Reportage: Weltweit wandern mit einem CitizenBike und einem Auer-Brot
Klein und Mittel-Unternehmer gelten als das sogenannte Rückgrat der heimischen Wirtschaft. Die Regionalmedien Austria haben drei von ihnen vor den Vorhang geholt, um ihre Firmenphilosophie und ihr Geschäftsmodell zu ergründen. Eine Reportage von Wolfgang Unterhuber.
Bäcker Auer: "Überfluss schafft Mangel an Relevanz"
Von Martin Auer wollten wir etwa wissen, wie man sich als mittlerer Bäckerei-Unternehmer gegen die Großen in der Branche behaupten kann. "Durch Verdichtung und Relevanz", sagt Auer. "Denn Überfluss im Angebot schafft Mangel an Relevanz."
Martin Auer kaufte 2011 den traditionsreichen Familienbetrieb seinem Vater ab. Es folgte eine Zeit der Neuausrichtung. Die Zahl der Standorte wurde von 34 auf 28 reduziert. Ebenso das Produktsortiment. Und zwar gleich um ein Drittel.
Zudem erstellte Auer ein Qualitätsprofil. "Qualität ist nicht nur das Produkt. Auch die Sauberkeit der Filialen, das Benehmen der Mitarbeiter gegenüber den Kunden und so weiter."
Tiefstapeln beim Wanderurlaub
Christain Hlade, Gründer und Chef des Reiseanbieters Weltweitwandern, sieht das ähnlich. "Die Kunden haben eine Erwartungshaltung. Die muss man erfüllen." Weshalb er gerne tiefstapelt. So sind seine Kunden dann positiv überrascht, wenn die Unterkünfte viel schöner sind als beschrieben.
Wie der von Hlades Frau erfundene Firmenname schon sagt, ist Weltweitwandern eine Alternative zum Massentourismus. In mittlerweile über 80 Ländern geht es mit Partnern vor Ort zum Beispiel in die Wüste (Marokko) ins Eis (Grönland) oder in die Steppe (Zentralasien).
Zwischendurch hat es Hlade mit einer Erweiterung des Angebots versucht. "Wir haben auch Yoga und Radfahren angeboten aber schnell gesehen, dass das unsere Kompetenz übersteigt." Fazit für Hlade: "Verdichten". Also das machen, was man kann.
Vom Fahrradboten zum Visionär
Sein Unternehmen wächst trotzdem. "Das bedeutet auch Stress. Vor allem für die Mitarbeiter. Weil man sein Unternehmen dann neu strukturieren muss." Um den "Überblick von aussen" zu behalten, nimmt sich Hlade dann und wann eine Auszeit. Etwa eine Woche in einem Kloster.
Eine Auszeit nimmt sich auch Daniel Kofler, Gründer und Chef der Firma BikeCitizens. Dann ist er in dem Job unterwegs, in dem er begonnen hat: als Fahrradbote. Bei Kofler gibt es die Vier-Tage-Woche, die er auch selbst in Anspruch nimmt. "Weil die guten Ideen meist in der Freizeit entstehen."
Die Geschichte von Bike Citizens begann mit einem Navigationssystem für Fahrradfahrer in Form einer App. Radwege und Nebenstraßen werden bei der Navigation bevorzugt, verkehrsreiche Hauptstraßen gemieden. Heute zählt die App von BikeCitizens 450.000 User in weltweit 450 Städten.
BikeCitizens hilf bei Stadtplanung
Um die Handys auf dem Fahrrad zu montieren erfand Kofler die Handyhalterung namens "Finn". Die wird im Burgenland hergestellt und ist heute ein Exporthit. Und neuerdings ist Koflers Firma ein wichtiger Partner für Stadtplaner.
Die greifen bei der Erichtung von Fahrradwegen gerne auf die anonymisierten Daten der App zurück. Die zeigen nämlich, welche Wege die Fahrradfahrer nehmen, um am schnellste an ihr Ziel zu kommen.
Auch Martin Auer ist längst in der digitalen Welt aktiv. In seiner Filiale nahe der Grazer Uni kann man nur noch bargeldlos bezahlen. Auer machte dabei eine interessante Erfahrung: "Im Internet gab es einen tagelangen Shitstorm. In der Filiale selbst war die Aufregung gleich null."
>>Kommentar Chefredakteur Wolfgang Unterhuber: Unternehmertum wird salonfähig
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