Literatur/Zeitgeschichte
"Zu Mittag um 12 war alles erledigt" -ein Familien-Schicksal in Soboth

Ein Plattenspieler, das war ein geraduzu exotisch neumodernes Gerät, damals in der Soboth. | Foto: privat
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  • Ein Plattenspieler, das war ein geraduzu exotisch neumodernes Gerät, damals in der Soboth.
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Im neuen, zeithistorischen Buch "Zu Mittag um zwölf war alles erledigt" beleuchtet Alexa Wild auch das Schicksal einer Wirtsfamilie in Soboth sowie die vorsichtige Annäherung der Menschen diesseits und jenseits der Landesgrenzen nach den Wirren der Kriegszeit.

SOBOTH. Alexa Wild hat mit "Zu Mittag um Zwölf" ein historisches Zeitdokument geschaffen, das  den Grenzraum um Soboth beleuchtet, getragen von einer schicksalhaft tragischen Begebenheit aus der Kriegs- und Nachkriegszeit. Die Autorin aus Wien ist auch privat zum Wandern in der herrlichen Landschaft gerne in Soboth, so auch in diesem Frühling. Eine gute Gelegenheit für ein Interview:

Sie haben bereits 2014 mit ihrem Buch „Schwarze Nebel - weiße Hände“ mit der Geschichte um den staatenlosen Luca Sekolovnik Ihre Leserschaft in das Grenzgebiet um Laaken/Soboth geführt. Auch in Ihrem jüngsten Werk „Zu Mittag um zwölf war alles erledigt“ führt der zweite Teil des Buches erneut in dieses einst so hart umkämpfte, steirisch-kärntnerisch-slowenische Grenzgebiet. Warum immer wieder diese Gegend?
ALEXA WILD. Das passiert einfach. Die Geschichten finden mich, nicht umgekehrt. Ich habe jedenfalls überhaupt keine familiären Wurzeln oder Interessen in dieser Region, vielleicht hilft diese „Unvoreingenommenheit“ im Gespräch mit den Zeitzeugen über oft doch sehr heikle, historische Begebenheiten.

Bereits 2014 haben wir die Autorin Alexa Wild und Luca Skelovnik in Soboth getroffen:

Schwarze Nebel, weiße Hände

Was war Ihre Intention zu diesem weiteren dokumentarisch erzählenden Druckwerk?
Nach diversen Kontakten mit Zeitzeugen schien sich ursprünglich ein Werk über Mütter in Grenzsituationen zu entwickeln, aber dann nahm das Ganze eine andere Richtung, auch weil einige Zeitzeugen verstorben sind, bevor sie mir ihre ganze Geschichte erzählen konnten.

Was fasziniert Sie so an dieser Zeit?
Mich faszinieren das Durchhaltevermögen, der Lebensmut, die Lebensfreude und der Zusammenhalt der Leute in dieser damaligen, für uns heute unvorstellbar harten Zeit. Schon als Kind bewunderte ich meinen Großvater und meine Großmutter, die zwei Weltkriege samt der Wirtschaftskrise in der Zwischenkriegszeit zu bewältigen hatten. Solche Schicksale zeigen uns, wie viel Glück wir Nachkriegsgenerationen haben trotz aller Schwierigkeiten, die es auch jetzt gibt.

Der im September 1919 in Saint-Germain-en-Laye unterzeichnete Staatsvertrag hat zu eklatanten Grenzziehungen geführt vor allem im steirisch, kärntnerisch, slowenischen Raum. Worin sehen Sie die Besonderheit in diesem Grenzgebiet?
Gerade Soboth, die einzige Gemeinde aus dem ursprünglichen Bezirk Windischgrätz im heutigen Slowenien, die nach 1920 zur Gänze bei Österreich verblieb, zeigt, wie abrupt durch die Grenzziehung nicht nur jahrhundertelange familiäre Verbindungen, sondern auch wirtschaftliche Beziehungen und verkehrstechnische Anbindungen gekappt wurden. Mit Deutschlandsberg, der für Soboth zuständigen Bezirkshauptstadt nach 1920, war Soboth nicht einmal mit einer Straße verbunden.

Das Foto zeigt Zollbeamte vor dem Gasthaus in Soboth in den 1930er-Jahren. Hinter dem Balkon befindet sich das erste Fremdenzimmer. | Foto: privat
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Heuer jährt sich nicht nur die Unterzeichnung des Staatsvertrages zum 65. Mal sowie 75 Jahre Republik, sondern auch die bei uns in die Geschichte eingegangene Volksabstimmung über die Staatszugehörigkeit auf der Wiese vor St. Urbani - nämlich zum 100. Mal. Ein rundes Jubiläum mit starkem Lokalkolorit oder doch weitreichender?
Für mich sind dies nicht nur lokale Jubiläen. Sie zeigen auch, dass durch einen Zusammenhalt der örtlichen Bevölkerung sehr viel möglich ist und auch Grenzziehungen zumindest teilweise noch zu ändern sind. Dass gleichzeitig aber auch immer ein wenig Glück notwendig ist, damit diese Aktionen erfolgreich sind.

Worauf stützen sich Ihre Recherchen noch?
Ich versuche sehr viel über die jeweilige Zeit und Gegend zu lesen sowie mit Einheimischen und Historikern zu reden. Gleichzeitig besuche ich die Schauplätze meist mehrmals, gehe die diversen Strecken zu Fuß ab, um ein Gefühl für die Distanzen in der beschriebenen Zeit sowie die Angaben der Zeitzeugen zu bekommen.

Die Autorin Alexa Wild aus Wien ist gerne in der Soboth und von den historischen Gegebenheiten und den menschlichen Schicksalen in der Grenzregion beeindruckt. | Foto: Bosch
  • Die Autorin Alexa Wild aus Wien ist gerne in der Soboth und von den historischen Gegebenheiten und den menschlichen Schicksalen in der Grenzregion beeindruckt.
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All jene, die in der Gegend um Soboth wohnhaft sind, erkennen anhand der schwarz-weiß-Fotos, dass es sich in der Erzählung um die Vorfahren örtlich bekannter Wirtsleute handelt. Das erzählende Geschwisterpaar möchte dennoch unbenannt bleiben?
Die Anonymität war die Voraussetzung, dass das Geschwisterpaar, aber auch Zeitzeugen in Slowenien mit mir offen sprachen. Ortskundige werden natürlich einiges wiedererkennen.

Sie bringen die Erzählungen in oft knappen Sätzen aber gerade dadurch umso eindrucksvoller vor Augen. Wie würden Sie ihren Schreibstil selbst benennen?
Bei Zeitzeugen-Erzählungen versuche ich die Ausdrucksweise der Erzählenden möglichst authentisch wiederzugeben. Dadurch sollen die Leserinnen und Leser Einblick sowohl in das kulturelle wie historische Lokalkolorit der Zeitzeugen bekommen.

Mit welchem Gefühl sollen die Leser das Buch nach der letzten Seite aus der Hand legen?
Das Buch soll einerseits dem Leser einen Einblick in Lebensumstände in Österreich vermitteln, die vor allem Jüngeren wohl völlig fremd sind. Es soll anderseits aber auch zeigen, wie trotz widrigster Umstände und größter Armut Menschlichkeit, Humor und Lebensfreude möglich sind und uns somit Hoffnung und Kraft in schwierigen Momenten geben oder uns Mitglieder der Konsumgesellschaft einfach zum Nachdenken bringen, was im Leben wirklich zählt. Und es gibt immer wieder auch Anekdoten zum Lachen.

Wird es Lesungen vielleicht im Internet geben?
Im Internet sind vorerst keine Lesungen geplant, aber es sind für die nächsten Monate reale Lesungen in Vorbereitung, etwa im Freien.

Welches Buch liegt derzeit auf Ihrem Nachttisch?
Auf meinem Nachttisch liegen mehrere Bücher, vor allem Biografien und historische Sachbücher. Zwischendurch lese ich aber auch gerne Lyrik, etwa von Celan, Puschkin oder Rilke.

Das Buch "Zu Mittag um zwölf war alles erledigt" ist im Buchhandel erhältlich oder bei der Autorin Alexa Wild mit Widmung. | Foto: KK
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Buch mit Widmung

"Zu Mittag um zwölf war alles erledigt" ist im Keiper-Verlag erschienen und mit knapp 150 Seiten ausgestattet. Beschrieben sind zwei Schicksale rund um die Weltkriege, die je eine Familie im Murfeld und in der Soboth beleuchten. Das Buch ist im Fachhandel, in einigen Trafiken in der Weststeiermark, beim Verlag oder oder direkt bei der Autorin unter alexa.wild@gmx.at (mit Widmung) erhältlich.

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