Landwirtschaftsministerium verspricht:
120 Millionen, um Österreichs Bauern zu retten
Die Klimakrise setzt vor allem ihnen zu: Österreichs Bauern. Umweltkatastrophen und Hitzeperioden führen zu Ernteausfällen, Konkurrenz mit Tierfabriken und landwirtschaftlichen Großkonzernen sorgen für Preisdruck, oben drauf kommt noch die Bürokratie mit ständig neuen, gesetzlichen Regelungen. Nun will die Regierung gegenlenken.
ÖSTERREICH. „Wir müssen dem Sterben der Kleinbauern im Weinviertel endlich durch gezielte Fördermaßnahmen einen Riegel vorschieben. Ein Kleinbetrieb, der etwa Wein erzeugt oder spezielle Tiere züchtet, braucht unsere besondere Aufmerksamkeit – nicht die Großkonzerne“, so Gerhard Sklenar und Patrick Eber von der Landwirtschaftskammer Niederösterreich gegenüber den Bezirksblättern. Und Franz Rafetzeder, Bauernbund-Spitzenkandidat in Scheibbs, ergänzt: „Leider wird der Bevölkerung durch die Werbung oft ein unrealistisches Bild vermittelt und die Wertigkeit der Lebensmittelproduktion bleibt dabei oft auf der Strecke, da Nahrung ja ständig und im Überfluss vorhanden ist. Die Konsumenten sollten aber genau deshalb wissen, woher ihr Essen kommt, weshalb der Bauernbund auch so großen Wert auf eine genaue Kennzeichnungspflicht der Lebensmittel legt.“
Österreichs Bauern kämpfen ums Überleben
Fakt ist: In ganz Österreich kämpfen die Bauern ums Überleben. Mehr als jeder zweite Hof ist seit 1970 verschwunden. Damals machte der Anteil der Landwirte an der Bevölkerung noch 23 Prozent aus, mittlerweile sind es nur mehr gut vier Prozent. Die Lebensmittelproduktion wird ständig schwieriger, mit konventioneller Milchproduktion etwa kann sich ein Landwirt kaum noch über Wasser halten. Ebenso der Kampf mit den Supermarktketten um faire Preise. Dazu noch die Sorge um Kürzungen beim EU-Budget. "Es geht darum, dass Österreichs Landwirtschaft, wenn es um Nachhaltigkeit geht, Europameister ist – und dabei spielt das Programm der ländlichen Entwicklung im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) eine besondere Rolle", erläuterte Moosbrugger (ÖVP) in den Oberösterreichischen Nachrichten. 562 Mio. Euro kommen hier jährlich aus der EU, Österreich verdoppelt auf 1,1 Mrd. Euro. Nun droht aber eine Kürzung um 82 Mio. Euro oder 15 Prozent auf 480 Mio. Euro, warnt das Landwirtschaftsministerium.
Mehr dazu: Sterben der Kleinbauern muss ein Ende haben
120 Mio für Bauern ab 2021
Nun will das Ministerium einlenken: Wie Ministerin Elisabeth Köstinger in einer Aussendung mitteilt, soll es 2021 eine Entlastung für Österreichs Bauern geben. „Die Rahmenbedingungen für Österreichs Landwirtschaft werden von Jahr zu Jahr schwieriger: Bäuerinnen und Bauern sind die ersten Betroffenen des Klimawandels, darüber hinaus sorgen instabile internationale Märkte immer wieder für existenzbedrohende Situationen. Leider war auch 2019 keine Entlastung in Sicht. Der Preisdruck wird immer größer und es ist keine Entspannung in Sicht. Die Entlastungen unserer Bäuerinnen und Bauern hat daher für uns höchste Priorität und zählt zu den ersten großen Maßnahmen der Bundesregierung. Bereits ab 2021entlasten wir unsere bäuerlichen Familienbetriebe spürbar."Um die bäuerlichen Betriebe zu entlasten hat die Bundesregierung daher ein Entlastungspaket von bis zu 120 Millionen Euro geschnürt.
Wir brauchen uns nicht über #Bauernsterben wundern, wenn wir a) wenig über Herkunft der Lebensmittel wissen, b) mit Steuergeld ausländische Ware eingekauft wird und c) so gut wie nichts bei den Produzenten ankommt. Deswegen Schulterschluss Konsument-Produzent. @ElliKoestinger 1/2 pic.twitter.com/NWRsGb6qeJ
— Sebastian Bohrn Mena (@SBohrnMena) February 21, 2020
Mehr dazu: Immer für die Bauern im Bezirk Scheibbs da
Preisverfall minus 26 Prozent
Laut Ministerium sank 2018 das bäuerliche Einkommen in Österreich um 10 Prozent. Grund dafür: die Trockenheit und die Folgen des Klimawandels. Nach der zweiten Vorschätzung im Rahmen der landwirtschaftlichen Gesamtrechnung (LGR) der Statistik Austria könnte das Einkommen der bäuerlichen Betriebe um nur 0,8 Prozent steigen. Besonders schwierig war das Jahr 2019 laut Statistik Austria für die Milchproduktion, den Rinder- und den Geflügelsektor. Am schlimmsten traf es aber den Obstsektor. Nach einem positiven Jahr 2018 fiel der Wert bei der Obstproduktion um 26 Prozent. Gleichzeitig stiegen aber die Kosten für Energie und Futtermittel.
50 Jahre #Mikrozensus: 1968 waren sowohl Männer als auch Frauen mit Abstand am häufigsten in landwirtschaftlichen Berufen tätig; heute sind es nur noch 4% der Männer und 2% der Frauen. 🚜 https://t.co/dV7aD4oxJK#Bauernsterbenpic.twitter.com/X7kVZQFnkk
— Statistik Austria (@STATISTIK_AT) April 29, 2019
Mehr dazu: So will die Regierung Österreichs Bauern entlasten
Kampf gegen Supermarktketten
In Deutschland ist aktuell die parteiunabhängigen Bewegung "Land schafft Verbindung" aktiv. Die Hauptforderung ist, faire bzw. "echte Preise" für ihre Produkte zu erhalten, die die hohen Herstellungskosten abdecken und ermöglichen, dass die Bauern von ihren Erzeugnissen leben können. "Wir haben an den Lebensmitteleinzelhandel die Einladung zum Gespräch geschickt. Alle bis auf einen haben uns ignoriert", sagt der Sprecher einer Splittergruppe von Land schafft Verbindung, Christian Thornel, zu den OÖNachrichten. Auch der Bauernbund sieht darin ein großes Problem. „Die Vormacht einiger Handelsketten im Lebensmittelbereich ist erdrückend“, fordert etwa ÖVP-Abgeordneter Manfred Hofinger mehr Verständnis vom Lebensmittelhandel für die bäuerlichen Produktionsbedingungen ein. „Weder leben die Bäuerinnen und Bauern in einer ‚Parallelwelt‘, wie das Spar-Chef Drexel in einem APA-Interview formulierte, noch geht es beim Aufzeigen von Marktkonzentration und unfairer Preisbildung um ‚Handelsbashing‘ sondern einzig und allein darum, ungerechtfertigte Preisschlachten am Rücken der produzierenden Bäuerinnen und Bauern abzustellen“, betont Hofinger.
Mehr dazu auf unserer Themenseite zum Thema 'Bauernsterben in Österreich'
Quellen:
Agrar-Atlas
Statistik Austria
Food Sustainability Index
Landwirtschaftsministerium
OÖN
Bauernbund
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