Sommerfragen
Parteien zu Cannabis-Legalisierung und Jugendschutz
In der Reihe "Politische Sommerfragen" haben die RegionalMedien Austria den fünf österreichischen Parlamentsparteien – ÖVP, Grüne, SPÖ, FPÖ und NEOS – Fragen zu den aktuell wichtigsten gesellschaftspolitischen Themen gestellt. Das sagen die Parteien zum Thema "Suchtmittel".
ÖSTERREICH. Der Jugendschutz ist in Österreich nicht bundeseinheitlich geregelt, d. h. jedes Bundesland hat seine eigenen Vorgaben. Auch wenn dadurch einige Unterschiede bestehen können, gelten im Normalfall Altersgrenzen von 16 (Alkohol) bzw. 18 Jahren (Hochprozentiger Alkohol, Tabak). Cannabis-Produkte sind in Österreich hingegen nicht freigegeben – in keinem Alter. Immer wieder werden aber Stimmen laut, die sich für eine Legalisierung und damit Entkriminalisierung von Cannabis starkmachen. Wie die fünf Parlamentsparteien dazu stehen und was sie zum Jugendschutz in Österreich sagen – die RegionalMedien Austria haben nachgefragt.
Sind Sie für eine Legalisierung von Cannabis-Produkten?
ÖVP: Für eine Legalisierung gibt es von uns ein klares Nein. Zuletzt veröffentlichte Berichte – etwa durch die psychiatrische Fachärztin Adelheid Kastner – zeigen außerdem, dass der Konsum von Cannabis zu stark ansteigenden Zahlen bei Schizophrenie-Erkrankungen führt. Zudem darf auch die Gefahr von unter Drogeneinfluss stehenden Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern nicht unterschätzt werden. Vor dem Hintergrund therapeutischer Behandlungen in Österreich sind Cannabidiol-haltige (CBD) Medikamente zur Behandlung von Multipler Sklerose und Spasmen sowie von bestimmten genetischen Epilepsieformen zugelassen. Außerdem werden CBD-haltige Arzneien als ergänzende Medikation bei chronischen Schmerzen und im Rahmen von Krebstherapien verabreicht.
Grüne: Die Grünen stehen seit jeher für eine Entkriminalisierung von Cannabis. Bisher hat es dafür aber keine parlamentarische Mehrheit gegeben, da sich außer den Grünen und den NEOS keine andere Partei in dieser Frage positiv positioniert hat. Jetzt ist diese Frage aber beim VfGH. Wir warten nun die Entscheidung und den daraus resultierenden möglichen Auftrag an die Politik ab [Anmerkung: Am 18. Juli lehnte der Verfassungsgerichtshof einen Individualantrag zur Cannabis-Legalisierung ab – die Fragen an die Parteien wurden bereits Ende Juni gestellt bzw. von diesen beantwortet.]
SPÖ: Nein. Aufgrund potenzieller Gefahren ist eine völlige Liberalisierung von Cannabis nicht zielführend, aber unser Ansatz von "Therapie statt Strafe" muss weiter ausgebaut werden. Cannabis sollte jedoch im medizinischen Bereich verstärkt zum Einsatz kommen.
FPÖ: Nein. Cannabis ist und bleibt eine Einstiegsdroge. Eine Legalisierung wäre deshalb das falsche Signal.
NEOS: Wir treten für eine streng reglementierte Freigabe von Cannabisprodukten ein. Die Abgabe soll in Apotheken oder Trafiken erfolgen. Steuereinnahmen aus "Konsum"-Cannabis sollen in Bildung, Gesundheit und Suchtprävention fließen. Es braucht einen ehrlichen Umgang mit Cannabis in der Drogenpolitik, auch, um den Jugendschutz durch reglementierte Verkaufsstellen effizient durchzusetzen.
Ist der Jugendschutz in den Bereichen Alkohol- und Tabakkonsum ausreichend?
ÖVP: Ich glaube, dass wir ausreichend gute Regelungen in Österreich haben.
Grüne: Wir haben ein riesiges Problem bei Tabakprodukten wie den Tabak-Pouches, wo die Hersteller aktuell Lücken nutzen und die zurückgehenden Umsätze bei Zigaretten mit dem falschen Versprechen eines vermeintlich unschädlichen Tabakkonsums zu kompensieren versuchen. Außerdem braucht es in Summe mehr Prävention auf Augenhöhe. Hier wollen wir eine bessere und engere Kooperation mit der Bundesjugendvertretung, damit Kampagnen nicht mehr von oben herab und belehrend sind.
SPÖ: Der Jugendschutz ist vor allem noch immer nicht bundeseinheitlich geregelt. Im Moment gibt es neun verschiedene Jugendschutzgesetze in Österreich. Alkohol und Tabak werden aber nicht weniger schädlich, wenn man eine Landesgrenze überquert.
FPÖ: Hier besteht aus unserer Sicht keine Notwendigkeit einer Veränderung oder Verschärfung. Man sollte auch nicht immer alles an den Gesetzgeber überantworten. Gerade in diesem Bereich ist auch die Erziehung durch das Elternhaus richtungsweisend.
NEOS: Im Jahr 2019 haben sich die Länder weitestgehend auf einheitliche Jugendschutz-Bestimmungen geeinigt. NEOS begrüßen die bundeseinheitliche Regelung. Jetzt muss sichergestellt werden, dass der Jugendschutz bei den tausenden Verkaufsstellen auch eingehalten wird. Bundesländer haben hier etwa die Möglichkeit, Kontrollen in Form von Mystery-Shopping auszubauen. Die aktuelle Forschung zeigt, dass der Drogenkonsum gerade während der Covid-Krise bei Kindern und Jugendlichen stark gestiegen ist. Hier gilt es nun mit psychologischer Hilfestellung und Suchtprävention gegenzusteuern.
Politische Sommerfragen
Die angeführten Fragen wurden den fünf Parlamentsklubs respektive Klubvorsitzenden kurz vor Sommerferienbeginn gestellt – deren Antworten finden sich hier unverändert wiedergegeben.
Das Thema "Suchtmittel" ist das zwölfte in der Reihe der "Politischen Sommerfragen" – in der nächsten und vorletzten Fragerunde folgen "Die Größten Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft". Hier findest du eine Übersicht aller bisherigen und noch kommenden "Fragerunden" – diese wird laufend ergänzt.
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