3 Tage 3 National Parks
Naturschutz grenzüberschreitend

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Wieviel Hilfe braucht die Natur um zu überleben? Die Verantwortlichen der Dachorganisation der National Parks Österreich haben die Antworten auf diese Frage einigen Journalisten in einer Pressereise näher gebracht.

Noch vor 200 Jahren sah die Natur anders aus. Flüsse bahnten sich ihre Wege, Tiere fanden Ruhe in den Gewässern, der Wald gedieh ohne Monokulturen und der Artenreichtum war um ein Vielfaches diverser.
Heute hängt der Naturschutz in erster Linie von einigen wenigen Idealisten und deren Einsatz ab. Zu eng, zu klein und nicht durch sinnvolle Korridore verbunden, findet sich nur noch ein beängstigend minimaler Anteil an Österreichs Flächen in sechs National Parks.

Während einige der Nachbarländer noch große Flächen vor der ewig drohenden Versiegelung retten konnten, kämpfen die Ranger und Verantwortlichen der National Parks Österreich fast wie Jene aus einem altbekannten gallischen Dorf um den Erhalt der letzten Refugien für Flora und Fauna.
Nach Umwelt- und Bausünden mussten vorab Renaturierungsmaßnahmen stattfinden, bevor überhaupt die Natur wieder Fuß fassen konnte. So etwa im Nationalpark Donau-Auen.
Wo früher Altarme, Lahnen und Sumpfgebiet vorherrschte, dominieren heute Twin-City-Liner und Staustufen das Donaugebiet.
Der Herzschlagfluss Europas kann aber dank des Einsatzes der Nationalpark-Verantwortlichen jetzt wieder mehr. Die Entfernung zahlreicher Uferbefestigungen, die Öffnung des Spittelauer Armes und die sandigen Ufer die durch die Rückbaumaßnahmen entstanden sind, bieten Seeadler, Bienenfresser, Kiesbrütern, Fischen und zahlreichen Insekten sowie Kleinstlebewesen ein adäquates Habitat an.
Dr. Christian Baumgartner, Bereichsleiter Natur und Wissenschaft sieht so eine langfristige Chance der Donau wieder mehr Leben einzuhauchen. „Sowohl über, als auch unter der Wasseroberfläche bedeuten diese Maßnahmen immer einen Gewinn für die Lebewesen. Sie sind für die eigenständige Renaturierung der Donau bedeutend“.

National Parks kennen keine Grenzen
Die drei präsentierten National Parks Donau-Auen, Neusiedler-See - Seewinkel und Thayatal die am Programm der Pressereise standen, haben einiges gemeinsam. Sie kämpfen um Biodiversitätserhalt und gegen die Invasivität des Menschen. Und sie liegen alle drei unmittelbar an der Grenze zu einem Nachbarland am ehemaligen „eisernen Vorhang“. Und überall dort, wo diese Refugien entstanden, hätten eigentlich Kraftwerke oder Industrie entstehen sollen.
„National Parks kennen keine Grenzen. Deshalb ist uns der gemeinsame Schutz auch so wichtig“, bringt es Direktor Christian Übl vom Nationalpark Thayatal auf den Punkt.
Wie hart der Weg zum grenzüberschreitenden Naturschutz sein kann, weiß er nur zu genau.
Schließlich hat es Jahre gedauert, um den Rundweg für Besucher der über die Thaya und somit über die Bundesgrenze zu Tschechien führt mit einer Hängebrücke zu versehen.
Unzählige Gesetze, Anträge, Verhandlungen mit den wechselnden Regierungsparteien und schließlich auch die Corona-Krise hatte zu Verzögerungen geführt.

Schließlich konnte heuer das Vorzeigeprojekt endlich eröffnet werden.
Wenn auch einige Naturschützer zum Thema „Zugang zur Natur“ andere Ansichten haben.
Genauso gehen auch die Meinungen beim Thema „Wildkatze“ auseinander.
Man musste im Thayatal einen Kompromiss finden. Schließlich streunen zwei der wilden Samtpfoten nachgewiesener Weise im Gelände umher. Aber zu Gesicht bekommen sie nicht einmal die Ranger selbst.
Also wurden zwei Wildkatzen (Carlo und Frieda) in riesige Gehege gesetzt, um den Nationalpark-Besuchern auch augenscheinlich zu werden.
Zoo-Feeling kommt dennoch keines auf, vielmehr muss man hier dem Motto folgen: Nur was für den modernen Menschen auch sichtbar ist, empfindet er als schützenswert.
Hautnah erleben durfte man schließlich das Grenzfeeling auf der alten Hardegger Brücke. Zwischen Fledermäusen und Abendseglern konnten die Naturschutz-Ideen ausgetauscht werden.
Und auch wenn das Thayatal durch die tschechische Seite mit etwa 7.700 ha auf rund stolze 9.000 ha anwächst, heißt es für Besucher: Bleib auf den Wegen! Denn der ganze Schutz der Natur fruchtet wenig, wenn Horden von „Naturliebhabern“ jedes Wochenende die empfindlichen Gebiete mit Laufschuhen, Mountainbikes usw. heimsuchen.
Die Natur braucht Schutz – und zwar vor dem Menschen!
Und man muss sich von dem Gedanken verabschieden, dass ein National Park auch wirtschaftlich sein muss. Und ein National Park kann auch keine Fitnessmeile sein.

So sehen es auch die Verantwortlichen im empfindlichen Gebiet National Park Neusiedler-See – Seewinkel. Gerade Vogelschutz kann nur dort passieren, wo die Tiere Ruhe finden. Ob sie nun als scheue Zugvögel (etwa Kraniche) Halt machen um „aufzutanken“ oder einen Rückzugs- und Jagdort vorfinden wie die Greifvögel oder der beliebte Wiedehopf. Vielen Vögeln ist gemein, dass sie unberührte Natur brauchen, um sich wohl zu fühlen.
Und das geht eben auch nicht, wenn abseits der Wege Brutstätten zertreten werden oder in jeder Wiese Fotografen auf der Lauer liegen.

Man muss den Naturschutz verstehen
Auch wenn es gerade Journalisten und Fotografen schwerfällt, nicht abseits der vorgegebenen Wege Flora und Fauna expeditionsartig auf den Pelz zu rücken, bekommt man durch die Schilderungen der National Park Ranger und Vortragenden einen ganz anderen Zugang zum Naturschutz.
Die Erkundung mit dem Fahrrad scheint am Neusiedler-See ein Kompromiss zu sein. Stopps bei Aussichtstürmen oder Präsentationstafeln und die Zurverfügungstellung von guten Ferngläsern (auch leihweise) helfen, der Pflanzen- und Tierwelt genau den großzügigen Raum zwischen Menschen und ihnen zu geben, den sie brauchen um in Ruhe zu leben.
Einen gewissen Eingriff benötigen jedoch alle National Parks in Österreich. Um nicht dem Schilf und invasiven Pflanzen Tür und Tor zu öffnen, muss z.B. der Seewinkel beweidet werden.
Hierzu haben sich private Tierhalter gefunden, die ihre Kuhherde schonend in die zu regulierenden Gebiete treiben.
Auch im Thayatal ist man auf Hege und Pflege angewiesen, sonst würde etwa das Schwarzwild den empfindlichen Boden zu sehr verwüsten und die Pflanzen hätten unter starkem Wildverbiss zu leiden. Im National Park selbst wird nicht gejagt, jedoch wird der Wildbestand rundherum und vor allem auf der tschechischen Seite (Podyjí) reguliert.
Ob der natürlichen Feinde beraubt, muss der Mensch durch den gezielten Eingriff in die Natur quasi diese vor sich selbst schützen.
Was ist zuviel Natur und was ist zu wenig – diese Frage beschäftigte wohl den einen oder die andere JournalistIn auf der Rückfahrt nach Wien.
Es ist und bleibt ein schmaler Grat auf dem wir alle wandeln. Aber eines ist fix – der Grat der National Parks Österreich könnte ruhig ein wenig breiter sein.
Einheitliche Gesetze wären gefragt und strengerer Bodenschutz für den Erhalt bzw. die Rückeroberung der Biodiversität auch.
Ob die Kehrtwende hier noch machbar ist, bleibt fraglich – 200 Jahre Ausbeutung von Natur und Boden und das Streben nach immer mehr haben sehr viel Schaden angerichtet und Generationen hervorgebracht die heute ohne Achtsamkeit für die Natur durchs Leben gehen.

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