Grüne sehen Handlungsbedarf
Weniger EU-Gelder für steirische Landwirte

- Im Gespräch mit den beiden Redakteurinnen Antonia Unterholzer und Sarah Konrad lieferten Thomas Waitz, Andreas Lackner und Heribert Purkarthofer (v. l.) Informationen zum mehrjährigen EU-Finanzrahmen und der Situation der heimischen Bäuerinnen und Bauern.
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Entscheidungen auf EU-Ebene mögen manchmal weit weg und abstrakt wirken. Dass diese jedoch konkrete Auswirkungen auf das Leben und Wirtschaften in der Steiermark haben, zeigt sich im landwirtschaftlichen Bereich. Warum ein Vorschlag der EU-Kommission aktuell für Verunsicherung bei den steirischen Bäuerinnen und Bauern sorgt, darüber sprach MeinBezirk mit Thomas Waitz, Landwirtschaftssprecher der Grünen im EU-Parlament, sowie zwei Vertretern der Grünen in der Landwirtschaftskammer Steiermark.
STEIERMARK. Binnenmarkt und Innovation, Sicherheit und Verteidigung oder auch natürliche Ressourcen und Umwelt – im mehrjährigen Finanzplan legt die Europäische Union ihre langfristigen Ausgaben in verschiedenen Politikbereichen fest. Während die aktuelle Periode noch bis Ende 2027 dauert, legte die Europäische Kommission Mitte Juli bereits ihren Vorschlag für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2028 bis 2034 vor.
Und dieser sieht eine wesentliche Neuausrichtung vor. Änderungen sind unter anderem in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) geplant. Was das für die heimischen Landwirtinnen und Landwirte bedeutet, verdeutlichte Thomas Waitz, seit 2017 Europaabgeordneter für die Grünen sowie einziger Vertreter Österreichs im Agrarausschuss, bei einem Besuch der MeinBezirk-Redaktion in Graz verdeutlichte. Gemeinsam mit Heribert Purkarthofer und Andreas Lackner, beide vertreten die Grünen in der Landwirtschaftskammer Steiermark, lieferte Waitz Details zu den jüngsten Entwicklungen auf EU-Ebene und zeichnete ein Stimmungsbild der steirischen Landwirtinnen und Landwirte.

- Thomas Waitz, Europaabgeordneter der Grünen, Andreas Lackner, Kammerrat und Obmann der Grünen Bäuerinnen und Bauern, und Heribert Purkarthofer, Kammerrat, (v.l.) informierten über die Situation der steirischen Bäuerinnen und Bauern.
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Verunsicherung bei heimischen Landwirten
Beschreiben lasse sich die Stimmung kurz zusammengefasst mit dem Wort „Verunsicherung“. Landwirtschaft brauche Planbarkeit. Diese sieht Waitz angesichts der präsentierten Pläne jedoch gefährdet. Warum? Bisher basierte die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU auf zwei Säulen: einem Fonds, aus dem unter anderem Direktzahlungen bereitgestellt wurden, sowie einem weiteren für die Entwicklung des ländlichen Raums. Diese beiden Fonds sollen künftig zusammengeführt werden.
Der Vorschlag der Kommission sieht laut Waitz eine allgemeine Kürzung des Agrarbudgets um insgesamt 25 Prozent vor, die Inflationsanpassung werde ebenfalls gestrichen. Auch das Mitspracherecht der Bundesländer, die bislang an der Kofinanzierung der zweiten Säule beteiligt waren, sieht der Parlamentsabgeordnete gefährdet. Die Entscheidungen, wohin Geld fließe, treffe künftig der Bund. Ein Wettkampf zwischen den Bundesländern und Regionen sei damit vorprogrammiert.
„Was sicher ist: Aus der EU wird in Zukunft weniger Geld kommen – wir müssen uns also selbst etwas einfallen lassen.“
Thomas Waitz, Mitglied im Europäischen Parlament (Die Grünen)

- Die Europäische Kommission präsentierte am 16. Juli ihren Vorschlag für das gemeinsame Budget. Damit dieser wirksam wird, braucht es noch viel an Verhandlungen, die geplanten Maßnahmen sorgen allerdings bereits für viel Kritik aus Österreich.
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Öffentliche Beschaffung als großer Markt
Möglichkeiten, um die heimischen Landwirtinnen und Landwirte künftig zu unterstützen, gebe es sowohl auf nationaler als auch auf Bundesebene. Großes Potenzial sieht Lackner in der öffentlichen Beschaffung. Um diesen „riesigen Markt“ für die heimischen Bäuerinnen und Bauern besser zugänglich zu machen, spricht sich der Bio-Bauer aus Weixelbaum für schrittweise steigende Quoten auf Länderebene aus. Damit soll der Anteil regionaler Lebensmittel unter anderem in Großküchen und Co. gesetzlich vorgeschrieben werden – vergleichbar mit dem Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe) auf nationaler Ebene. „Das wäre ein stabiler Anker für die Landwirtinnen und Landwirte“, meint Lackner im Gespräch.

- Die heimischen Bäuerinnnen und Bauern versorgen uns mit regionalen Lebensmitteln – eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie würde ihre Position laut Ansicht der Grünen stärken.
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Auch eine verpflichtende nationale Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie würde die heimischen Bäuerinnen und Bauern stärken, ist der Südoststeirer überzeugt. Seit 1. September 2023 gilt eine solche Kennzeichnungspflicht zwar für Fleisch, Milch und Eier in der Gemeinschaftsverpflegung (Großküchen und Kantinen). Eine Ausweitung der Regelung auf die Gastronomie fand bislang jedoch keine politische Mehrheit.
Kleine Landwirte bei Förderungen benachteiligt
Heribert Purkarthofer führt schließlich noch einen weiteren Aspekt ins Treffen: die landwirtschaftlichen Strukturen in Österreich. Zum einen gebe es kein EU-Mitglied mit einem derart hohen Anteil – 27,3 Prozent – biologisch bewirtschafteter Flächen. Zum anderen sei Österreich geprägt von kleinen bis mittleren Betrieben und sei im EU-Vergleich extrem klein-strukturiert. Dass sich Agrarzahlungen rein an der Fläche orientieren würden, nicht allerdings an der Arbeitskraft, wirke sich daher nachteilig für die heimischen Betriebe aus, meint der Bio-Bauer aus Sankt Johann bei Herberstein.
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