Kanzler will AMS-Bezüge nicht erhöhen
Arbeitslose Österreicher können auch als Erntehelfer Geld verdienen
Durch die Corona-Krise ist die Arbeitslosigkeit explodiert, aktuell sind etwa 500.000 Österreicher ohne Beschäftigung. Seit dem Beginn der Corona-Krise und des Shutdowns der Regierung haben 200.000 Väter und Mütter, Alleinsorgende und Pflegende, Jugendliche und Singles ihren Job unverschuldet verloren und müssen nun mit rund der Hälfte ihres Einkommens das Auslangen finden. Denn laut Regierung hat Österreich ein sehr hohes Arbeitslosengeld im internationalen Vergleich. Faktisch hat Polen ein noch niedrigeres. Und: Die Regierung will das Arbeitslosengeld nicht erhöhen, um Anreize zu setzen, arbeiten zu gehen. Doch das ist faktisch garnicht möglich: Denn auf 517.000 Arbeitslose kommen derzeit nur 57.600 offene Stellen. Das bedeutet, dass nur jeder Zehnte aktuell theoretisch eine neue Stelle finden kann.
ÖSTERREICH. Auch der Chef-Ökonom der Arbeiterkammer Markus Marterbauer übt am Rettungspaketen der Regierung Kritik. Seiner Meinung nach müsse das Arbeitslosengeld sofort erhöht werden. Die von der Regierung vorgesehene Einmalzahlung von 450 Euro für AMS-Bezieher, die von Juli bis September zwei Monate arbeitslos waren, sei eine „große Enttäuschung." Das sagt Marterbauer im Ö1 Morgenjournal. Er fordert, dass das Arbeitslosengeld auf 70 Prozent erhöht wird. Weiters fordert er Qualifizierungs- und Fachkräfte-Ausbildungsprogramme, um Menschen wieder zurück auf den Arbeitsmarkt zu bringen.
Nach der gestrigen ZiB im @orf wollen wir klarstellen: Nein, das #Arbeitslosengeld in Österreich ist NICHT eines der höchsten! Der #Europavergleich macht sicher: Da ist noch viel Luft nach oben! pic.twitter.com/XIEdoWOk1i
— GPA-djp (@GPAdjp) June 16, 2020
Arbeitslosengeld nur in Polen niedriger
Der Bundeskanzler sieht das andres. In der ZIB 2 sagt er, er wolle das Arbeitslosengeld nicht erhöhen, weil "wir im internationalen Vergleich hier teilweise ein höheres Arbeitslosengeld haben als viele andere Staaten.“ Doch dies ist schlichtweg falsch: Tatsächlich hat Österreich im internationalen Vergleich mit 55 Prozent ein sehr geringes Arbeitslosengeld. Andere europäische Staaten, wie die Schweiz (79%), Portugal (76%), Dänemark (74%) oder die Niederlande (74%), haben deutlich höhere Nettoersatzraten. Noch niedriger als in Österreich ist das AMS-Geld etwa in Polen und Rumänien.
BK @sebastiankurz behauptete in der #ZiB2, dass wir ein höheres #Arbeitslosengeld als viele andere Länder in Europa haben.
— Gerhard Antes (@GerhardAntes) June 15, 2020
Die Zahlen sagen jedoch etwas anderes. 👇 pic.twitter.com/F1oRyW7PeS
Vielleicht können die Menschen nicht arbeiten, weil es zu wenig (passende) Stellen gibt. Ich weiß es nicht. #Arbeitslosengeldpic.twitter.com/8xaA48AJza
— Mevlüt Kücükyasar (@MevluetK) June 16, 2020
Gut, dass weiter über #Nettoersatzrate und #Arbeitslosengeld diskutiert wird. Marco Pühringer zum gestrigen Interview: "Dabei verbreitet er nicht nur Unwahrheiten, sondern zeigt auch: Die ÖVP stellt sich schützend vor den Billiglohnsektor." https://t.co/K0C4dtqf0j
— Arno Niesner ☼ (@ArnoNiesner) June 16, 2020
"Es muss attraktiv sein, arbeiten zu gehen, etwa als Erntehelfer"
Als Gründe für die Nichterhöhung des AMS-Geldes nennt der Kanzler, es müsse attraktiv sein, arbeiten zu gehen. Auch als Erntehelfer. Kurz in der ZIB 2: „Es muss nach wie vor attraktiv sein, arbeiten zu gehen, gerade in niedrig qualifizierten Bereichen“ – von den Erntehelfern bis zu gewissen Jobs im Tourismus." Erntehelfer berichten von Stundenlöhne von 3,80 €. Um den Lohn so niedrig zu halten, werden aus ganz Osteuropa billige Arbeitskräfte nach Österreich geholt. Die Nacht verbringen die Billigarbeiter Substandard-Zimmern. Ein Bild von einer derartigen Unterkunft machte auf Twitter die Runde. Zu elft waren die Erntearbeiter hier einquartiert, um zu schlafen. Dafür bezahlten sie pro Kopf 4 Euro am Tag.
So sehen die Unterkünfte aus in denen rumänische Erntehelfer*innen in Österreich untergebracht werden. Sie schlafen bis zu elft im "Zimmer" - und das in Coronazeiten!
— Flavia Matei (@Flavvvmatei) June 12, 2020
Dieses "Angebot" kostet sie 4 €/Tag.
Ihrer Stundenlohn: 4€/Std.
Ich bin einfach wütend.#spargelpic.twitter.com/j82T9d7wt6
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