Region Südweststeiermark
Erster Wegweiser für Photovoltaik

Im Rathaus von Groß St. Florian ist der steiermarkweit erste Wegweiser zum Ausbau von Photovoltaik-Anlagen in der Region Südweststeiermark vorgestellt worden, ein Thema mit Spannungspotenzial.

GROSS ST. FLORIAN. Die letzen Wochen und Monate haben es glasklar vor Augen geführt: Die Region Südweststeiermark ist prädestiniert für Sonnenenergie, zumindest wenn es nach der Anzahl der Sonnenstunden geht. Außerdem macht die Ukrainekrise einmal mehr deutlich, dass wir eine energietechnische Unabhängigkeit anstreben müssen. Photovoltaik wird dabei als effiziente Lösung für erneuerbare Energie propagiert.

Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz

Die Europäische Union und die Republik Österreich haben sich dem Ausbau der erneuerbaren Energie verschrieben. Dazu gibt es mit dem im Juli 2021 geschaffenen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz jetzt bundesweite Zielvorgaben. Dabei ist auch der Ausbau von Photovoltaik bis in das Jahr 2030 als Grundstein zum Gelingen der Energiewende formuliert. 



Zum Erneuerbaren Ausbau Gesetz

Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist ein umfassendes Gesetzespaket, das die Rahmenbedingungen für den Umbau des österreichischen Stromsystems hin zu – über das Jahr betrachtet – 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen schaffen wird. Laut Regierungsprogramm soll dieses Ziel 2030 erreicht werden. Dafür müssen erneuerbare Erzeugungskapazitäten im Ausmaß von 27 TWh errichtet werden. Zum Vergleich: Derzeit werden in Österreich rund 74 TWh Strom pro Jahr erzeugt.

Viele haben privat bereits Solarpaneele an den Dächern ihrer Häuser installiert, um das hauseigene Warmwasser, die Heizung oder auch das E-Auto autark mit Strom zu betanken. Der PV-Ausbau soll auch primär auf Dachflächen erfolgen. Allerdings werden diese zur Erreichung der ehrgeizigen Zielsetzung nicht ausreichen, es werden also auch Freiflächen erforderlich sein.

Da die Gemeinden für die Umwidmung der Flächen zum PV-Ausbau in größeren Dimensionen zuständig sind, werden diese vermehrt mit Fragen zu Planung und Umwidmung konfrontiert:

  • Wo darf ich einen Photovoltaik-Anlage errichten?
  • Wie steht es mit einem Anschluss zum Netzbetreiber?
  • Welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind zu berücksichtigen?
  • Welche Förderungen können angezapft werden?
  • Besteht die Möglichkeit für eine Doppelnutzung?

Vorreiter in der Steiermark

Diese und viele andere Fragen werden jetzt im nagelneuen "Wegweiser zum Ausbau der Photovoltaik in der Region Südweststeiermark" für Flächen ab 400 m2  beantwortet, der erste seiner Art in der ganzen Steiermark und wahrscheinlich auch in ganz Österreich.

Dazu ist für die Region Südweststeiermark eine Analyse möglicher Freiflächen für Photovoltaikanlagen erstellt worden, nämlich in enger Zusammenarbeit von Regionalmanagement und der Regionalentwicklung Leitner & Partner ZT GmbH. Für diese detaillierte Analyse wurden rund 190.000 Grundstücke untersucht wie auch das GIS-Modell (Geoinformationssystem) zur Anwendung gekommen ist.

Auf dieser Basis ist ein Wegweiser zum Ausbau der Photovoltaik in der Südweststeiermark erarbeitet worden, der einen Überblick zu wesentlichen rechtlichen, technischen und fachlichen Grundlagen gibt. Der druckfrische Wegweiser wurde einstimmig bei der letzten Regionalversammlung verabschiedet und liegt in allen Gemeindeämtern auf und ist online abrufbar.

Kürzlich wurde das 50 Seiten starke Druckwerk, das der Regionalverband Südweststeiermark gemeinsam mit dem Land Steiermark und der Regionalentwicklung aufgelegt hat, im neuen Begegnungszentrum im  Rathaus von Groß St. Florian präsentiert.

"Wir haben in den Bezirken Leibnitz und Deutschlandsberg erstmals das Potenzial untersucht, wie man die Energiewende mit Photovoltaik umsetzen könnte. Dabei haben wir unter Berücksichtigung sämtlicher Interessen eruiert, wo Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen realistisch sind und wo nicht. Sind Kombinationen mit einer touristischen Nutzung möglich oder auch mit einer landwirtschaftlichen Nutzung im Sinne der Ernährungssicherheit", erklärt dazu NAbg. Joachim Schnabel, Bürgermeister von Lang und Vorsitzender der Region Südweststeiermark.

Dach vor Freifläche

Dabei gilt die Prämisse Dachfläche vor agraischer Fläche mit Doppelnutzung und vor Freifläche. Ein gutes Beispiel für die so wertvolle landwirtschaftliche Nutzung in Kombination mit Photovoltaik wäre die Haltung von Legehennen oder auch der Obstbau, wobei die Solar-Paneele als lichtdurchlässiger Hagelschutz verwendet werden, wie es schon in der Oststeiermark praktiziert wird.

"Es braucht vernunftbasierte Lösungen, um in einem sinnvollen Entscheidungsmix die notwendige Energiewende zu schaffen. Mit diesem Wegweiser wagen wir einen Schritt, um über Gemeindegrenzen hinweg gedacht und geplant unseren Beitrag zu leisten und unsere sowie die Zukunft unserer Kinder aktiv mitzugestalten."
NAbg. Bgm. Joachim Schnabel, Vorsitzender der Region Südweststeiermark

Der Begegnungsraum im Rathaus von Groß St. Florian war Schauplatz der Präsentation für den landesweit ersten Wegweiser in Sachen Photovoltaik.
 | Foto: Susanne Veronik
  • Der Begegnungsraum im Rathaus von Groß St. Florian war Schauplatz der Präsentation für den landesweit ersten Wegweiser in Sachen Photovoltaik.
  • Foto: Susanne Veronik
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Joachim Schnabels Stellvertreterin im Regionsvorsitz LAbg. Bernadette Kerschler ist überzeugt: "Dieser Wegweiser ist ein gutes, übersichtlich gestaltetes Instrument für unsere Bürgermeister, um bei den vielen Fragen auch mit den entsprechenden Informationen gewappnet zu sein."

"In Zukunft muss es unser Ziel sein, die Sonne verstärkt als Stromquelle zu nutzen. Photovoltaik bietet dabei viele Chancen aber auch viele Herausforderungen. Es ist daher ganz wichtig, Gebäude und Dächer als Energieproduktionsstätten zu sehen und zu nutzen. Neben dieser wichtigen Möglichkeit werden wir aber auch über sinnvolle und umweltverträgliche Freiflächen nachdenken müssen, die sich gut ins Landschaftsbild einbringen. Was wir wissen ist, dass es Zukunftsstrategien auf allen Ebenen braucht - die Südweststeiermark und Ihre Gemeinden werden ihren Teil dazu beitragen."
LAbg. Bernadette Kerschler, Stellvertretende Vorsitzende der Region Südweststeiermark

Aus Sicht der Bürgermeister

Doch wie sehen der Bürgermeister selbst diesen nagelneuen Wegweiser? Wir haben dazu gleich den Hausherren selbst, Bgm. Alois Resch aus Groß St. Florian befragt, auch wenn es hier noch keinen großen Ansturm zum Thema Photovoltaik gibt.

"Dieser Wegweiser ist für die Gemeinden schon sehr wertvoll und hilfreich, damit wir den jeweiligen Grundstückseigentümern und Werbern fundiert erklären können, warum manche Flächen geeignet sind und manche weniger. Dabei muss man aber immer den Blick auf das Gesamtbild in den Gemeinden und in der Region behalten, um wertvolle landwirtschaftliche Flächen zu erhalten."

Netzzugänge als großes Thema

Dabei sind die Werber oft schon sehr gut über die rechtlichen Hintergründe vorbereitet, wenn sie bei der Gemeinde anklopfen. Vor allem Investoren-Vertreter:innen wissen genau, welche Bedingungen gelten. Dabei geht es aber auch schon um Flächen in Hektar-Größen. Außerdem gibt es Grundstückseigentümer:innen, die selbst einen Antrag zur Umwidmung stellen. Gerade bei diesen privaten Anfragen sei laut Rech dieser Wegweiser ein zielführendes Hilfsmittel zur Gestaltung. Oft sind allerdings entsprechende Widmungen eine Voraussetzung, um überhaupt erst Auskünfte zu den möglichen Anschlüssen und Netzzugängen zu erhalten, "da beißt sich die Katze in den Schwanz", meint Resch.

Immerhin ist jetzt schon eine Bewegung von Seiten der Energieträger bemerkbar, um Trafo-Stationen auszubauen und Zugänge für die Kunden zu ermöglichen. "Die Dächer sind natürlich zu bevorzugen, aber nicht immer möglich, um die Einspeisung an das Ortsnetz zu gewährleisten", vermerkt Resch, der selbst ein Elektrounternehmen führt.

Landwirtschaft den Vorrang geben

"Wir haben uns bei der Erstellung der Karten im Wegweiser an den gesetzlichen Vorgaben orientiert sowie an der Möglichkeit zur Einspeisung und zum Abtransport des Stromes über die bestehende Leitungsinfrastruktur. Demnach sind Freiflächen für Photovoltaik primär in den Tallagen möglich", betont Lasse Kraack, GF um EU Regionalmanagement Südweststeiermark und räumt ein: 

"Allerdings kann es so zu einer Mehrfachbelastung der Flächen in den Tallagen kommen, wo einerseits eine entsprechende Leitungsinfrastruktur gegeben ist und zugleich unsere besten Ackerflächen".

Lasse Kraack, GF um EU Regionalmanagement Südweststeiermark

Gerade hier haken die beiden Obmänner der Landwirtschaftskammern Leibnitz und Deutschlandsberg ein: Dass die Landwirtschaft zur Grundversorgung mit Lebensmitteln  vorrangig ist, führt uns die Corona-Krise ebenso vor Augen. Zugleich ist eine möglichst  autarke Energieversorgung essentiell, wie die Ukraine-Krise einmal mehr verdeutlicht.

Die Gestaltung der Freiräume kann also nur in einem sinnvollen Miteinander geschehen. "Bei der Entscheidung der Gemeinden zur Umwidmung besagter Freiflächen ist es daher wichtig, dass der Fokus auf die Versorgung mit regionalen Lebensmitteln gesetzt wird. Daher setzen wir uns als Landwirtschaftskammer und bäuerliche Interessensvertreter dafür ein, dass das Augenmerk bewusst darauf gelegt wird, wo die besten Ackerflächen bestehen und somit eben keine ausschließliche Bioenergienutzung möglich ist", betont Christoph Zirngast, Kammerobmann im Bezirk Leibnitz.

Die Obmänner der Landwirtschaftskammern Leibnitz und Deutschlandsberg Christoph Zirngast aus dem Bezirk Leibnitz (l.) und Christian Polz aus Frauental stehen zum Erhalt landwirtschaftlicher Flächen bei entsprechend adaptierter Gewinnung erneuerbarer Energie. | Foto: Susanne Veronik
  • Die Obmänner der Landwirtschaftskammern Leibnitz und Deutschlandsberg Christoph Zirngast aus dem Bezirk Leibnitz (l.) und Christian Polz aus Frauental stehen zum Erhalt landwirtschaftlicher Flächen bei entsprechend adaptierter Gewinnung erneuerbarer Energie.
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Deutschlandsbergs Kammerobmann Christian Polz unterstreicht die Einstellung seines Kollegen und macht auf eine Besonderheit im Bezirk Deutschlandsberg aufmerksam:

"Im Bezirk Deutschlandsberg steht nur ein Drittel jener Ackerflächen zur Verfügung, die laut WHO zur Eigenversorgung nötig wären. Wir haben also eine herrlichen Landschaft aber nur wenige Ackerböden. Diese sind vor allem in den Tälern angelegt. Dabei ist das Laßnitztal schon ziemlich verbaut und gerade im Sulmtal gilt es, die Ackerflächen dringend zu erhalten", macht Polz auf einen sorgsamen Umgang mit den Freiflächen für die Gewinnung von Sonnenenergie aufmerksam.

Somit liegt es jetzt an den Gemeinden, bei etwaigen Umwidmungen den Spagat zu schaffen, ausreichend Flächen zur Versorgung mit Lebensmitteln zu erhalten und zugleich Möglichkeiten zur alternativen Energiegewinnung zu schaffen.

Mehr auf www.eu-regionalmanagement.at

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