"Spitze des Eisbergs"
Reaktionen auf Strafantrag gegen Ex-Kanzler Kurz

In der Politik stößt die Entscheidung, den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) anzuklagen, auf viel Gegenliebe: Während die Oppositionsparteien die Gerichte am Zug sehen und hoffen, dass der bevorstehende Prozess das Vertrauen in die Politik und die Institutionen des Landes wiederherstellt, freut sich die ÖVP darauf, dass die Causa endlich geklärt wird und Kurz sich vor Gericht verteidigen kann.  | Foto: Christopher Dunker/BKA
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  • In der Politik stößt die Entscheidung, den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) anzuklagen, auf viel Gegenliebe: Während die Oppositionsparteien die Gerichte am Zug sehen und hoffen, dass der bevorstehende Prozess das Vertrauen in die Politik und die Institutionen des Landes wiederherstellt, freut sich die ÖVP darauf, dass die Causa endlich geklärt wird und Kurz sich vor Gericht verteidigen kann.
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Nun ist es offiziell: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) brachte am Freitag gegen den früheren Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz einen Strafantrag ein. Kurz muss sich im Oktober wegen mutmaßlicher Falschaussagen im "Ibiza-U-Ausschuss" vor Gericht verantworten. In der Politik stößt die Entscheidung der Justiz auf viel Gegenliebe: Während die Oppositionsparteien die Gerichte am Zug sehen und hoffen, dass der bevorstehende Prozess das Vertrauen in die Politik und die Institutionen des Landes wiederherstellt, freut sich die ÖVP darauf, dass die Causa endlich geklärt wird und Kurz sich vor Gericht verteidigen kann. 

ÖSTERREICH. Sebastian Kurz wandte sich auf der Plattform X (vormals Twitter) selbst an die Öffentlichkeit und bezeichnete es als "wenig überraschend, dass die WKStA trotz 30 entlastender Zeugenaussagen dennoch entschieden hat, einen Strafantrag zu stellen". Der Ex-Kanzler bekräftigte trotz allem, dass er den Prozess herbeisehne: "Die Vorwürfe sind falsch und wir freuen uns darauf, wenn nun endlich die Wahrheit ans Licht kommt und sich die Anschuldigungen auch vor Gericht als haltlos herausstellen." 

"Vorwürfe stehen offenbar auf sehr schwachen Beinen"

Die ÖVP reagierte in Person von Generalsekretär Christian Stocker auf den Strafantrag gegen ihren ehemaligen Chef. Stocker zeigte sich erfreut darüber, dass Kurz "nach Jahren der Anschuldigung" endlich die Gelegenheit erhalte, sich vor einem unabhängigen Gericht zu verteidigen. "Es ist wichtig, dass es endlich zur Klärung der Vorwürfe kommt", so der Generalsekretär der Volkspartei, der betonte, dass es sich bei einem Strafantrag noch lange nicht um ein Urteil oder einen Schuldspruch handelt: "Sebastian Kurz hat immer betont, dass die Vorwürfe gegen ihn falsch sind, sodass wir davon ausgehen, dass kein strafbares Verhalten vorliegt".

"Sebastian Kurz hat immer betont, dass die Vorwürfe gegen ihn falsch sind, sodass wir davon ausgehen, dass kein strafbares Verhalten vorliegt", so ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker.  | Foto: APA Picture Desk
  • "Sebastian Kurz hat immer betont, dass die Vorwürfe gegen ihn falsch sind, sodass wir davon ausgehen, dass kein strafbares Verhalten vorliegt", so ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker.
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Stocker sieht aufgrund der langen Ermittlungsdauer gegen Kurz Reformbedarf im österreichischen Justizsystem:

"Dass das Verfahren so lange in Schwebe war, zeigt, dass die Vorwürfe offenbar auf sehr schwachen Beinen stehen. Bemerkenswert ist, dass die Ermittlungen derart lange gedauert haben und die Medien wieder einmal lange vor den Betroffenen über die weiteren Verfahrensschritte informiert waren. Das beweist einmal mehr, dass es in diesem Bereich dringenden Reformbedarf gibt. Es braucht kürzere Verfahren und einen angemessenen Anspruch auf Schadenersatz bei Freisprüchen."

"System Kurz" in der ÖVP weiterhin intakt

"Sebastian Kurz hat sich moralisch in vielfältiger Weise disqualifiziert. Jetzt geht es um die strafrechtliche Relevanz", betonte der SPÖ-Abgeordnete Jan Krainer am Freitag als Reaktion auf die Anklage. Es sei klar, dass der ehemalige ÖVP-Chef die Unwahrheit gesagt habe, nun müsse aber ein Richter klären, "ob er absichtlich oder unabsichtlich die Unwahrheit gesagt hat", so Krainer.

Der Abgeordnete betonte zudem, dass das "System Kurz in der aktuellen ÖVP noch immer intakt" sei. "Jeder, der geglaubt hat, dass Bundeskanzler Nehammer mit dem System Kurz bricht, wurde eines Besseren belehrt", so Krainer. Der aktuelle Bundeskanzler sei jedoch selbst Teil dieses Systems, weshalb er bei sich selbst anfangen müsse, wenn er innerhalb seiner Partei aufräumen wolle. Der SPÖ-Abgeordnete verwies jedoch darauf, dass Nehammer "seit über einem halben Jahr" die Herausgabe von Daten an die WKStA verweigere und damit aktiv die Aufklärung der Causa verhindere. 

In einer Aussendung bestätig die WKStA die Anklage gegen Kurz. | Foto: WKStA
  • In einer Aussendung bestätig die WKStA die Anklage gegen Kurz.
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Justiz "ohne türkise Querschüsse" arbeiten lassen

Auch die NEOS reagierten in Person von Generalsekretär Douglas Hoyos auf die aktuellsten Entwicklungen rund um die mutmaßlichen Falschaussagen des Ex-Kanzlers:

"Jetzt gilt es, die Justiz in Ruhe arbeiten zu lassen – ohne Versuche, sie und dieses Verfahren durch türkise Querschüsse zu behindern. Denn in der Kanzlerschaft von Sebastian Kurz ist zu viel Vertrauen in Politikerinnen und Politiker und die Institutionen in Österreich verloren gegangen."

Es liege nun an allen Beteiligten, das verlorene Vertrauen wiederherzustellen. Das Verfahren im Oktober könne aber erst der Anfang sein, betonte Hoyos. Der pinke Generalsekretär verwies darauf, dass das Glaubwürdigkeits- und Vertrauensproblem, "insbesondere der ÖVP", mit Sebastian Kurz nicht verschwunden sein. 

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"Wahrheitspflicht in U-Ausschüssen beibehalten"

Der FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker erklärte in einer Presseaussendung, dass er zwar nichts von einer Vorverurteilung des Ex-Kanzlers halte, da auch hier die Unschuldsvermutung gilt, allerdings gehe er davon aus, dass die Anklage wegen vermeintlicher Falschaussagen gegen Kurz "wohl nur die Spitze des Eisberges" sei, wofür sich dieser vor einem Richter verantworten müsste. Die FPÖ setze ihr Vertrauen ganz in die Justiz und deren Ermittlungsarbeit. 

Hafenecker sieht den Strafantrag gegen Kurz zudem als ein Zeichen dafür, dass die Wahrheitspflicht in den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen beibehalten werden müsse. Schließlich sei diese der Grund dafür, dass es "überhaupt zu dieser Anklage gekommen ist". Der freiheitliche Generalsekretär verwies darauf, dass Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) "nicht umsonst" die Wahrheitspflicht hinterfragt habe. "Wenn sie wirklich fällt, sind parlamentarische Untersuchungsausschüsse zahn- und wirkungslos", warnt Hafenecker abschließend.

Für Sebastian Kurz gilt die Unschuldsvermutung. 

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