Nachwehen zum Urteil nach tödlicher Kuhattacke

Beim Wandern auf der Alm sollte man den Kühen doch besser ausweichen. | Foto: Weinfranz
  • Beim Wandern auf der Alm sollte man den Kühen doch besser ausweichen.
  • Foto: Weinfranz
  • hochgeladen von Susanne Veronik

Das Urteil infolge einer tödlichen Kuhattacke in Tirol ist auch in unserer Region ein heißes Eisen.

Noch ist es ruhig auf den Almen in unserem Bezirk. Der Auftrieb ist erst ab Mitte Mai vorgesehen. Weniger ruhig sind allerdings derzeit die Auseinandersetzungen nach Bekanntgabe des Gerichtsurteils im Zivilprozess um den Schadenersatz, den ein Almwirt in Tirol nach einer tödlichen Kuhattacke im Juli 2014 zu stemmen hat: Demnach muss der Bauer dem Witwer und dem Sohn rund 180.000 Euro sowie eine monatliche Rente an die beiden in der Höhe von insgesamt rund 1.500 Euro zahlen. Diese Urteilsverkündung ist auch in unserer Region in aller Munde.

Reaktionen sind überzogen

Die WOCHE Deutschlandsberg befragte Alois Kiegerl aus Trahütten, seines Zeichens Obmann der Weidegemeinschaft Hochalm Bärntal in Deutschlandsberg: "Die besagte Situation in Tirol ist rechtlich bestimmt sehr schwierig, schließlich handelte es sich dort um einen öffentlichen Weg zu einer Almhütte.
Das Almgehen ist in den letzten Jahren zu einem regelrechten Massensport geworden - da grenzt es fast an ein Wunder, dass nicht mehr passiert. Man denke nur an den Grillitschwanderweg auf der Weinebene, auf dem unzählige Wanderer unterwegs sind", meint Kiegerl. Seine Meinung zu einem erhöhten Versicherungsschutz für die Almbauern? "Mich beruhigt eine Versicherung nicht wirklich, schließlich gilt es die Gefahren zu minimieren, damit niemand zu Schaden kommt. Derzeit werde ich allerdings das Gefühl nicht los, dass die Bauern einfach für alles herangezogen werden", so Kiegerl. Allerdings schwächt Kiegerl die derzeit aufgepeitschte Stimmung  ab: "Insgesamt gibt es keinen Grund zur Hysterie. Die Reaktionen sind meiner Meinung nach massiv überzogen. Vorfälle hat es schon immer gegeben. Zu gut 90% sind diese auf das Fehlverhalten der Wanderer zurückzuführen. Kuh, Kalb, Wanderer und vor allem Hund - das hat Auswirkungen, schließlich wird ein Hund in den Augen von Kühen immer als Wolf gesehen, vor dem es die Kälber zu schützen gilt.  Auch sieht man kaum noch jemanden mit einem Stock gehen, der doch zur Verteigung ein gutes Werkzeug wäre."
Am Ende des Tages würden seiner Meinung nach weitere Warnhinweise und ein Auszäunen der Wege im Almengebiet wohl nicht ausbleiben. Somit würde aber der Almtourismus massiv an Attraktivität verlieren, von den Kosten für die Landwirte ganz zu schweigen.

Almbauern in Bedrängnis

Von einem Auszäunen hält dagegen Christian Polz, Obmann der Bauernbezirkskammer wenig:
"Wir haben derzeit sehr viele Meldungen von Almbauern, die jetzt  verunsichert sind. Dieses Urteil ist in seinem Ausmaß nicht nachvollziehbar und regelrecht existenzbedrohend. Die Almbauern sind ohnehin schon durch das Wolfsthema immer wieder aufs Neue in Bedrängnis", so Polz und ergänzt: "Vom Auszäunen der Wege halte ich wenig, denn wer pflegt dann diese Bereiche? Wer übernimmt die Kosten dafür?
Auch eine Abdeckung über die Versicherung ist rechtlich nicht ausgegoren.
Fakt ist, dass wir die Almwirtschaft haben wollen schon rein aus wirtschaftlicher und aus touristischer Sicht.
Mit einem ordentlichen Maß an Eigenverantwortung der Alm-Wanderer und einem gesunden Nebeneinander aller Beteiligten müsste es doch funktionieren, schließlich profitiert die ganze Region von der Almwirtschaft."

Alm als wichtiges Standbein im Tourismus

Da gerade der Almenbetrieb eine starkes Standbein für unseren Tousimus ist, haben wir Ewald Zarfl, Vorsitzender der Tourismuskommission Schilcherland Steiermark, zu seiner Meinung befragt: "Dieses Urteil, das den Tiroler Bauern betrifft, ist in meinen Augen jenseits jeglicher Realität! Das ist ein Schwachsinn! Und wir bekommen die Folgen in der Region bereits zu spüren: Anfang der Woche hat uns ein Mail von einem Almwirt zwischen dem Rosenkogel und dem Reinischkogel erreicht: Er hat vor, jenen Wanderweg zu sperren, der durch das Weidegebiet seiner Rinder führt.
Das gefährdet genau jenes genussvolle Wandererlebnis, für das der Tourismus gerade in unserer Region steht. Eine Alm ohne Kühe ist wie ein Haus ohne Dach. Weniger Toursimus bedeutet schließlich auch weniger Einnahmen für die Betreiber der Almhütten. Im Endeffekt ist doch auf die Eigenverantwortung der Wanderer zu plädieren."

Übrigens: Hunde könnten auch aus einem weiteren Grund bedenklich für die Almwirtschaft sein: Für die Experten ist Hundekot nämlich nicht nur unhygienisch, sondern kann im schlimmsten Fall Auslöser für schwere Erkrankungen bei Nutztieren sein.

Tipps zum richtigen Umgang mit Kühen, auf die man bei einer Wanderung trifft, finden Sie hier.

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.