Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer: Zum Abschied ernste Worte

Nach fast zwei Jahrzehnten an der Spitze des innenpolitischen Geschehens aktiv, zieht sich Helmut Mödlhammer in den Ruhestand zurück. | Foto: Österreichischer Gemeindebund
  • Nach fast zwei Jahrzehnten an der Spitze des innenpolitischen Geschehens aktiv, zieht sich Helmut Mödlhammer in den Ruhestand zurück.
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„Nach so vielen Jahren in diesem Amt kann man schon auf viele Erfahrungen zurückblicken“, so Mödlhammer bei seiner Abschiedspressekonferenz. „Ich nehme aber vor allem in Anspruch, dass in meiner Amtszeit der politische Stellenwert der Gemeinden und die öffentliche Wahrnehmung der kommunalen Arbeit stark an Gewicht gewonnen haben“, so Mödlhammer.

„Es ist wichtig, dass die Gemeinden eine starke Interessensvertretung haben, denn Gesetze und Regeln können sie ja nicht selbst beschließen. Also sind wir auf öffentlichen Druck und Lobbying im Sinne der Gemeinden angewiesen, das sind unsere stärksten Waffen, um uns auf Bundes- und Landesebene Gehör zu verschaffen.“

Entscheidungen, die ins Leben der Leute hinein wirken

„Bürgermeisterinnen und Bürgermeister prägen in vielerlei Hinsicht den Alltag von Menschen“, sagt Mödlhammer. „Sie treffen gemeinsam mit den Gemeinderäten Entscheidungen, die wirklich ins Leben der Leute hinein wirken, sei es in der Kinderbetreuung, der Schule, dem Straßenbau, der Freizeitgestaltung oder der Pflege. Da kann man sich nicht verstecken und sich auf wen anderen ausreden, in einer Gemeinde ist man erste Ansprechperson für die Menschen.“

Fast immer Überschüsse erzielt

„Wir haben auch“, so Mödlhammer, „gravierende Herausforderungen in den letzten Jahren gut bewältigt. Wir haben die Finanz- und Wirtschaftskrise ohne gröbere Schäden durchgestanden, wir haben – mit Ausnahme von zwei Rechnungsjahren – immer Überschüsse erzielt und unsere Maastricht-Ziele erreicht. Wir sind die einzige Ebene, die den Schuldenstand seit einigen Jahren real verringert. Und das, obwohl ständig neue Aufgaben auf unserem Rücken abgeladen werden.“

Landflucht muss gestoppt werden

„Am wichtigsten war und ist mir immer noch, dass wir das Auseinanderdriften der ländlichen und städtischen Räume verhindern“, sagt Mödlhammer. Es habe früher einen größeren gesellschaftlichen Konsens darüber gegeben, dass alle Menschen Zugang zu bestimmten Leistungen haben müssen. Strom, Wasser, Kanal, Straßen, öffentlicher Verkehr, usw.. „

Darauf hat man sich früher leichter einigen können als das heute der Fall ist. Heute ist es ein immer aufwändigerer Kampf, um die ländlichen Gebiete gegenüber den Zentralräumen nicht eklatant zu benachteiligen. Die Menschen spüren diesen Versuch der Vernachlässigung auch sehr stark“, sagt Mödlhammer.

„Die Protestwählerstimmen in den ländlichen Gebieten waren auch bei der Präsidentschaftswahl kein Zufall. Wenn Menschen sich vernachlässigt und allein gelassen fühlen, dann sind sie für politische Wechselströmungen leichter zu haben."

Gemeinden stehen vor weiteren Belastungen

Die Gemeinden selbst, so Mödlhammer, stehen vor weiteren Belastungen. „Wir sind in den letzten Jahren ständig damit beschäftigt, zusätzliche Belastungen zu vermeiden. Wir leiden inzwischen unter der Bundes- und Landesbürokratie, wie viele Menschen auch.“

Viele Gemeinden würden beispielsweise gar nicht mehr um Förderungen ansuchen, „der Aufwand dafür steht manchmal in keinem Verhältnis mehr zur möglichen Förderung“.

Anfragen werden nicht einmal mehr beantwort

Umgekehrt bürde man den Kommunen Dinge wie einen zweiten Wahltag auf. „Das führt nachweislich zu keiner höheren Wahlbeteiligung, das belegen alle Daten. Es ersetzt auch nicht die Briefwahl. Ich bin wirklich ratlos, wenn wir über solche Dinge reden müssen, wir haben haufenweise Rückmeldungen aus den Gemeinden, die das für Unfug halten und nicht mehr wissen, wie sie die Wahlkommissionen für einen zweiten Wahltag besetzen sollen. Das interessiert auf Bundesebene aber keinen, entsprechende Anfragen werden nicht einmal mehr beantwortet. Und dann wundert man sich, wenn die Menschen das Vertrauen in die höheren Ebenen verlieren.“

Frauenanteil nach wie vor viel zu niedrig

In der Kommunalpolitik sieht Mödlhammer auch strukturellen Änderungsbedarf: „Es ist evident, dass der Frauenanteil in kommunalen Spitzenfunktionen immer noch zu niedrig ist. Die Zahl der Bürgermeisterinnen steigt zwar ständig, ist aber natürlich immer noch viel zu gering. Diese steigende Zahl sollte sich ebenso noch mehr in unseren Gremien niederschlagen.“

Aufgabenreform und Strukturreform nicht gelungen

Mödlhammer zeigte sich aber auch selbstkritisch. „Eine umfangreiche Aufgabenreform ist seit Jahren überfällig“, sagt er „Ich bin gegen viele Mauern gerannt, es tut mir weh, dass es für so eine Reform offenbar keinen politischen Willen gibt. Ich weiß gar nicht, wie oft ich kritisiert habe, dass in die Kinderbetreuung bis zu vier Ministerien, neun Bundesländer und alle Gemeinden involviert sind. Es liegt auf der Hand, dass dieser gordische Knoten der Zuständigkeiten einiges an Problemen und Reibungsverlusten mit sich bringt.“

Seit Jahren fordert Mödlhammer eine Kompetenzreform. „Die Sache ist nicht so schwierig, wie man sie macht: Die Ebene, die eine Aufgabe am besten erledigen kann, soll sie auch ausführen und dafür die Finanzmittel ohne Umwege bekommen“, so Mödlhammer. „Kinderbetreuung sollte alleinige Gemeindeverantwortung sein, die Gesundheitsagenden und die dafür nötigen Finanzmittel sind am besten bei den Ländern aufgehoben.“

Aus unserem Archiv:
* Gemeindebund-Chef Mödlhammer: "Erholungsregionen dürfen keine toten Regionen werden"
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