Bodenverbrauch
Heftige Grünen-Kritik an Oberösterreich und Gemeindebund

Der Bodenschutz bleibt in Österreich ein strittiges Thema. Nachdem man sich bereits bei der Österreichischen Raumordnungskonferenz-Sitzung (ÖROK) im vergangenen Juni auf keine konkreten Ziele in der Bodenschutzstrategie einigen konnte, scheinen auch weitere Gespräche über den Sommer und Herbst keine Ergebnisse gebracht zu haben.  | Foto: Wolfgang Spitzbart
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  • Der Bodenschutz bleibt in Österreich ein strittiges Thema. Nachdem man sich bereits bei der Österreichischen Raumordnungskonferenz-Sitzung (ÖROK) im vergangenen Juni auf keine konkreten Ziele in der Bodenschutzstrategie einigen konnte, scheinen auch weitere Gespräche über den Sommer und Herbst keine Ergebnisse gebracht zu haben.
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Der Bodenschutz bleibt in Österreich ein strittiges Thema. Nachdem man sich bereits bei der Österreichischen Raumordnungskonferenz-Sitzung (ÖROK) im vergangenen Juni auf keine konkreten Ziele in der Bodenschutzstrategie einigen konnte, scheinen auch weitere Gespräche über den Sommer und Herbst keine Ergebnisse gebracht zu haben. Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler macht dafür "insbesondere das Land Oberösterreich wie auch den Gemeindebund" verantwortlich, die "konkrete Zielvereinbarungen weiterhin vehement torpedieren" würden. Der Gemeindebund reagierte am Freitag auf die Kritik des Vizekanzlers und bezeichnete das 2,5-Hektar-Ziel als "nicht faktenorientiert", Oberösterreichs Raumordungs-Landesrat Markus Achleitner als "völlig unrealistisch".

ÖSTERREICH. Obwohl bereits im Jahr 2002 ein "Nachhaltigkeitsziel" von 2,5 Hektar Bodenverbrauch pro Tag festgelegt worden war und auch die türkis-grüne Bundesregierung in ihrem Regierungsprogramm beschlossen hatte, den Bodenverbrauch bis 2030 auf ebendiese 2,5 Hektar zu reduzieren, wurden im vergangenen Jahr täglich etwa 13 Hektar Acker- und Naturflächen versiegelt, verbaut und planiert. Um diesen Versiegelungstrend zu stoppen, laufen schon länger Verhandlungen zwischen Bund, Länder, Städte und Gemeinden, um eine landesweite Bodenschutzstrategie festzulegen. 

"‚Neuer Beton und altes Denken‘ – das scheint bei jenen, die sich mit aller Kraft gegen ein ehrliches und verbindliches Ziel wehren, das Motto zu sein", so Vizekanzler Werner Kogler. | Foto: Roland Ferrigato
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"Neuer Beton und altes Denken"

Wie der Vizekanzler nun in einem Gespräch mit der APA festhält, hätten nach der erfolglosen ÖROK-Sitzung im Juni weitere Gespräche stattgefunden, wobei sich die meisten Beteiligten mittlerweile beim Zielwert von 2,5 Hektar pro Tag einig seien sollen. Aber auch eine Sitzung der Vertreterinnen und Vertreter am vergangenen Mittwoch sei in der entscheidenden Frage ergebnislos geblieben. Dies liege vor allem daran, dass "insbesondere das Land Oberösterreich wie auch der Gemeindebund konkrete Zielvereinbarungen weiterhin vehement torpedieren", hieß es dazu von Seite der Grünen. "‚Neuer Beton und altes Denken‘ – das scheint bei jenen, die sich mit aller Kraft gegen ein ehrliches und verbindliches Ziel wehren, das Motto zu sein", kritisierte Kogler gegenüber der APA.

"Verweigerung einer sinnvollen und wirksamen Lösung"

Kogler verwies darauf, dass sich die Menschen, "die ihre Heimat von exzessivem Betonieren schützen wollen", gerade von Oberösterreich, dem Bundesland mit den "größten Bodenschutzsünden" und vom Gemeindebund "eigentlich Beichte, Buße, Besserung erwarten – und nicht die Verweigerung einer sinnvollen und wirksamen Lösung", so der Vizekanzler. Kogler merkte zudem an, welche Auswirkungen das weitere Zubetonieren haben werde:

"Wenn wir mit dem Flächenverbrauch so weitermachen, dann haben unsere Enkel keinen Quadratmeter fruchtbaren Boden mehr übrig, um Getreide oder Gemüse anzubauen. Bodenschutz ist aber darüber hinaus Artenschutz, Hochwasserschutz – denn im Asphalt versickert kein Regenwasser – und Klimaschutz, weil gesunde Böden CO2 speichern."

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Widerstand gegen 2,5-Hektar-Ziel aus OÖ

Der oberösterreichische Raumordnungslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) wehrte sich am Freitag weiter vehement gegen das 2,5-Hektar-Ziel und konterte mit Kritik an den Grünen: Für ihn sei die Bodenstrategie nach einem eineinhalbjährigen Erarbeitungsprozess kurz vor Abschluss "am Veto der Grünen" gescheitert. "Ein österreichweites Limit von 2,5 Hektar Umwidmung pro Tag ist völlig unrealistisch. Konkret würde dieses Hektar-Ziel bedeuten, dass in jeder Gemeinde im Land Oberösterreich künftig nur etwa 3.000 Quadratmeter pro Jahr für Umwidmungen aller Art verwendet werden dürften", so Achleitner, der darauf hinwies, dass ohnehin "nur rund zwei Prozent der Fläche Oberösterreich versiegelt" seien. "Trotzdem gehen wir sorgsam mit den Bodenressourcen um, aber wir werden auch künftig Wohnraum für junge Familien ermöglichen und Betrieben Perspektiven setzen."

Greenpeace schließt sich Kritik an

Bereits vor der Sitzung am vergangenen Mittwoch hatte Olivia Herzog, Bodenschutzexpertin bei Greenpeace, die Weigerung des Bundeslandes Oberösterreich kritisiert, das 2,5-Hektar-Ziel mitzutragen. Dieses sei auch für Oberösterreich umsetzbar, "indem bereits verbaute Flächen wiederverwendet und verdichtet werden". Herzog kritisierte, dass Raumordnungslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) "zwar laut eigener Aussage Ressourcen sparen" wolle, sich aber gleichzeitig "mit fadenscheinigen Argumenten gegen einen klaren Zielwert" stelle.

"Lippenbekenntnisse zum Bodenschutz haben wir aus Oberösterreich über die letzten Jahre genügend gehört, verbaut wird aber weiter, als ob es kein Morgen gäbe. Nur ein klarer und verbindlicher Zielwert kann die Betonlawine stoppen und das Recycling von Flächen attraktiv machen", so die Greenpeace-Bodenschutzexpertin.

Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisiert den oberösterreichischen Raumordnungslandesrat Markus Achleitner (ÖVP). | Foto: Land OÖ/Daniel Kauder
  • Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisiert den oberösterreichischen Raumordnungslandesrat Markus Achleitner (ÖVP).
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Gemeindebund: 2,5-Hektar-Ziel verhindert Einigung

Am Freitag äußerte sich Gemeindebund-Generalsekretär Walter Leiss im "Ö1-Morgenjournal" zur Kritik des Vizekanzlers. Hierbei unterstrich er, dass der Schutz des Bodens für die zukünftigen Generationen allen Gemeinden und Städten ein wichtiges Anliegen sei. Alleine die Debatte um das 2,5-Hektar-Ziel habe den Beschluss "dieser wichtigen Strategie" verhindert. Aus Sicht des Gemeindebundes gebe es bezüglich des verpflichtenden Ziels zu viele offene Fragen.

Leiss kritisierte zudem, dass man den Gemeinden und Städten damit Entwicklungschancen nehmen würde:

"Die Gemeinden und Städte sind in vielfältiger Hinsicht gefordert. Von Kindergartenbau und Wohnraumschaffung, über Wirtschaft und Arbeitsplätze bis hin zu Energieversorgung oder auch die überregionale Infrastruktur, wie etwa der Bahnausbau: Viele Herausforderungen, die auch Bodeninanspruchnahme bedeuten. Man darf den Kommunen nicht die Entwicklungschancen nehmen, nur weil ein nicht faktenorientiertes 2,5-Hektar-Ziel festgeschrieben werden soll."

Außerdem müsse man klar zwischen Umwidmung, Bodenverbrauch und Bodenversiegelung unterscheiden. Nach Ansicht des Gemeindebund-Generalsekretärs würden in der politischen und medialen Debatte all diese Begriffe in einen Topf geworfen werden. "Bevor sich nicht alle Partner auf eine klare Definition geeinigt haben, kann es aus unserer Sicht keine Zustimmung zu einem nicht näher definierten 2,5-Hektar-Ziel geben", so Leiss, der aber anmerkte, dass sich der Gemeindebund weiterhin aktiv in dieser Diskussion einbringen werde. 

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