Schutz aufgehoben
Der Natur (k)ein Denkmal setzen

Die Winterlinde in Übelbach ist alt – man sagt, sie habe gut 2.000 Jahre schon auf "der Krone". | Foto: Christian Pirkl
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  • Die Winterlinde in Übelbach ist alt – man sagt, sie habe gut 2.000 Jahre schon auf "der Krone".
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Das Land Steiermark hat knapp 150 Naturdenkmälern in der Steiermark den Schutz gestrichen. In Graz-Umgebung fiel dieser Status 21 Denkmälern zum Opfer. Die Berg- und Naturwacht Ortsstelle Gratkorn erklärt der WOCHE, wie das zustande kommen kann.

Am Hof der Familie Katzbauer vulgo Lambacher in der Marktgemeinde Übelbach thront eine Winterlinde, der man ein stolzes Alter von über 2.000 Jahren nachsagt. So genau lässt sich das aber nicht bestimmen, fehlt doch das Kernholz. Man sagt, das sie bereits im Römischen Reich als markanter Wegpunkt in Militärkarten eingezeichnet wurde. Mit ihrem immensen Umfang von gut 13 Metern kann die Linde ebenso beeindrucken – und gilt damit als steirischer Rekordhalter.

Die prächtige Linde in Übelbach hat einen enormen Durchmesser. | Foto: OberGraz
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Dieses kostbare Stück Natur ist nur eines von vielen, das in Graz-Umgebung als Naturdenkmal eingestuft wurde (mehr dazu siehe weiter unten). Ein Naturdenkmal ist eine "hervorragende Einzelschöpfung", die aus mehreren Gründen unter Schutz steht. Etwa aufgrund der wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder kulturellen Bedeutung oder wegen ihrer Schönheit und Seltenheit. Knapp 700 solcher Naturdenkmäler gibt es in der Steiermark – doch vor rund einer Dekade waren es noch 151 mehr. Das Land Steiermark hat so einigen Bäumen, Schluchten, Felsen oder Gletscherspuren den Status aberkannt. In Graz-Umgebung wurden die meisten Denkmäler von der Liste gestrichen, ganze 21. Bei allen Naturdenkmalen im Bezirk, denen der Schutz aberkannt wurde, handelt es sich um sehr alte Bäume. Insgesamt gibt es noch 112 Naturdenkmäler im Bezirk, davon 74 im Norden.
Landesrätin Ursula Lackner begründete das Vorgehen mit der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit etwa durch Alter beziehungsweise Zustand des Naturdenkmals. Vorab wurde aber nach Alternativen gesucht: "Vor jeder Aufhebung eines Naturdenkmals werden stets sämtliche Alternativen geprüft. Die Aufhebung eines Baum-Naturdenkmals stellt bei der Entscheidungskaskade ausschließlich die letzte Eventualität dar, sofern jegliche anderen Lösungs-Möglichkeiten nicht umsetzbar sind", so Lackner.

Keine Willkür

Seit 1979 kümmert sich die Berg- und Naturwacht Ortsstelle Gratkorn um den Schutz der Natur und die Pflege der Landschaft. Das Einsatzgebiet Gratkorn, Gratwein-Straßengel, Stiwoll und St. Oswald bei Plankenwarth umfasst gut 146 Quadratkilometer, darunter auch zwei EU-Schutzgebiete, drei Landesschutzgebiete, fünf geschützte Landschaftsteile und drei Naturschutzgebiete. Elf Naturdenkmäler werden von den Mitgliedern betreut, drei mussten sie allerdings von ihrer Liste durch das Vorgehen des Landes streichen.
"Es ist schon schade, aber willkürlich werden diese Naturdenkmäler nicht von ihrem Schutz befreit", verrät Einsatzleiter Josef Turnsek der WOCHE. "Das hat schon einen Grund. Hier geht es um Gefahr für die Bevölkerung." So musste, wie er ausführt, etwa in der Kehr eine Linde daran glauben, die direkt an der Straße lag und mit ihren Ästen bei Unwettern als Sorgenkind für Anrainer und Autofahrer galt. Oder eine Linde in Tallak, die durch den Sturm Paula derart beschädigt wurde, dass niemand mehr für sie haften wollte. "Die Linde war schon 300 Jahre alt. Aber da hat die Natur selbst eingegriffen." 

Sanierung ist kostspielig

Aber auch Eigentümer und Grundstücksbesitzer haben einen gewissen Einfluss auf den Status eines Naturdenkmals. "Wenn ein Eigentümer zum Beispiel die Sanierung nicht mehr bezahlen kann und sonst niemand da ist, dann wird das ein zu kostspieliges Unterfangen. Da steckt viel Arbeit dahinter, die kaum übernommen werden kann. Die Feuerwehr muss anrücken, alles sauber machen. Das kann fast keiner mehr zahlen", so Turnsek. Allerdings könnte jedermann die Finanzierung für derart gefährdete Denkmäler übernehmen: "Wer Geld und Zeit dafür hat, kann das gerne tun. Wir freuen uns auf Unterstützung."

Weiternutzung forciert

Auch wenn ein Denkmal aufgehoben werden muss, wird eine Weiternutzung des entfernten Baumes forciert. Damit soll das Denkmal weiterhin ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems sein. In einer Stellungnahme, die die Grünen unter Klubobfrau Sandra Krautwaschl von Lackner forderte, heißt es dazu: "Ebenso ist anzuführen, dass selbst bei einer unabwendbaren Aufhebung eines Baum-Naturdenkmals gemeinsam mit den Eigentümern stets versucht wird, die wertvollen Alt-/Totholz-Strukturen an gleicher oder an anderer geeigneter Stelle dauerhaft zu lagern und somit diesen seltenen Lebensraum weiterhin zu erhalten."

Folgende Naturdenkmäler sind in Graz-Umgebung von der Liste gestrichen worden:

  • Gratwein-Straßengel (Eisbach): Weide
  • Stattegg: Winterlinde
  • Semriach: zwei Sommerlinden, Stieleiche (auf der Taschen)
  • St. Radegund: zwei Winterlinde, Kirschbaum
  • Lassnitzhöhe: Nordmannstanne
  • Hausmannstätten: Sommerlinde
  • Thal: Mispel
  • Pirka: Sommerlinde (Doppellinde)
  • Frohnleiten: Winterlinde
  • Gratkorn: Stieleiche
  • Krumegg: zwei Edelkastanien
  • Zettling: Sommerlinde
  • Hof-Präbach: Edelkastanie, Mostbirnbaum
  • Zettling: Stieleiche
  • Lieboch: Roßkastanie
  • Weinitzen: Winterlinde

Auszug aus Naturdenkmälern in Graz-Umgebung Nord:

Blutbuchen in Deutschfeistritz

  • Gleich mehrere Bäume stehen in Deutschfeistritz in einem Landschaftsschutzgebiet. Darunter eine rund 150 Jahre alte Blutbuche. Ihr Name kommt von der blutroten Färbung der Blätter.
  • Die Germanen verehrten die Blutbuche, sie glaubten daran, aus dem Blätterrauschen zukünftige Ereignisse heraushören zu können.

Traubeneiche am Schartnerkogel

  • Am Forstweg, gut 100 Meter vor einem Jagdhaus steht eine Traubeneiche, die wohl schon über 300 Jahre alt ist. Sie könnte, wie viele Traubeneichen, gut 1.000 Jahre alt werden.
  • Der Eiche wird seit jeher enorme Bedeutung zugesprochen; sowohl im Alten Testament als auch in der Antike oder bei den Germanen wird sie erwähnt. Die Kelten sahen in der Eiche den Wettergott Taranis, der für Blitz und Donner verantwortlich ist. 

Efeu auf der Badlwand Peggau

  • Auf der nördlichen Seite der Peggauer Badlwand wächst großflächig eine Efeupflanze empor und bedeckte gar einst mehr als 200 Quadratmeter des Felsens.
  • Dieser Gemeine Efeu ist eine Kletterpflanze und zieht sich mithilfe von Haftwurzeln an Bäumen oder Mauern hoch.
  • Die Badlwand selbst ist schutzwürdig: sie wurde 1844 fertiggestellt und ist ein steirisches Verkehrsbaudenkmal.
Der Efeu an der Badlwand Peggau | Foto: Christian Pirkl
  • Der Efeu an der Badlwand Peggau
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Sommerlinde in Kumberg

  • Direkt neben der Kirche in Kumberg steht eine Sommerlinde, der Stamm hohl ist. Hier könnten mehrere Personen im Inneren Schutz finden.
  • Sie wird auch die "Hundertjährige Linde" genannt.
  • Am Baum selbst ist ein Madonnen-Bild angebracht.
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