Heimkehr anfangs der Corona Pandemie, März 2020
Weststeirische Rückkehr aus Nord- und Südamerika in Corona-Zeiten

Zwischenstop in Paraguay, die Temperatur wurde direkt nach dem Ausstieg und vor dem Betreten des Flughafens gemessen. | Foto: Doris Reinbacher
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  • Zwischenstop in Paraguay, die Temperatur wurde direkt nach dem Ausstieg und vor dem Betreten des Flughafens gemessen.
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Die Anfänge der weltweiten Corona Krise haben die beiden ehemaligen Schulkolleg*innen Doris Reinbacher, gebürtig aus Stainz und Evamaria Schaller, gebürtig aus Lannach auf dem Kontinent Amerika mitbekommen.

Evamaria Schaller hat eine Einladung zu einer Ausstellung im Österreichischen Kulturforum in New York gemeinsam mit anderen steirischen Kollegen und Kolleginnen wahrgenommen. Die Eröffnung von „Freedom will have been an episode“ war am 5. März 2020. Weitere Informationen zur Ausstellung finden sich auf der Homepage des Österreichischen Kulturforum in New York: https://www.acfny.org/freedom-will-have-been-an-episode/
Die Anreise war ohne Probleme, erzaehlte die Kuenstlerin Evamaria Schaller. Jedoch die Rückreise hat sich als sehr schwierig ergeben.

Doris Reinbacher hat in Santiago de Chile in einem Altersheim mit Holocaust-Überlebenden gearbeitet und wurde wegen den heftigen sozialen Protesten und einem Ausnahmezustand in Chile Anfang Februar nach Buenos Aires in das Altersheim Hirsch mit Holocaust- Überlebenden versetzt. Nach eineinhalb Monaten musste sie Buenos Aires bereits wieder in einer Nacht- und Nebelaktion verlassen. Ihr wurde geraden so schnell wie möglich nach Österreich zurück zu kehren. „Man wüsste nicht, wie lange die Grenzen noch offen sein werden, hat mir meine Organisation gesagt. Es wäre besser, ich komme so schnell wie möglich zurück nach Österreich.“

Evamaria Schaller schildert: „Die Anreise nach New York am 2. März war ohne weitere Informationen vonstatten gegangen. Keine Reisewarnungen etc. Jedoch schon in Vorbereitung habe ich mir Desinfektionsmittel und Mundschutz mitgenommen. Für den Fall der Fälle.“
In New York selbst hat sie keine gesundheitlichen Vorkehrungen gesehen. Keine Menschen mit Masken oder Handschuhen. In den ausländischen Medien hat sie gelesen, die U-Bahn Stationen in New York werden desinfiziert, sie selbst, die relativ viel U-Bahn in New York gefahren ist, hat das nicht mitbekommen. Es wurde überhaupt nicht über Covid-19 kommuniziert, nur unter den steirischen KollegInnen.
In der zweiten Woche in den USA war sie in Los Angeles. Da kamen plötzlich mehr Informationen ans Tageslicht, dass es Corona gibt. Die Panik hat sich langsam gezeigt: In einem riesigen Supermarkt war die Abteilung für Klopapier gähnend leer. Auch das Flaschenwasser war schon fast aufgekauft. In der Stadt Hollywood hat der Tourismusverkehr sehr abgenommen.
Am Ende ihres LA- Aufenthaltes hat sie ebenfalls wahrgenommen, dass sich Schlangen vor den Waffengeschäften gebildet haben. Der Eindruck ist entstanden, es ist wichtiger sich für die Krise Waffen zu kaufen, als sich Essen zu besorgen.
Masken waren inzwischen in LA als auch in New York ausverkauft.

Die Rückreise
Die Rückreise empfand Evamaria Schaller, im Gegensatz zur Anreise in die USA sehr anstrengend und eigenartig. Sie war insgesamt 35 Stunden unterwegs. Um sicher zu gehen, dass sie ihren Rückreiseflug nach München nicht verpasst, hat sie einen Overnightflug von Los Angeles nach New York gebucht. Schon im Flugzeug von LA nach New York haben manche Leute Masken getragen, manche haben diese Masken aber im Flughafen von New York wieder abgenommen.

Ihr Flug von New York nach München war am 12. März. Im Nachhinein war sie sehr froh, dass sie schlussendlich diesen Flug gebucht hat, denn am nächsten Tag, dem 13. März hat die USA begonnen Flüge aus Europa zu stoppen.
In New York musste sie 9 Stunden am Flughafen John F. Kennedy warten. Davon war sie 6 Stunden fast alleine Im Terminal 1. Der Flughafen war wie ausgestorben. Die Geschäfte haben allerdings wie gewohnt geöffnet gehabt. Eine Apotheke verkaufte Masken für 7 Dollar, wenn man 3 Masken genommen hat, bezahlte man 15 Dollar. Zusätzlich erhielt man Einweg-Plastikhandschuhe um die Masken rauszuziehen.
Der Lufthansa Schalter hat dann erst 1 Stunde später als geplant aufgemacht. Es war keine Panik unter den Leuten, aber generell hat sich Unruhe breit gemacht.
Beim Einsteigen gab es keine Hinweise für einen Sicherheitsabstand, alle standen zusammengepresst im Zugang zum Flugzeug.
Im vorderen Bereich war das Flugzeug völlig überfüllt. Sie hat extra weiter hinten Sitzplätze gebucht um zwei freie Plätze zu haben. Diese hat sie auch bekommen. Generell gab es ein Gehuste und Geschnüffel auf dem ganzen Rückreise- Flug.
Am Freitag, dem 13. März ist sie endlich am Ziel ihrer Reise angelangt. „Ich muss ehrlich gestehen, ich war sehr froh, wieder zu Hause zu sein. Hier gibt es eine klare Kommunikation und Wissensvermittlung und das Erkennen, dass es gefährlich ist, bzw. hier wurden Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Dass sich jetzt in New York eine derartige Katastrophe anbahnt ist für mich nicht verwunderlich. Es wurde nichts kommuniziert.
Seit drei Wochen bin ich jetzt wieder zu Hause. 2 Wochen davon habe ich auch in einer Art Selbstisolation gelebt. Getrennte Schlafzimmer von meinem Mann, alle Wäsche gewaschen, immer alles nach mir desinfiziert, gewaschen, heiß abgespült etc. Damit im Falle nicht die ganzen Viren rumfliegen. Nach 2 Wochen hatte ich keine Symptome.“
Evamaria Schaller lebt seit einigen Jahren in Köln. Zum Glück habe sie ein Haus und einen Garten und muss die Zeit waehrend der Krise nicht eingefercht in einer Wohnung verbringen

„Aber das Schlimmste ist das Wissen, dass ich im Fall wenn meinen Eltern etwas passiert, ich nicht zu ihnen kann. Zum Glück wohnt mein Bruder gleich ums Eck von den Eltern. Das ist der Nachteil, wenn wir als Kinder flügge werden und längere Distanzen zurücklegen müssen,
um zu den Eltern zu reisen. Im Notfall setze ich mich klarerweise ins Auto… selbst da jetzt die Frage, ob ich das überhaupt machen soll um sie nicht mit einer Ansteckung zu gefährden.“

Der Titel der Austellung in New York ist jetzt im Nachhinein ganz schön zukunftsweisend fuer die Performance Kuenstlerin. „‚Freedom will have been an episode.‘ ‚Freiheit wird ihre Episode in der Zukunft haben‘. In jeglichem Sinne… Darüber muss ich jetzt immer wieder nachdenken.“

Doris Reinbacher hat in Santiago de Chile wegen heftigen sozialen Unruhen im Land schon einen Ausnahmezustand und Ausgangssperren erlebt. Geschlossene Supermärkte und generelle Unruhe unter dem Volk bzw. eine Krisensituation wurden zum Alltag. „Auch Klopapier wurde wie verrückt während den heftigen Unruhen in Santiago de Chile gekauft“, berichtet Frau Reinbacher. Anfang Februar wurde sie deshalb nach Buenos Aires versetzt, um im Altersheim Hirsch in einem Aussenbezirk von Buenos Aires weiterzuarbeiten. Doch auch dort konnte sie nicht lange bleiben. „Während in Argentinien noch wenig Fälle von Corona bekannt waren, habe ich die zunehmende Krisensituation von Covid 19 in Österreich mitbekommen.“ Sie hat sich in Buenos Aires sicherer gefühlt und überlegt während der Krise dort zu bleiben. „Aber im Grunde wusste ich, dass es in Südamerika auch schlimm werden wird.“

Alles begann am Freitag, den 13.
In der Arbeit hat man ihr gleich bei der Ankunft an diesem Freitag mitgeteilt, ihre Chefin will mit ihr reden. Diese hat sie darauf hingewiesen, dass das Altersheim durch die Covid-19 Zustände strengste Maßnahmen setzen muss. Sie wissen nicht wie sich der Virus in Argentinien ausbreiten wird und wie sich die Zustände entwicheln werden, aber vorerst werden alle Besuche verboten und alle freiwilligen Helferinnen und Helfer von der Arbeit auf unbestimmte Zeit freigestellt. Das hieß auch für Doris Reinbacher ihren Freiwilligendienst auf unbestimmte Zeit nicht im Altersheim fortführen zu können und so weit wie möglich Arbeiten im Home Office zu verrichten.
Kaum zur Arbeit gefahren, der Arbeitsweg betrug taeglich insgesamt 1,5 Stunden, musste sie wieder nach Hause ins Zentrum von Buenos Aires zurückkehren und war vorerst ratlos wie es weiter gehen wird.
„Am Freitag-Abend, des 13. März kam dann auch ein Email von der Organisation Gedenkdienst, dass meine Krankenversicherung in Argentinien bei einer Reisewarnstufe 5 automatisch nach 2 Wochen gelöscht wird und dass sich meine Organisation sich darum kümmern wird, wie es sich mit dem Ausnahmefall von Covid-19 verhält. Das hat mir schon große Sorgen gemacht, weil in einem fremden Land an einem fremden Virus zu erkranken und dann nicht krankenversichert zu sein, das war mir dann doch zu riskant. Obwohl mir eine Freundin aus Großbritanien die schon seit 10 Jahren in Buenos Aires lebt mitgeteilt hat, dass man auch unversichert im Krankenhaus behandelt wird. Aber in Krisenfällen weiß man nie wie die Situation dann tatsächlich ausartet.“
Am Sonntag, den 15. März gegen 19:00 kam dann der Anruf der Organisation, man solle so schnell wie möglich nach Österreich zurück kommen, denn man wisse nicht wie lange die Grenzen noch offen bleiben. Am Besten wäre es man möge gleich zum nächstbesten Flug eilen. Frau Reinbacher hatte eine Stunde um sich alles zu überlegen, denn das Buchen eines Fluges nach Österreich hat sich keinesfalls als einfach herausgestellt. Die Flüge haben sich ständig geändert oder waren sofort wieder ausgebucht. Es war Sonntag und am Dienstag wollte Österreich wahrscheinlich die Grenzen schließen. In der Botschaft wussten sie gleichfalls nicht, ob eine Rückholaktion vom Aussenministerium geplant ist oder stattfinden wird. Auch dort hat man ihr geraten von den derzeitigen Angeboten einer Rückreise sofort Gebrauch zu machen. Die Reise musste sie selbst organisieren und auch selbst bezahlen.
Ihrem Vermieter hat sie eine Whats App Nachricht geschickt. In dieser stand die Information, es tut ihr leid, aber sie muss am nächsten Tag zurück nach Österreich. Die Miete musste sie bis zu einem ausgemachten Zeitraum weiter bezahlen. Dann hat sie zu packen begonnen. Vieles hat Frau Reinbacher in Buenos Aires zurück gelassen, denn sie wusste nicht ob sie nach Buenos Aires zurück kommen wird oder ob es sich auszahlt für Übergewicht zu bezahlen.

Die Rückreise dauerte insgesamt 2,5 Tage
Der Flug am Montag Abend des 16. März, ging über Paraguay, Brasilien und Portugal. Schon am Flughafen in Buenos Aires waren die Leute unterschiedlich ausgerüstet. Es wurden verschiedene Masken getragen, manchmal kombiniert mit Gummihandschuhen. Andere wiederum haben überhaupt keine Anzeichen gemacht sich zu schützen. Es war nicht möglich am Flughafen Masken, Handschuhe oder Alkoholgel zu kaufen. Auf den Toiletten wurde Werbung für die desinfizierende Seife gemacht. Es gab mehrere Hinweisschilder welche Telefonnummer man bei Covid-19 Symptomen wählen soll.
In jedem Land waren die Sicherheitsvorkehrungen anders. Kaum sind sie in Paraguay, Asunción, aus dem Flugzeug ausgestiegen, wurde auch schon die Körpertemperatur überprüft. Am Flughafen selbst gab es Desinfektionsmittel für die Hände, das in entsprechenden Gefäßen an der Wand montiert war.
In São Paulo, Brasilien, mussten sie insgesamt 13 Stunden auf dem Flughafen ausharren, um weiter nach Portugal fliegen zu können. Während der langen Wartezeit haben sie auch vernommen, dass zum Beispiel der Flug nach Paris gecancelt wurde.
Ungefähr jede 20 Minuten wurde auf Portugiesisch und auf Englisch durchgesagt, dass man sich die Hände mit Seife und warmen Wasser waschen soll, wo man sich bei den entsprechenden Covid-19 Symptomen wie Halsweh, Fieber oder Husten bzw. Atembeschwerden melden kann und dass man bei Husten und Niesanfällen von seinem Ellenbogen Gebrauch machen soll.
Außerdem gab es an manchen Wänden Alkoholgelbehälter zum Desinfizieren. In der Apotheke oder in anderen Shops gab es wieder keine Masken, Gummihandschuhe oder Alkoholgel bzw. Desinfektionsmittel zu kaufen. Auch das Flughafenpersonal hat keine Masken oder Gummihandschuhe zur Verfügung gestellt. Während der ganzen Wartezeit von 13 Stunden konnte man keine Schutzorkehrungen gegen den Corona Virus besorgen. Wenn man sich von der Müdigkeit zu sehr treiben hat lassen, ist man sich wie in einem schlechten Film vorgekommen. Man hat die Menschen teils mit Masken und Gummihandschuhen gesehen, bzw. wenn man angefangen hat darüber nachzudenken, dass auf der ganzen Welt ein für die Menschen gefährlicher Virus existiert und man in ein Land fliegt, wo dieser Virus schon ziemlich verbreitet ist. Das konnte man sich alles sehr schwer in der Realität vorstellen.
Abstand wurde auf keinem der jeweiligen Flughäfen genommen. Die Leute waren meistens dicht beieinander.
Das Flugzeug nach Europa, ein Airbus A350 Richtung Lissabon war zur Gänze voll. Ein Sicherheitsabstand konnte auf keinen Fall eingehalten werden. Auch hier wieder, manche Menschen haben den ganzen Flug über Masken getragen, andere haben sich überhaupt nicht geschützt.

„Am Flughafen in Lissabon habe ich das erste Mal davon gehört, dass empfohlen wird einen Meter Abstand zu anderen Personen zu halten. Ein paar Leute haben auch versucht diese Ein Meter Abstand einzuhalten, aber allgemein war es nicht möglich. Bei den Warteschlangen, auf der Wartebank, im gesamten Flughafenbereich ist man immer wieder auf andere Leute im wahrsten Sinne des Wortes gestoßen. Was mir noch in Erinnerung ist: der Flug nach Bristol hat eine eigene Warteschlange bekommen.
Das Flugzeug nach Wien war ziemlich leer, trotzdem waren die Plätze ungleichmäßig verteilt. Mal saßen drei Leute nebeneinander, dann wiederum waren Personen vereinzelt im Flugzeug verteilt. Ich hatte zum Glück drei Sitzplätze für mich allein. Man hat zwei sehr kleine Alkoholtupfer zum Desinfizieren bekommen.
Am Wiener Flughafen wurde immer wieder die Sicherheitswarnung von zwei Meter Abstand halten durchgesagt. Aber auch hier haben die Leute nicht wirklich diesen Abstand eingehalten. Bei der Gepäckabholung standen alle dicht gedrängt nebeneinander und haben sich auf das Laufband mit den Gepäckstücken konzentriert. Auf den Wartebänken saßen die Menschen dicht nebeneinander, egal ob mit Masken oder Gummihandschuhen oder ganz ohne Schutz.

Ich habe mich dann erkundigt wie ich am Besten nach Graz komme und zum Glück habe ich den letzten Tag erwischt an dem der Flixbus vom Flughafen Wien nach Graz gefahren ist. Der Flughafenbus in die Innenstadt nach Wien war komplett leer und ist trotzdem zeitlich abgefahren. Insgesamt der gesamte Flughafen war ziemlich leer. Die Geschäfte Spar, Anker und Bipa sowie diverse Informationsschalter wie die der ÖBB oder des CAT bzw. City Airport Train waren offen, alle anderen Geschäfte als auch Mc Donalds waren geschlossen.
Mit insgesamt vier weiteren Fahrgästen bin ich mit dem vorläufig letzten Flixbus nach Graz. Am Mittwoch, dem 18. März, gegen 19.00 Uhr hat meine Reise von Argentinien nach Österreich in Corona Zeiten schlussendlich geendet. Am Murpark hat mich mein Bruder abgeholt und in die Weststeiermark gebracht. Umarmung gab es trotz eines Wiedersehens nach langer Zeit keine, auch wurde sehr viel Abstand gehalten.
Seit zwei Tagen ist meine 14 tägige Quarantäne, die ich freiwillig gemacht habe und noch nicht gesetzlich festgelegt war, vorbei und ich habe keine Symptome einer Corona Erkrankung. Ich war inzwischen auch schon im Wald und auf der Wiese fleißig Frühlingskräuter sammeln, während in Buenos Aires es langsam zu herbsteln beginnt.“
D.R.

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