"Wenn die Preise-Entwicklung ins Minus rutscht, dann wird es gefährlich"

Johann Kalliauer, Chef der AK Oberösterreich: "Die allgemeine Preisentwicklung weist im gesamten Euroraum nach unten." | Foto: AK OÖ
  • Johann Kalliauer, Chef der AK Oberösterreich: "Die allgemeine Preisentwicklung weist im gesamten Euroraum nach unten."
  • Foto: AK OÖ
  • hochgeladen von Wolfgang Unterhuber

Herr Präsident, mit der Steuerreform waren Sie in vielen Statements ja recht glücklich. Dazu kommt jetzt noch die niedrige Inflation und der schwache Euro.
Johann Kalliauer: Wie Sie sagen: Nicht nur der Euro-Wechselkurs, also der Preis der Währung beziehungsweise der Außenwert des Euro, ist gesunken, sondern die allgemeine Preisentwicklung weist im gesamten Euroraum nach unten. Auch in Österreich hat sich die Teuerung verlangsamt.

Das ist doch erfreulich.
Das ist relativ. Denn sinkende Preise sind ein Zeichen für die aktuelle, wirtschaftliche Schwächephase. Wenn die allgemeine Preisentwicklung ins Minus rutscht – wir sprechen dann von Deflation – wird es gefährlich.

Sie meinen die berüchtigte Spirale nach unten?
Ja. Denn sinkende Preise können dazu führen, dass die Konsumenten ihre Käufe und Investoren ihre Investitionen in Erwartung niedrigerer Preise weiter aufschieben. Das schwächt die Wirtschaft weiter. Für einen wirtschaftlichen Aufschwung und eine positive Beschäftigungsentwicklung braucht es daher eine Konjunkturstimulierung.

Die europäische Zentralbank EZB versucht das ja.
Die europäische Zentralbank EZB versucht dies mit einer offensiven Geldpolitik. Doch das für Banken dadurch billig verfügbare Geld verpufft. Schließlich wollen Unternehmen mangels ausreichender Absatzabsichten noch keine Investitionen tätigen und nehmen daher auch keine Kredite auf.

Die Euro-Abwertung.....
.....ist auch ein von der Europäischen Zentralbank mit ihrer Geldpolitik bezweckter Effekt, um aus der gesamtwirtschaftlichen Sackgasse herauszukommen. Ein billigerer Euro macht zwar die Exporte des Euroraums günstiger, und verbessert somit potentiell die Auslandsnachfrage, das wird den Nachfragemangel aber insgesamt nicht wettmachen, da der Großteil des Güterhandels innerhalb des Euroraums stattfindet.

Und was bedeutet der schwache Euro für die Sparer?
Menschen, die vom Einkommen etwas zur Seite legen können, tun dies meist in Form eines, auf Euro lautenden, Sparbuchs. Das Sparguthaben wird verzinst und versteuert. Für einfache auf Euro lautende Sparbücher ist der Wechselkurs damit in der Tat nicht relevant.

Und die Zinsen?
Für den Einzelnen ist der niedrige Zins kein wesentliches Problem. Der Zinsertrag spielt für die meisten Menschen nur eine geringe Rolle. Für den Lebensunterhalt zählt weniger die Höhe des Zinses, als vielmehr die Höhe des regelmäßigen Erwerbseinkommens: Und nur in den einkommensstärksten Haushalten stammt ein relevanter Teil des Einkommens aus Besitz oder Kapital. In neun von zehn Haushalten liegen die Einkommensanteile aus Kapital unter 5 Prozent. Nur im einkommensstärksten Zehntel ist er höher und beträgt im Schnitt 15 Prozent. Und nur im einkommensstärksten obersten Prozent macht der Anteil ein Drittel aus.

Zum Spritpreis: der ist derzeit ja erfreulich niedrig.
Der Ölpreis hat seit Mitte der 2000er-Jahre unabhängig vom Außenwert des Euro spekulationsgetriebene Höhenflüge und Abstürze gemacht. 2014 bewegte sich der Preis bei über 100 US-Dollar je Barrel, aktuell sind es etwa 60 Dollar – ein Absturz um 40 Prozent! Der dadurch günstigere Ölpreis kommt auch an den heimischen Zapfsäulen und beim Heizöl an wie auch die aktuellen Inflationswerte für Österreich zeigen.

Wirkt sich der schwächere Euro letztlich auf die Kaufkraft aus?
Wie sich der „günstigere“ Euro letztlich auf die Kaufkraft der Menschen in Österreich auswirkt, lässt sich nicht sagen. Wenn etwa im Zuge eines gelingenden Konjunkturaufschwungs Beschäftigung und Einkommen steigen – und auch die (Öl-)Preise wieder anziehen – können bei einer gerechten Verteilung des Erwirtschafteten Kaufkraft und Wohlstand für alle auch bei höheren Spritpreisen steigen.

Wohin sollen Herr und Frau Österreicher angesichts des schwachen Euro heuer auf Urlaub fahren?
Die Urlaubsentscheidung wird wohl eher nach Vorlieben getroffen. Wer gern im Süden, etwa in Griechenland, urlaubt, dessen Urlaubskasse wird aufgrund der dort geschwächten Wirtschafts- und Preisentwicklung geschont. Zudem kann dadurch ein kleiner Beitrag zur dortigen wirtschaftlichen Erholung geleistet werden. Wer gern in den nordischen Staaten Europas urlaubt, der muss generell mit einem höherem Preisniveau rechnen. Die Wechselkursänderung spielt da kaum eine Rolle – die schwedische Krone ist in Euro gerechnet sogar etwas billiger geworden, die dänische Krone etwa gleich viel wert als noch im Vorjahr. Das britische Pfund ist um mehr als ein Zehntel teurer geworden, ein US-Dollar um etwa ein Viertel.

Danke für das Gespräch

Mehr dazu:

Interview mit WKÖ-Chefin Hochhauser: Der schwache Euro macht Made in Austria wieder zum Welthit
Service: Dank günstigem Euro urlauben Sie in diesen Ländern besonders günstig

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Österreich auf MeinBezirk.at

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook: MeinBezirk.at/Österrreichweite Nachrichten

MeinBezirk auf Instagram: @meinbezirk.at


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.