Frohnleiten
Zeitgeschichteprojekt: Schüler gegen das Vergessen
An der Mittelschule Frohnleiten haben sich die Schüler mit dem Nationalsozialismus auseinandergesetzt.
Über 19 Millionen Menschen gelten als Opfer nationalsozialistischer Massenverbrechen durch das deutsche Regime und seine Verbündeten. Der Nationalsozialismus und der Holocaust nehmen im Schulunterricht daher einen zentralen Stellenwert ein. Doch wie funktioniert die historische Auseinandersetzung im Schulunterricht mit einer Zeit, in der Menschen systematisch verfolgt, enteignet und ermordet wurden? Die vierten Klassen der Mittelschule Frohnleiten haben sich im Rahmen eines zweiwöchigen Zeitgeschichteprojekts damit befasst und einen Gegenwartsbezug zu aktuellen Rassismusdebatten hergestellt. Dafür verantwortlich waren zwölf Lehrer, die Themen ihrer Wahl mit den Schülern erarbeiteten. Diese reichten von Hass in sozialen Medien über die sogenannten Banditenkinder bis hin zu Propaganda.
Eine Zeitzeugin erzählt
Die Distanz zu der Entstehung und den Auswirkungen des NS-Regimes wird immer größer, so auch die Wissenslücken der Schüler. Greifbarer Geschichtsunterricht ist deshalb das Ziel des Projekts in Frohnleiten. "Wir haben den Schülern einen theoretischen Input gegeben, Begrifflichkeiten erklärt und das Thema nahbar gemacht, sie haben dann mit diesem Wissen daran gearbeitet", sagt Geschichtslehrerin Rebecca Fuchs, die sich mit dem amerikanischen Blick auf das NS-Regime und der Propaganda beschäftigt hat. Neben der Rolle des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau oder Widerstand gegen das Regime war es der Lehrkraft wichtig, auch die Stadtgemeinde zur Zeit des Nationalsozialismus zu behandeln. Die Schüler gingen den Spuren bei den heimischen Gedenkstätten nach. "Der Zweite Weltkrieg ist nicht irgendwo auf der Welt in fernen Ländern, sondern direkt vor unserer Haustür passiert. Weil sich die Schüler auch damit befasst haben, haben sie das Ganze noch besser verstehen können. Das ist für die Zukunft wichtig", so Fuchs.
Als Zeitzeugin zweiter Generation erzählte Ingrid Portenschlager die Lebensgeschichte ihres Vaters Ernst Reiter, der wegen seines Glaubens als Zeuge Jehovas über vier Jahre unschuldig im KZ Flossenbürg inhaftiert war. "Wenn man eine Person trifft, die das miterlebt hat, macht das was mit einem."
Aktueller Hass im Gespräch
"Anfangs konnten wir uns das alles gar nicht so gut vorstellen. Aber nach dem Online-Gespräch mit der Zeitzeugin haben wir Schüler viel darüber nachgedacht", sagt die 14-jährige Julia. Geht es um den Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus, spielt auch die Gegenwart eine wichtige Rolle. Hass in sozialen Medien und wie damit umgegangen wird, war deshalb Teil des Projekts. "Es ist einfach schade, dass Ausgrenzung noch immer stattfindet. Es ist so wichtig, dass sich Schüler mit diesen Themen befassen und genau darüber nachdenken." "Nach diesen beiden Wochen ist der Blick auf Vergangenes definitiv geschärft", ergänzt Fuchs.
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