Hürden für die Nachtgastronomie
Die Partys müssen weiter warten (+ Video)

Solche großen Partys müssen noch länger warten: Aktuell wird im Almrausch Lannach nur via Livestream im Internet gefeiert. | Foto: Almrausch
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Die Gastronomie öffnet, aber nur bis 22 Uhr. Für Nachtclubs und vor allem Discos eine Herausforderung. Ein Lokalaugenschein im Bezirk Deutschlandsberg.

LANNACH/DEUTSCHLANDSBERG. "Das ist eine Regelung, die bringt bei uns gar nichts." Die Sperrstunde um 22 Uhr lässt die einzige Diskothek im Bezirk, das Almrausch in Lannach, immer noch nicht öffnen, wie Betreiber Horst Pertl erklärt. "Wir sperren um 20 Uhr auf, die Leute kommen zwischen 21 und 23 Uhr. Das ist sinnlos." Frühere Öffnungszeiten würden vielleicht im Sommer mit einem Freibereich Sinn machen, echte Einnahmen kann sich Pertl kaum vorstellen. "Ein richtiger Vollbetrieb einer Disco kann um 18 Uhr nicht funktionieren."

Abwartend, aber optimistisch: Almrausch-Betreiber Horst Pertl | Foto: Michl
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Seit März 2020 hatte das Almrausch nur rund einen Monat geöffnet: im letzten Herbst, bis die Gastronomie Anfang November zusperren musste. Mit höchstens 250 zugelassenen Gästen ein Minusgeschäft für die Disco. Die, entgegen mancher Gerüchte, nicht zusperrt, wie Pertl versichert.

Keine Sicherheit

Er bekommt finanzielle Unterstützungen wie Ausfallsbonus, Fixkosten- und Umsatzersatz. "Allerdings kommt alles sehr, sehr spät", kritisiert Pertl. "Vom Antrag bis zur Auszahlung vergehen Monate. Planen kann man gar nichts." Die Ungewissheit ist die größte Herausforderung. "Wir sind ein Betrieb mit Arbeitsplätzen, mit einer Sozial- und Steuerleistung. Da sind Risiken und Verantwortung dahinter, und die muss irgendwer übernehmen. Das bleibt momentan beim Unternehmer."

"Wir waren die ersten, die zusperren mussten, und werden die letzten sein, die wieder aufsperren dürfen."
Horst Pertl, Almrausch Lannach

Von Pertl wurde kein einziger Mitarbeiter entlassen. Sie sind entweder in Kurzarbeit oder, wie Teilzeitangestellte, auf eigenen Wunsch ausgeschieden. "Die Leute wollen arbeiten und etwas verdienen", versteht der Unternehmer. 15 Mitarbeiter hatte er noch vor einem Jahr, die immer weniger wurden. Viele wären bereit, zumindest auf Teilzeit, wieder zu kommen. Das Personal hätte er schnell beisammen, wenn er wieder aufsperren dürfte. Für einen Vollbetrieb würde er zwei Wochen Vorlaufzeit brauchen, um alles hochzufahren.

Im Video:

Lokalaugenschein in der Deutschlandsberger Nachtgastronomie

Warten auf die Sperrstunde

Wann das so weit sein kann, ist eben ungewiss. Tourismusministerin Köstinger kündigte letzte Woche ein Ende der Sperrstunde um 22 Uhr bis spätestens Juli an. "Wir haben schon so viel gehört. Das sind alles keine Planungsgrundlagen", bleibt Pertl abwartend. "Ich wäre schon froh, wenn wir im Sommer zumindest bis 1 oder 2 Uhr aufsperren könnten, mit eingeschränkter Besucherzahl." Maskenpflicht im Sommer könnte sich der Discobetreiber schwer vorstellen. "Dann kommen die Leute nicht." Fixe Sitzplätze könnten hingegen funktionieren.

Zur Sache

In Österreich gibt es rund 3.000 Betriebe in der Nachtgastronomie, die also zwischen 22 und 6 Uhr ihr Hauptgeschäft lukrieren. Laut dem Verband Österreichischer Nachtgastronomen sind davon 60 bis 70 Prozent insolvenzgefährdet.

Frühere Öffnungszeiten, mehr Sitzplätze

Geöffnet hatte am Samstag wieder "Das Hinterhof" in Deutschlandsberg, zum ersten Mal seit November. Werner Polz-Lari versucht den Neustart mit einer Öffnungszeit ab 15 Uhr. Um 21:50 Uhr beginnen zwei Türsteher, das Gelände (auch Außenflächen) zu räumen.

Werner Polz-Lari freut sich auch auf den eingeschränkten Neustart. | Foto: Michl
  • Werner Polz-Lari freut sich auch auf den eingeschränkten Neustart.
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Jetzt nicht aufzusperren, ist für den Gastwirt keine Option. "Wir haben die Regeln einzuhalten, aber wollen der Jugend am Wochenende trotzdem ein bisserl was geben." Mit festen Sitzplätzen und QR-Codes zur Registrierung. Jetzt fehle nur noch die Sperrstunde um 1 Uhr, so wie im letzten Jahr. "Das hat super funktioniert", berichtet Polz-Lari. "Wenn wir das wieder kriegen, darf ich mich nicht beschweren." Mit normalen Öffnungszeiten rechnet er erst im nächsten Jahr.

"Die kleinen Sachen werden wieder mehr kommen, kleine Bars, so wie vor 30 Jahren."
Werner Polz-Lari, "Das Hinterhof" Deutschlandsberg

Auch über finanzielle Unterstützung will er sich nicht beschweren, wenn auch seine Gelder erst ein paar Wochen nach dem Antrag kommen. Und ohne Steuerberaterin wäre es auch bei ihm nicht gegangen. Die Förderungen wurden investiert, u.a. in einen Umbau mit mehr Sitzflächen. Es brauche jetzt vor allem Gastgärten, meint Polz-Lari: "Viele wollen in der Stadt um 22 Uhr schlafen. Aber wenn uns die Gemeinden in dieser Situation nicht die Gelegenheit für mehr Außenflächen bieten, dann wird’s in der Stadt noch ruhiger." Für den Gastronomen ist aber auch klar: "Wenn die Zahlen wieder raufgehen, lass ich mich auf nichts ein. Aber ich bin zuversichtlich und ich freu mich schon."

Kommentar zum Thema:

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