Ein Klimaforscher im Interview
Radtiefgaragen und Gemüse vom Dach (+Video)

Forscht am Dach des Science Towers: Franz Prettenthaler. | Foto: kk
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Der Klimakrise trotzen: Wissenschaftler Franz Prettenthaler mit einer Anleitung für die zukünftige Stadtregierung.

"Es dauert keine zwanzig Jahre mehr, dann haben wir in Graz ein Klima wie in Bologna", beschreibt Franz Prettenthaler das Szenario, das auf die Murmetropole zurollt. Und er fügt noch hinzu: "Alles, was darüber hinausgeht, können wir noch aufhalten." Ob Graz künftig klimatisch gesehen eher im Norden oder Süden von Italien liegen wird, meint er damit wohl. Prettenthaler ist Leiter des Instituts für Klima, Energie und Gesellschaft bei Joanneum Research. Er forscht vom Grazer Science Tower aus, der mit seinen Solarpaneelen aussieht, als hätte man ihn direkt aus einem Science Fiction-Film gerissen. Hier sucht Prettenthaler nach Wegen, Städte an die veränderten Klimabedingungen anzupassen. Für die zukünftige Grazer Stadtregierung hat er eine ganze Liste an Aufgaben.

Entsiegeln, wo es nur geht

Grundsätzlich sei Graz eine grüne Stadt, betont Prettenthaler, doch die Flächen seien ungleich verteilt. Der Bezirk Jakomini wird so etwa zur Hitzeinsel. "Bauwerksbegrünung ist da ganz entscheidend. Das bringt drei bis vier Grad Abkühlung." Den Beweis dafür liefern Prettenthaler und sein Team am Dach des Science Towers, wo ein grünes Paradies entstanden ist. Ganz nebenbei können begrünte Dächer auch große Regenmengen aufnehmen. Überschwemmungen wie durch die Starkregenfälle im Juli dieses Jahres ließen sich so verhindern.

Auch die Möglichkeit, Lebensmittel am Dach zu produzieren, sei nicht zu unterschätzen. "Das müsste eigentlich bei Neubauten mitbedacht werden. Wenn man sich aber zum Beispiel die sogenannte Smart City anschaut, kann ich nicht erkennen, dass hier das Problem ernst genommen würde." Schreit die zunehmende Versiegelung nicht auch nach einem Bau-Stopp? Damit ist Prettenthaler schon vorsichtiger: "Eine Stadt sollte so grün wie möglich sein, aber eine Gartenstadt, in der jeder sein Häuschen hat, ist kaum mit öffentlichem Verkehr zu erschließen." Eine gewisse Nachverdichtung sei also sinnvoll, um Individualverkehr zu vermeiden. 

Gartengestaltung über den Dächern von Graz. | Foto: KK

Tiefgaragen für Räder

Apropos Mobilität. In diesem Bereich entstehen die meisten Emissionen. Verhindern ließe sich das, wenn etwa der Radverkehr konsequent ausgebaut wird, so Prettenthaler. Aber dafür müsse auch die Infrastruktur mitbedacht werden: "Wie wäre es mit einer Radtiefgarage am Hauptplatz? Ähnliche Ideen für Autos hat es ja schon gegeben." Das hätte den zusätzlichen Vorteil, dass der Radverkehr laut Studien extrem relevant für den Einzelhandel in der Innenstadt sei, argumentiert der Wissenschafter. "Aber wenn man aktuell mit dem Rad zum Kastner fährt, findet man keinen gescheiten Abstellplatz."

Zudem müsste das Angebot an E-Mobilität verbessert werden – quer durch alle Gesellschaftsschichten. Über Car Sharing könne man die Sozial Schwächeren an Bord holen. Beim Bau von Gemeindewohnungen sollte auch an Ladestationen für E-Autos gedacht werden. Das schlägt übrigens zwei Fliegen mit einer Klappe: Denn die Aufladestationen für Elektroautos müssten nicht asphaltiert werden. Das Auto mal schnell im Park aufladen – so stellt sich Prettenthaler die Zukunft vor. Zuletzt müsse die neue Stadtregierung alle aktuell diskutierten Verkehrskonzepte vom S-Bahn-Ring bis zur U-Bahn auf ihre Klimaverträglichkeit prüfen. "Das sollte man einmal ehrlich durchrechnen."

Saubere Fernwärme

Auch im Bereich "Wohnen" hat Prettenthaler klare Vorschläge: Es brauche einen Plan um die Fernwärme Graz, die größte Heizung der Steiermark, emissionsfrei zu machen. "Das sind ganz konkrete Projekte, bei denen die neue Stadtregierung durchaus aufs Tempo drücken sollte", schließt er.

Forscht am Dach des Science Towers: Franz Prettenthaler. | Foto: kk
Gartengestaltung über den Dächern von Graz. | Foto: KK
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