Arbeitsmarkt Mürztal
2021 steht im Zeichen der Ausbildung

Das AMS war im vergangenen Jahr mit einer Flut an Arbeit konfrontiert. Lieber wäre es Manfred Juricek, wenn andere mehr Arbeit hätten. | Foto: Hofbauer
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Im kommenden Jahr gibt es mehr Mittel für Ausbildung. Der Mürzer AMS-Chef rät, diese Chance zu nutzen.

Mit November waren im ehemaligen Bezirk Mürzzuschlag 1.118 Personen arbeitslos. Damit ist die Zahl um 41,5 Prozent oder 328 Personen gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres gestiegen. Die Arbeitslosenquote liegt mit 6,6 Prozent um 1,8 Prozent über dem Wert des Vorjahres. Wir haben uns mit dem Mürzzuschlager AMS-Chef Manfred Juricek über das wohl herausforderndste Jahr seiner Karriere unterhalten und einen Blick in die Zukunft gewagt.

Wie würden Sie dieses Jahr zusammenfassen?
MANFRED JURICEK: Herausfordernd. Naja, es hat gut begonnen, wir hatten eine sehr niedrige Arbeitslosigkeit bis März. Im Jänner und Februar sind die Zahlen weiter gesunken. Wir hatten viel Stellenaufträge, die zum Teil nicht mehr abdeckbar waren. Im März kam dann der große Einbruch. Wir hatten ungefähr in unserem Bezirksteil ein Drittel mehr Arbeitslosenzugänge als im Vorjahr, in Summe über 1.000 Personen, wobei der zweite Lockdown nicht mehr den enormen Anstieg gebracht hat. Die Firmen nutzen Gott sei Dank relativ stark die Kurzarbeit.

Wie würden Sie die Stimmung im Mürztal beurteilen?
Im persönlichen Gespräch reagieren viele Menschen immer noch sehr positiv. Vor allem, dass sich jemand um sie kümmert. Uns gegenüber wird keine Weltuntergangsstimmung geäußert.

Fühlen Sie sich in ihrem Job sicher?


Was waren die großen Herausforderungen fürs AMS?

Zum einen, nicht krank zu werden, zum zweiten, die Arbeitslosenversicherung für die Leute zu sichern, damit sie rechtzeitig ihr Geld kriegen, und zum dritten die Kurzarbeit. Die hat uns komplett überrollt. Normalerweise hatten wir innerhalb von fünf Jahren zwei Firmen in Kurzarbeit und plötzlich waren es nur im Bezirk Mürzzuschlag 400 bis 500 Firmen.

Ist die Kurzarbeit der richtige Weg, um wirtschaftlich halbwegs gesund aus der Krise zu kommen?

Die Kurzarbeit ist eindeutig das richtige Produkt, weil die Arbeitslosigkeit sonst wesentlich höher ausfallen würde. Wir haben alleine im Bezirk Mürzzuschlag derzeit 2.200 Personen in Kurzarbeit. Ein beträchtlicher Teil davon wäre sonst arbeitslos. Die zweite Geschichte ist, dass die Betroffenen ja viel mehr bekommen, als das Arbeitslosengeld ausmachen würde. Das heißt, es ist persönlich viel verträglicher und stützt dahingehend wiederum in gewisser Weise die Wirtschaft.

Wie sieht Ihre Zukunftsprognose aus?
Man kann es nur schwer sagen. Wird es einen dritten Lockdown geben, wie entwickelt sich die Sache mit den Impfungen, das alles bleibt abzuwarten. Kriegen wir die Pandemie in den Griff, denke ich, dass es relativ schnell wieder bergauf geht. Dort, wo der private Konsum ausschlaggebend ist, wird dann auch wieder konsumiert werden. Wenn die Weltwirtschaft wieder angekurbelt wird, wird sich auch unsere exportorientierte Wirtschaft rasch entwickeln. Was ein Problem werden kann, sind die Darlehen, die Klein- und Mittelbetriebe gestundet kriegen. Gestundet heißt nicht geschenkt. Das könnte eine Belastung für die Betriebe werden, wenn sie wieder die normalen Abgaben zahlen müssen und die Stundungen auch nachzahlen müssen.

Welchen Tipp geben Sie Arbeitssuchenden für das kommende Jahr?
Wir haben für Ausbildungen nun wesentlich mehr Mittel zur Verfügung. Wenn die Eignung gegeben ist, ist Ausbildung relativ breit möglich. Klar ist der Gesundheitsbereich ein starker Fokus, es wäre der Tourismusbereich ein Fokus und in unserer Region auch der Metallbereich. Es geht aber nicht nur um Komplettumschulungen, sondern auch um Weiterqualifizierungen. Jeder, der "nur einen Pflichtschulabschluss" hat, wäre gut beraten, die Zeit zu nutzen und in dieser Richtung etwas zu tun. Das erhöht die Einkommenschancen, die Vermittlungschancen, das erhöht einfach alles. Jetzt sind die Mittel und die Möglichkeiten dafür da. Das wird die große Devise für das kommende Jahr 2021 sein.

O-Ton zum Thema Facharbeitermangel

Der Fachkräftemangel hat sich durch den Anstieg der Arbeitslosenzahlen nicht verändert, oder?
Es hat sich nicht verändert. Die Betriebe kriegen keine Installateure, Elektriker oder Dreher und Schweißer mit Praxis. Da gibt es nach wie vor, dass diese Berufe nicht in Mengen am Markt sind. Das Problem wird sich auch nicht lösen, da die Betriebe Facharbeiter mit Praxis brauchen, und die gibt es nicht und wird es aus meiner Sicht auch nie wieder in diesem Ausmaß geben, weil die Lehrausbildungen in den letzten Jahren auch rückläufig waren. Das wird prekär, und deshalb machen wir auch intensive Umschulungen, aber das sind Quereinsteiger und die brauchen natürlich Praxis und Unterstützung von den Betrieben, aber die Betriebe die sich das antun, haben dann auch wieder super Mitarbeiter.

Es muss also ein Umdenken stattfinden?
Die Zeiten haben sich geändert und darauf muss man sich einstellen. Man muss flexibel sein. Viele Betriebe haben lange Zeit keine Lehrlinge ausgebildet, sondern sich nur am Facharbeitermarkt orientiert und die haben halt jetzt das Problem, dass sie diese Zeit investieren müssen. Da gibt es auch ganz tolle Programme. Man kann ja auch eigene Leute weiterbilden. Wir bieten Stiftungsmodelle an, wo eine verkürzte Lehre im Betrieb nachgeholt werden kann. Wir bieten in verschiedenen Bereich auch externe Ausbildungen in Fohnsdorf oder der Facharbeiterakademie in Mürzzuchlag an, wo der Betrieb gar nichts beitragen braucht, aber danach einen Facharbeiter kriegt, dem nur noch Praxis fehlt. Investition ins Personal wird immer notwendig sein.
Es verändern sich auch die Ausbildungs- und Arbeitsprofile. Wir haben in vielen Bereichen fachlich gut fundierte Personen, die keine Lehre haben, aber eine hohe Wertschöpfung generieren, weil die Arbeitsabläufe eben anders sind.

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