Tischgespräch: "Widerstände haben mich immer gereizt"

Hofrat Günther Friedrich erzählt WOCHE Redakteur Johannes Häusler über sein Leben in der Bildung.
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WOCHE: Warum kamen Sie auf die Ideen, in Weiz ein Studientechnologie und Transferzentrum ins Leben zu rufen? Günther Friedrich: „Die zentrale Frage, die uns damals bewegt hat, war, wie wir eine Schnittstelle zwischen bestehender Praxis und einer weiterführenden Ausbildung schaffen können. Es gibt etwa 140.000 Ingenieure in Österreich. Wenn diese dann studieren, arbeiten sie auch weiter. Dafür brauchten wir ein entsprechendes Angebot aus Fernlehre und Präsenz. Das war dann eigentlich nicht so schwer, die Module für ein acht-semestriges Studium zusammen zu stellen. 1999 gab es in Weiz dann den ersten Standort, heute sind es 30 in ganz Österreich, die wir in Zusammenarbeit mit deutschen Hochschulen betreiben.“

Sind Sie in diesem Prozess auf großen Widerstand gestoßen? „Es war schon eine Herausforderung unser Programm zu etablieren. Wir wollten einfach etwas neues machen, nur ist man in Österreich zu sehr obrigkeitshörig und zu sehr institutionalisiert. Es wird bei uns zu viel politisiert. In der EU gibt es so viel an Bildungsangeboten. Wir müssen nicht immer alles neu erfinden! Wir bekamen schließlich aber auch Unterstützung aus dem Ministerium."

WOCHE: Sie sind seit gut 35 Jahren im Bereich der Ausbildung tätig und haben Generationen an Menschen in die Berufswelt begleitet. Inwiefern unterscheidet sich der Unterricht heute von den Zeiten ihrer Anfänge? „Mir hat der ehemalige Vizepräsident der Steirischen Wirtschaftskammer – Lackner – ein Mal gesagt: ,Du hast aus der Schule einen Betrieb gemacht und erkannt, dass die Schule ein vorgelagerter Bereich für die Gesellschaft und die Wirtschaft wirksam sein muss.‘ Es ist halt die Frage, wie man diese Aufgabe sieht. Rein formal ist man Dienststellenleiter im schulischen Bereich mit all seinen Aufgaben. Das kreative Potential ist, was dann dazu käme und für Neugestaltungen einsatzfähig wäre. Weil eines muss ich schon sagen, diese ewige Jammerei – man kann in der Schule eh nichts machen – die teile ich nicht. Weil es geht nur darum ob man es tut. Ich habe so viele Möglichkeiten gefunden, soviel im schulischen als auch im Hochschul-Bereich, wo man gravierendes machen kann, wenn man die Spielregeln einhält.
Es gilt natürlich schon eines, dass man was man angreift auch wirklich durchzieht und auf Qualitätsniveau bringt. Aber es ist nicht wahr, dass man nichts machen kann.“

Sehen Sie sich als Revoluzzer? „Nein, das bin ich nicht. Aber ich habe immer das Gefühl, mich faszinieren neue Dinge. Wenn ich etwas neues sehe in dieser Branche, dann versuche ich zu schauen, ob das in unser Portfolio passt.
Aber wenn Sie sagen Revoluzzer, dann fällt mir dazu das Beispiel Abendschule ein. In Weiz gibt es keine Abendschulbehörde, die gibt es in Kapfenberg und Graz uns aus. In Weiz keine. Dann habe ich gefragt, warum es diese hier bei uns nicht geben sollte, wir haben ja auch die HTL da. Dann habe ich mit allen möglichen Verbündeten versucht, eine Abendschule in Weiz zu organisieren. Das ist mir mit Rückendeckung auch gelungen und heute ist die Abendschule ein selbstverständlicher Bestandteil der Stadt. Also nicht Revoluzzer, aber Widerstände haben mich schon immer schon gereizt, die Sache dann dann doch durchzusetzen. Wenn etwas schwierig wurde, habe ich immer gefragt ,warum, das muss doch machbar sein.' “

Inwiefern haben Sie Sich in all der Zeit verändert? „Ja, da ist sicher was dran, man verändert sich schon. Grundsätzlich verändert sich man mit der Aufgabe und man wird vielleicht etwas exakter, genauer. Man weiß an sich relativ genau, wenn man Dinge nur halb angeht, so kommt es mit Sicherheit zurück. Man wird vorsichtiger, genauer, aber das ändert nichts daran, dass man dennoch sehr an der Umsetzung arbeitet und seine Linie nicht verlässt. Ich habe mich schon verändert, das glaube ich schon.“

Und wie sieht es mit Ihnen als Menschen dahinter aus? Man hört aber schon, Ihr Beruf schon Ihr Leben ist. „Ich habe natürlich schon das Glück, dass meine Frau auch sehr initiativ ist und wir diesbezüglich – wenn ich jetzt mit über 70 noch täglich ins Büro gehe und auf Reisen bin, weniger zu Hause bin – hier kein Problem haben, weil sie selbst so aktiv ist. Aber wie sieht es in meinem Inneren aus? Ich freue mich über den Erfolg. Ich bin sehr naturverbunden, keine Frage, habe immer mit gewissen Maß Sport betrieben und kann das nach wie vor. Aber im Inneren würde mir – wenn ich meine Linie verlassen hätte – vieles fehlen. ich glaube nicht, dass ich mich heute hinsetzen könnte und nur mehr Freizeit zu betreiben. Mir würde vieles einfach fehlen. Arbeiten ist schon mein Leben, das möchte ich nicht mehr verändern."

Wird es dann so etwas wie einen Ruhestand für Sie geben? „Also, meine beiden Söhne sind sehr im Einsatz bei uns. Das tägliche Geschäft lauft weitgehend über sie ab. Ich bin halt so für die Weiterentwicklung und für die Kontakte, für neue Ideen, Kreatives zuständig und kann mir wirklich viel selbst einteilen. Wenn ich wirklich gesundheitlich schlecht beinand wäre, müsste ich nicht ins Büro gehen. Also mir geht's wirklich gut. Ich könnte mir ein besseres Leben eigentlich gar nicht vorstellen, als täglich etwas was zu tun und dabei das aber nicht zu müssen. Uns wenn Sie mich fragen wie lange noch, dann eben solange ich gesund bin. Wenn die Gesundheit nicht mehr vorhanden ist, dann muss man es eben aufgeben und leiser treten. Das ich ja jetzt schon auch. Es kommt dann über 70 schon irgendwo, dass man mehr Erholungsphasen braucht. Das ist so. Wo man früher halt um Mitternacht heim gekommen ist und um 7 Uhr im Büro war, da braucht man jetzt halt ein paar Stunden mehr an Erholung. Es geht aber noch gut!“

Beide Söhne im Unternehmen, wie gut klappt das? „Das klappt auf jeden Fall. Wir ergänzen uns zum Beispiel in Verhandlungen sehr gut. Wir sind sehr gut abgestimmt und gemeinsam glaubwürdig. Meine Söhne haben – das muss ich wohl auch sagen – diese Handschlagqualität: wenn man mit jemandem etwas ausmacht, dann soll das auch so sein. Das haben wir in der Familie immer so gehalten und das haben meine Söhne gut übernommen. Wenn sie etwas versprechen, dann hält das auch. Das macht unsere Glaubwürdigkeit aus und deshalb sind wir auch mit den vielen HTLs in Österreich zusammen. Das muss man leben.“

Was macht der Herr Hofrat dann eigentlich in seiner Freizeit?„Ich gehe gerne Schifahren. Komme ja aus dem Ennstal und da fahre ich noch immer gerne Schi. Dann spiele ich ein wenig Golf. Mit meiner Frau werde ich auch Langlaufen gehen. Mit meinem 50. Lebensjahr habe ich zu laufen begonnen, damals ist es mir gesundheitlich am schlechtesten gegangen, da war ich wirklich abgewirtschaftet und habe gemerkt, ich muss was tun. Aber jetzt haben ich probleme mit den Füßen, den Knien. Aber ich betreibe fünf Mal die Woche Sport. Auch zu Hause, da schreibe ich mit. Keinen Leistungssport, sondern einfach etwas sportliches. Da gehört der Heimtrainer dazu, da zählt auch das Golf und das Schifahren dazu.“

Was ist das erste, dass Sie am Morgen machen? „Ich starte mit einer Morgengymnastik eine knappe halbe Stunde lang, ein paar Dehnungen und Übungen, dass ich meinen Gleichgewichtssinn fit halte. Das ist ganz wichtig, weil mit zunehmendem Alter merkt man, dass die Orientierung etwas abnimmt. Ich stehe auf einen Bein und fixieren einen Punkt. Dann mach ich auch noch Bauch und Muskelübungen. Dann geht‘s mir auch gut, weil ich danach ein Frühstück bekomme von meiner Frau und Zeitung lesen kann und dann schaue ich, dass ich so gegen acht, halb neun im Büro bin. Wenn ich zehn Minuten später komme, ist es auch wurscht. Da schimpft dann niemand (lacht)."

Biografie Günther Friedrich

Geboren: Mai 1940 in Aich im Ennstal
Familienstand: Seit 46 Jahren verheiratet, drei Söhne, sechs Enkelkinder
Ausbildung: Arbeitermittelschule, Bulme Graz, zwei Facharbeiterprüfungen
Karriere: Techn. Zeichner bei Wagner Biro (1958–63); Leitung der Automatisierung des Soletti-Werks in Feldbach (1971–74); danach Umwelttechniker (bis 1979); ab 1980 selbstst. als Ziviltechniker in Weiz; ab 1982 im ersten Team der HTL Weiz, Leitung bis Ende 2000.

Word-Rapp ...

… Lieblingsfach in der Schule: ich war immer schon ein Maschinenbauer
… Schlimmstes Fach: Latein
… Familie: Basis für ein gutes und erfolgreiches Leben. Ist das wichtigste überhaupt.
… Lausbuben: sind wichtig, schlecht ist, wenn man keiner war.
… Zukunft: Kreativität und Beharrlichkeit
… Lieblingsland: Österreich und Schweden.
… Winter: Schnee und Schifahren.
… Frühling: Beginn der Golfsaison
… Alter: Ist eine Herausforderung, muss man selbst gestalten. Man darf sich nicht gehen lassen.
… Traumauto: Wäre in meiner Jugendzeit ein Jaguar Mark II gewesen.
… Lebensmotto: Ich habe eine Herausforderung und eine Aufgabe und eine Familie und das ist mein kreativer Rahmen.

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