Interview mit Sigrid Spath
"Wo sind die Leute, die arbeiten?"

Die Obfrau des Lebensmittelhandels: Sigrid Spath | Foto: Foto Jörgler
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WOCHE: Der Lebensmittelhandel galt als Krisengewinner. Auch weil die Läden immer offen halten durften. Bestätigen Sie diesen Eindruck?
Sigrid Spath: Zur damaligen Zeit schon, aber man vergisst sehr schnell, wenn es wieder besser geht. Das ist einfach Normalität bei den Menschen. Die Helden des Alltags des Lebensmittelhandels vergisst man schnell wieder. Das ist eigentlich schade. Muss es immer zu einer Krise kommen, damit man weiß, wer die Nahversorgung aufrecht erhält?

Hält dieser positive Aufwärtstrend also nicht an?
Es ist schon noch. Es wäre sehr schön, wenn die regionale Denkweise länger anhalten würde und es dafür keine Pandemie benötigt. Wenn man in dem Ort einkauft, wo man wohnt, fördert man einen Kreislauf, der jedem zugute kommt. Über die kurzen Wege für unsere Umwelt spreche ich gar nicht.

Die aktuelle Teuerungswelle macht auch vorm Lebensmittelhandel nicht halt. Spürt die Branche die Inflation beim Kaufverhalten der Kunden bereits?
Noch nicht. Ich glaube, dass man es bei den Lebensmittel auch nicht so spüren wird, wie etwa in der Baubranche.

Sigrid Spath im Gespräch mit WOCHE-Redakteur Alois Lipp | Foto: Foto Jörgler
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Große Lebensmittelhandelsketten setzen verstärkt auf Online-Handel und Zustellung. Kommen die kleineren Einzelhändler da mit?
Es machen sehr viele Kleine auch schon mit. Es wird in Zukunft immer mehr gefragt sein, weil die Menschen immer weniger Zeit haben einkaufen zu gehen. Es ist eine angenehme Sache, wenn mein Einkauf vor der Tür steht. Dass es natürlich etwas kostet, muss jedem klar sein. Gratis wird es nicht gehen. Ich lebe hauptsächlich von meiner Persönlichkeit. Das man dann mit den Menschen nicht mehr sprechen kann, tut schon weh. Da bleibt so viel auf der Strecke.

Wieviele solcher kleinen Kaufleute hat die Steiermark überhaupt noch?
Wir sind insgesamt 400 Lebensmitteleinzelhändler in der Steiermark.

Wo sehen Sie die Branche in der Zukunft?
Durch Corona hat es natürlich einen Push gegeben. Man darf nicht vergessen, Umsatz ist nicht Gewinn. Das ist der große springende Punkt und das wird auch in Zukunft nicht anders sein. Mit der ganzen Aktionitis ist es für kleinere immer schwieriger mitzuhalten und die Kosten zu decken. Das wird nicht einfach, wenn man keine große Fläche hat. Deshalb wird der Weg dorthin gehen, dass auch bei den selbstständigen Einzelhändlern die Flächen immer größer werden.

Spath betreibt den Genussladen in Hitzendorf, der auch Treffpunkt für Jung und Alt ist. | Foto: Foto Jörgler
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Wird sich die Digitalisierung auch noch stärker im Lebensmittelhandel bemerkbar machen, etwa durch Selbstbedienungskassen?
Ich glaube nach wie vor, dass man in einem Markt, wo Kunden den Mitarbeiter noch kennen, dort wollen Kunden mit der Person sprechen. In Graz geht man vielleicht nicht mit dieser Erwartungshaltung hinein, am Land ist das anders. Der Aspekt, warum es Zukunft haben könnte, sind unsere fehlenden Mitarbeiter. Wo sind die Leute, die arbeiten? Wenn ich niemanden finde, dann muss ich dort ein technisches Gerät hinstellen. Die Lehre attraktiver zu machen, ist unser großes Ziel, denn mit einer Lehre kann man alles machen.

Die Sonntagsöffnung ist auch ein brennendes Thema, was halten Sie davon?
Ich bin ein totaler Gegner der Sonntagsöffnung. Eine solche Öffnung kostet uns auch als Unternehmer viel Geld. Das muss uns allen klar sein. Ich kann mir am Sonntag nicht zehn Mitarbeiter leisten. Am Montag habe ich einen anderen Kostenfaktor, als am Sonntag. Es bringt nichts, außer in reinen Fremdenverkehrsorten, wo die Saison nur eine gewisse Zeit dauert.

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