Bodenversiegelung
Begrünte Dächer anstatt Parkplatz-Betonwüsten

In Österreich ist die Steiermark Spitzenreiter im Bodenverbrauch: eine Fläche von 401 Quadratkilometern ist bereits durch Gebäude- und Verkehrsflächen versiegelt. Die Stadt Graz will dem drastische Flächenverbrauch etwas entgegensetzen. | Foto: pixabay
6Bilder
  • In Österreich ist die Steiermark Spitzenreiter im Bodenverbrauch: eine Fläche von 401 Quadratkilometern ist bereits durch Gebäude- und Verkehrsflächen versiegelt. Die Stadt Graz will dem drastische Flächenverbrauch etwas entgegensetzen.
  • Foto: pixabay
  • hochgeladen von Martina Eisner

Es ist eine Kausalkette: Bodenschutz, Klimaschutz, lebenswerte Stadt der Zukunft. Wie man in Graz versiegelte Fläche aufbrechen und Städtewachstum mit Boden- und Klimaschutz unter einen Hut zu bringen will.

GRAZ. Wer in der Stadtplanung tätig ist, muss geduldig und optimistisch sein, findet Bernhard Inninger. "Jeder Baum, den wir heute setzen, wird erst in 20 Jahren so viel Schatten- und Verdunstungsleistung haben, dass es etwas bringt." Der Leiter des Grazer Stadtplanungsamts ist sich der Verantwortung über den Erhalt einer lebenswerten Stadt für nachkommende Generationen bewusst. Bodenschutz ist immer auch Klimaschutz, heißt es im Österreichischen Klimabündnis. Doch schlicht weniger Bauland auszuweisen, wäre ja "eine einfache Übung". In Graz verfolge man schon seit Jahrzehnten eine Strategie der effizienten Bodennutzung durch Verdichtung, erklärt Inninger. Dafür gilt es, den Bodenverbrauch pro Kopf zu senken – doch wie funktioniert das? 

Bernhard Inninger leitet das Grazer Stadtplanungsamt. Entsiegelung und Begrünung sind ihm wichtig, um die Stadt in Zukunft besser vor Folgen der Klimakatastrophe, wie etwa Starkregen-Ereignissen, zu schützen. | Foto: Jorj Konstantinov
  • Bernhard Inninger leitet das Grazer Stadtplanungsamt. Entsiegelung und Begrünung sind ihm wichtig, um die Stadt in Zukunft besser vor Folgen der Klimakatastrophe, wie etwa Starkregen-Ereignissen, zu schützen.
  • Foto: Jorj Konstantinov
  • hochgeladen von Verena Schaupp

Wirtschaftlich attraktives Angebot

Ein Beispiel: Im Grazer Süden zwischen ÖAMTC, Stadion und entlang der Conrad-Von-Hötzendorf-Straße verbrauchen vor allem gewerblich genutzte Flächen extrem viel Boden. Im Sinne des Klimaschutzes bislang eine schlechte Flächennutzung, denn ein eingeschossiger Supermarkt gibt hier keinen Wohnraum und nur wenige Arbeitsplätze pro Quadratmeter her, während 80 bis 100% des Grundstückes versiegelt sind.

Im Rahmen des 4. Flächenwidmungsplans von 2018 hat der Grazer Gemeinderat in diesem Stadtgebiet jedoch eine Umwidmung vorgenommen. Während das ehemalige Gewerbegebiet als sogenanntes Kerngebiet neu ausgewiesen wurde, hat man zur Qualitätssicherung gleichzeitig eine Bebauungsplanpflicht verhängt. Rechtlich gesehen entsteht durch diese Umwidmung des Baulandes nun die Möglichkeit, der Liegenschaft unter Einhaltung des Bebauungsplans mehr Nutzungsmöglichkeiten und eine höhere Bebauungsdichte zuzuführen, wie der Stadtplanungschef erklärt. Das sei ein wirtschaftlich attraktives Angebot.

Um eine Fläche als Parkplatz nutzen zu können, muss der Boden nicht zwingend versiegelt werden. Rasengitter bieten eine bodenschonende Alternative. | Foto: pixabay: Manfred Antranias Zimmer
  • Um eine Fläche als Parkplatz nutzen zu können, muss der Boden nicht zwingend versiegelt werden. Rasengitter bieten eine bodenschonende Alternative.
  • Foto: pixabay: Manfred Antranias Zimmer
  • hochgeladen von Josefine Steingräber

Denn für die Parkplatz-Betonwüste, auf der eingeschossige Supermärkte für gewöhnlich stehen, bedeutet das eine erhebliche Wertsteigerung. Für den Eigentümer oder die Eigentümerin des Grundstücks lohnt es sich nämlich plötzlich, die versiegelte Fläche aufzubrechen und unter Einhaltung des Bebauungsplans neu zu bebauen

"Der Eigentümer kann dann zum Beispiel sechs Mal so viel Fläche verwerten und – egal, ob er verkauft oder vermietet – er hat jeden Monat sechs Mal so viele Einnahmen. Im Erdgeschoss der neuen Bebauung könnte dann wieder der Supermarkt sein, darüber eine Gemeinschaftspraxis, ein Bürogeschoss, drei Wohngeschosse und die Einnahme sprudelt."
Bernhard Inninger, Leiter des Stadtplanungsamt der Stadt Graz

Mit diesen Drehschrauben in Flächenwidmungs- und Bebauungsplan kann auf kommunaler Ebene zumindest anteilig die Möglichkeit der Entsiegelung geschaffen werden. Denn mit Zwangsmaßnahmen könne man grundrechtlich ohnehin nicht in Baubestand eingreifen. Die gute Nachricht sei jedoch, dass man zukünftigen Bauprojekten, ob Um- oder Neubau, neue Bauvorschriften zugrunde legen könne, so Inninger.

Auf einem guten Weg: Während Luftbildmesseungen 2015 einen Anteil von 28,88% bebauter und versiegelter Fläche anzeigten, waren es 2019 30,10%. | Foto: Stadt Graz, Klima-Informationssystem
  • Auf einem guten Weg: Während Luftbildmesseungen 2015 einen Anteil von 28,88% bebauter und versiegelter Fläche anzeigten, waren es 2019 30,10%.
  • Foto: Stadt Graz, Klima-Informationssystem
  • hochgeladen von Josefine Steingräber

Bodenschutz durch verpflichtenden Grünflächenfaktor

Das Instrument dafür ist das Stadtentwicklungskonzept (STEK), in dem neben Zielen und Richtlinien für eine langfristige Stadtentwicklung auch die Verteilung von Flächennutzungen festgelegt wird. Das aktuelle STEK der Stadt Graz stammt aus dem Jahr 2013 und soll heuer ein zeitgemäßes und klimagerechtes Update bekommen (STEK 4.0).

Auf diese Weise möchte man im Sinne des Bodenschutzes etwa einen verpflichtenden Grünflächenanteil für neue Bauprojekte aufsetzen. Um Bauvorhaben mit der Baum- und Grünflächenerhaltung miteinander in Einklang zu bringen, sind neben den schon bestehenden Förderungen für Dach- und Fassadenbegrünung, ein Bonussystem sowie flexibler planerischer Spielraum als Anreiz geplant.

"Viele Wegen führen ans Ziel. Wenn das Grundstück eines privaten Häuslebauers zu klein ist, um mit dem Gebäude, das er errichten möchte, den Grünflächenfaktor zu schaffen, dann könnte er beispielsweise ein viel besseres Gründach machen, als er eigentlich müsste und anstatt 15cm Substrat einen halben Meter Erde auf sein Dach geben, damit dort oben eine intensive Wiese wächst."
Bernhard Inninger, Stadtplanungsamt Graz

Der Möglichkeiten, den vorgegebenen Grünflächenfaktorzu erreichen, gebe es zahlreiche, besonders effektiv sei immer der Erhalt eines alten Baumes.

Um die Folgen von Starkregenereignissen einzudämmen und mehr Versickerungsmöglichkeiten zu schaffen, soll mit dem STEK 4.0 eine verpflichtende Begrünung von Dächern ab einer Fläche von 60m² eingeführt werden. | Foto: Stadt Graz, Dominik Piringer
  • Um die Folgen von Starkregenereignissen einzudämmen und mehr Versickerungsmöglichkeiten zu schaffen, soll mit dem STEK 4.0 eine verpflichtende Begrünung von Dächern ab einer Fläche von 60m² eingeführt werden.
  • Foto: Stadt Graz, Dominik Piringer
  • hochgeladen von Josefine Steingräber

Reformpaket STEK 4.0 hängt noch in der Warteschleife

Wann und mit welchen Werten genau das STEK reformiert wird, hängt bislang aber noch von den laufenden Verhandlungen zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien des Gemeinderats ab. Um das Reformpaket und damit an den Klimawandel angepasste Bauvorschriften umzusetzen, braucht eine Zwei-Drittel-Mehrheitdes Gemeinderats. Gegen die Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsmaßnahmen sei keine der bis dato noch diskutierenden Parteien, vermutet Inninger, es bestehe eher der Wunsch, auch noch andere Aspekte wie eine Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort außerdem mit aufzunehmen. Er sieht darin kein Problem. Ein Entscheidung, ob der Auflagebeschluss des STEK 4.0 vom Gemeinderat angenommen wird, könnte im Juli fallen. 

Mehr Infos zur Grazer Stadtentwicklung

Mehr zum Thema Bodenschutz:

Das Graz der Zukunft soll grüner werden
Steht ein Hochwasser-Jahr bevor?
Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Das KosMedicS-Team um Karin Migglautsch (M.) berät zu Schönheitsfragen. | Foto: Konstantinov
3

Wohlfühlen in der eigenen Haut
KosMedicS als Ansprechpartner für ästhetische Medizin

KosMedicC ist ein innovatives Kosmetikstudio und Medical Beauty Clinics mit zehn Jahren Erfahrung zu Beauty-Themen. GRAZ. Wer Angebote rund um Schönheit und Gesundheit für Gesicht und Körper sucht, findet diese bei KosMedicS unter Karin Migglautsch und ihrem KosMedicS-Team. Ob reine Kosmetik, ärztliche Behandlung oder beides gemeinsam: Hier findet sich alles unter einem Dach, von der klassischen Gesichtsbehandlung bis zum minimalinvasiven medizinischen Eingriff. Hier werden mittels neuester...

  • Stmk
  • Graz
  • RegionalMedien Steiermark

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.