Ski fahren ist doch ein Sport, den kannst du nur ein paar Monate im Jahr machen, da sollte es dann passen. Es ist schon ein ziemlicher Stress, wenn alles so knapp ist. Von dem her bin ich schon auch stolz, dass uns das in der kurzen Zeit gelungen ist.

Sie sind in ein schwächelndes Team zurückgekommen – konnten Sie vielleicht sogar befreiter drauf losfahren als die anderen?
Ich denke da überhaupt nicht an Leistungen von anderen. Es war ja auch oft so in den Jahren davor: Ich hab im Training sehr oft den Takt vorgegeben, war da immer die Schnellste. Das war jetzt auch ähnlich, als ich zurückgekommen bin. Ich bin gleich gute Zeiten gefahren. Nicht gleich am Anfang, da hab ich mich brutal schwer getan, aber es ist dann gleich mal wieder gekommen und es hat sich ähnlich angefühlt wie immer. Aber ich habe das schon richtig einordnen müssen. Nur weil du im Training vielleicht Bestzeiten fährst, heißt das nicht, dass du automatisch gut fährst. Das habe ich schon auch gespürt, dass bei mir selber noch was fehlt. Und das war so der Ansatz, das hast du selber im Gespür, ob das gut ist oder nicht – egal, ob du jetzt schneller bist als die Teamkolleginnen.

Sie müssen, gerade bei der WM, den Druck auf das ÖSV-Team mitgekriegt haben – den man Ihnen ja eigentlich gar nicht aufbürden kann, als junge Läuferin, die gerade von einer schweren Verletzung zurückgekommen ist. Oder konnten Sie das ausblenden?
Ja, so gut es geht. Ich habe schon immer wieder gesagt, ich habe viel vor, die Form passt soweit, man kann schnelle Zeiten fahren. Habe aber auch gesagt, es muss sehr viel zusammenpassen, damit das gelingt.
Den Druck spürt man natürlich, aber den haben wir davor auch schon gehabt bei den Weltcuprennen, weil da die Ergebnisse auch nicht so gepasst haben. Man muss da eh bei sich bleiben und einfach weitermachen, weil alles andere bringt dich aus dem Konzept und bringt dir überhaupt nichts.

Die 24-Jährige nimmt sich große Ziele für ihre weitere Karriere vor. | Foto: GEPA pictures
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Haben Sie schon konkrete Ziele oder sich etwas vorgenommen für die nächste Saison?
Zuerst freue ich mich einmal auf eine coole Vorbereitung ohne Stress.

Und auf eine komplette Vorbereitung, oder?
Ja, genau. Darauf freue ich mich wirklich, dass ich da nochmal einen Schritt machen kann, dass ich im Herbst auf die Schneetage komme. Das ist ein enormer Vorteil und extrem wichtig beim Skifahren, wenn du die Tage in den Beinen hast. Ich möchte einfach mein bestes "Ich" werden, alles ausreizen und die nächsten Schritte machen. Natürlich ist das Ziel, mit der Weltspitze mitzufahren. Da weiß ich auch, dass das drinnen ist, dass ich das kann. Ich muss mein bestes Skifahren abrufen, dann kann ich mitfahren. Das wäre so das Ziel.

Und dass Sie einmal auch eine vollständige Saison fahren können.
Das wäre sowieso das Wichtigste, dass nichts dazwischen kommt. Weil das schon extrem ist, die ganzen Verletzungen bremsen einen so aus. Natürlich denke ich mir schon hin und wieder, wo ich wäre, wenn ich das alles nicht gehabt hätte. Aber ich sage dann auch im gleichen Moment: Alles im Leben hat einen Sinn und es hat mich auch stärker gemacht. Auch menschlich hab ich extrem viel lernen können. Wenn ich das nicht gehabt hätte, wäre ich vielleicht noch so ungeduldig und dann würde vielleicht gar nichts gehen. Also es hat schon alles so sein müssen, glaube ich. Aber natürlich hoffe ich für die Zukunft, dass es das jetzt war und ich die nächsten Jahre durchfahren kann. Darauf freue ich mich.

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