Expertentipp
Fasten: Warum verzichten wir?
In zwei Wochen ist es so weit: Für die Kleinen schaut endlich der Osterhase vorbei, für die Großen endet die Fastenzeit nach langer Entbehrung. Also für jene, die auch gefastet haben. Das Fasten hat eine lange Tradition, es bedeutet Verzicht und Abstinenz und ist in praktisch allen Religionen zu finden. Das Wort an sich stammt aus dem Althochdeutschen und lautet übersetzt "festhalten" – und zwar an den Geboten der Enthaltsamkeit. Das sagt eigentlich schon alles über das Fasten aus. Aber was macht der Verzicht mit uns? Die WOCHE-Expertin und psychologische Beraterin Anna Katharina Lanz weiß Rat.
Kontrolle übernehmen
"Ich versuche das Fasten einmal anders zu sehen. Die meisten von uns haben ein Thema, vielleicht sogar ein Lebensthema, dem mit Verzicht und bewusster Enthaltsamkeit begegnet werden kann. Ich denke da an Körperkult, Schönheitskult, dem Streben danach, etwas sein zu wollen, was wahrscheinlich niemals erreicht werden kann. Ich denke, wie viel Überforderung Menschen auf sich nehmen, um Eigentum anzuhäufen oder einem Idealbild nachzueifern", sagt Lanz. Es hat wohl jeder sein persönliches Fastenthema. "Die Ziele sind aber immer die gleichen: Förderung der Wahrnehmung und die Belohnung, einem persönlichem Ziel nähergekommen zu sein", so die Expertin.
Ursprünglich war das Fasten der Verzicht auf Genussmittel und Sexualität. Heute kann Fasten therapeutisch wirken, indem es zur Diät eingesetzt wird. Das Fasten als Verzicht auf Nahrung kann aber auch instrumentalisiert werden. Als Hungerstreik zur sozialen Kontrolle oder wie bei Mahatma Gandhi zum politischen Protest.
Es geht aber nicht immer um Essen und Trinken, der Bogen ist viel weiter gespannt. Man spricht vom Heilfasten, Fastenwandern, Autofasten, Handyfasten, Fernsehfasten und vielem mehr. Die Einladung zum Fasten ist profaner geworden. Man übt sich einfach darin, auf etwas zu einer bestimmten Zeit zu verzichten, was uns sonst im Alltag zwar hilfreich ist, aber ab und an auch stresst.
Kontakt:
Anna Katharina Lanz hilft als psychologische Beraterin in schwierigen Situationen oder wenn große Entscheidungen getroffen werden müssen. Sie arbeitet nach den Methoden der integrativen Gestalttherapie und der dialogisch-systemischen Familientherapie. Als WOCHE-Expertin steht sie unseren Lesern zur Seite.
Kontakt: anna.lanz@inode.at, 0660/222 6330; Praxis: Hörgas 238, 8103 Gratwein-Straßengel
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