Drei Regenbogenfahnen, ein Zebrastreifen und viel Widerstand von oben

- Zum ersten Mal in der Geschichte wurde die Regebogen-Flagge vor dem steirischen Landtag gehisst.
- Foto: Neos Steiermark
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Was in vielen Städten gang und gäbe ist, kommt in der Menschenrechtsstadt Graz nur langsam ins Rollen: Anlässlich des "Christopher Street Day" wird die Regenbogenflagge von einzelnen Parteien nun auf Eigeninitiative hin gehisst. Laut Opposition blockiert vor allem Bürgermeister Siegfried Nagl viele Pride-Initiativen.
"Das ist peinlich für Graz", kritisiert Joe Niedermayer vom Verein RosaLila PantherInnen, dass die Beflaggung mit Regenbogenfahnen anlässlich des "Christopher Street Day" (CSD) in Graz immer noch auf sehr viel Widerstand stößt. Straßenbahnbeflaggung und weitere Aktion wurden teilweise spontan seitens der Koalition abgelehnt und abgedreht, dennoch: "Die parteiübergreifende Unterstützung, die wir erhalten, ist großartig", freut sich Niedermayer darüber, dass sich sowohl Grüne, SPÖ, Neos und KPÖ für das Sichtbarmachen der Regenbogenflagge als Symbol für Gleichstellung und Gleichberechtigung der LGBTIQ+ Community einsetzen.
Auch Anna Robosch von der SPÖ unterstützt den Kampf für Gleichstellung und kritisiert vor allem auch Bürgermeister Siegfried Nagl: "Das ist erbärmlich für unsere Menschenrechtsstadt und für die zweitgrößte Stadt Österreichs. Trotz all dem Widerstand seitens unseres Bürgermeisters werde ich nicht aufgeben, für echte Vielfalt und Repräsentation in Graz zu kämpfen." Die Schlussfolgerung mancher politischer Kollegen, es gäbe nicht so viel Diskriminierung, weil der Antidiskriminierungsstelle nur wenige Fälle vorliegen, schmettert Robosch ab: "Es können gar nicht so viele Fälle aufliegen, weil Diskriminierung im Privatbereich, also beispielsweise bei der Wohnungssuche, noch immer nicht angezeigt werden kann."
Drei Flaggen in Graz
Dass die Murmetropole an diesem Wochenende nun gar keine Flagge zeigt, kommt für manche Parteien also nicht in Frage. So hissten die Neos gemeinsam mit den RosaLila PantherInnen und mit Landtagspräsidentin Manuela Khom die Pride-Flagge erstmals in der Geschichte direkt vor dem Landtag. "Wir setzen ein Zeichen für Gleichberechtigung, Sichtbarkeit und Respekt für die LGBTIQ+ Community", betont Neos-Klubobmann Niko Swatek. Auch Stadträtin Judith Schwentner von den Grazer Grünen hat sich die einzig mögliche Fahnenstange vor dem Rathaus reserviert, um dort die Regenbogenfahne hissen zu lassen. Unterstützt wurde sie unter anderem von Vizekanzler Werner Kogler.

- Auch am Griesplatz hisste der Grazer Bezirksrat rund um Bezirksvorsteher Tristan Ammerer die Regenbogenfahne.
- Foto: Ammerer
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Ebenfalls lässt der Grieser Bezirksrat rund um Bezirksvorsteher Tristan Ammerer den Tag nicht ohne farbenfrohes Zeichen verstreichen, so setzt er sich bereits seit Jänner für eine Beflaggung während des Pride-Monats (Juni) am Griesplatz ein, allerdings ohne Erfolg. "Wir haben einen parteiübergreifenden, einstimmigen Beschluss des Bezirksrats. Uns wurde jedoch im Jänner mitgeteilt, dass es bis Juni keine freien Termine zum Aufhängen der Flagge gibt", so Ammerer, der sich durch möglicherweise in den Weg gelegte Steine nicht verunsichern lässt: "So ignoriert zu werden ist kein Umgang mit der Bezirksdemokratie. Wir werden dagegen protestieren und unsere eigene Flagge hissen." Zudem kritisiert der Grieser Bezirksvorsteher, dass es in der ganzen Stadt kein Projekt gibt: "Bei jedem noch so kleinen Projekt wurde interveniert und es wurde verhindert. Es wirkt, als wolle man nicht offen dazu stehen, ein Problem mit der LGBTIQ+ Community zu haben. Die Community war so verantwortungsbewusst und hat in Coronazeiten ihre Demo abgesagt, obwohl sie nicht müsste. Da jetzt noch jedes Zeichen zu verhindern ist schäbig und unnötig."
KPÖ prüft Regenbogen-Zebrastreifen
Was nun in Graz am Wochenende offiziell passiert, ist die Beleuchtung des Uhrturms in den Regenbogenfarben. Das Problem: Technisch ist es nur möglich, jede Farbe einzeln für 15 Minuten erstrahlen zu lassen. "Da muss man eine Stunde warten, um alle Farben gesehen zu haben", kritisiert Stadträtin Elke Kahr von der KPÖ und Niedermayer von den RosaLila PantherInnen ergänzt: "Diese Uhrturmbeleuchtung ist meiner Meinung nach etwas halbherzig. Ich glaube, das fällt nicht auf."
Dem stimmt auch Kahr zu, die als Verkehrsstadträtin nun ein Vorhaben prüfen lässt: "Es bräuchte ein sichtbares Zeichen von der Stadt Graz. Uns ist es wichtig, eine Gruppe, die es nicht immer leicht hat, sichtbar zu machen. Wir prüfen nun eine passende Örtlichkeit für einen Zebrastreifen in Regenbogenfarben."
Mehr als Symbolpolitik
"Ich möchte auch betonen, dass Heteros erkennen müssen, dass es hier nicht um Symbolpolitik geht, sondern darum, ein Zeichen zu setzen. Wenn sich ein junger Mensch vielleicht gerade die Frage stellt, ob er homosexuell ist, sehen wir, dass solche Symbole helfen und sogar die Suizidrate senken. Für manche Menschen bedeuten solche Symbole die Welt", so Robosch und Niedermayer bestätigt: "Unser Verein macht einerseits Gleichstellungsarbeit – das ist politisch –, andererseits auch Gesellschaftsarbeit. Fahnen betreffen vor allem den letztgenannten Bereich. Sie geben Mut und Kraft, unter anderem wenn man vor einem Coming-Out steht oder sich unsicher ist. Wie ich das erste Mal auf einer Pride-Parade war, hab ich nicht gewusst, was Pride bedeutet, habe es aber gleich gefühlt." Zudem merkt Niedermayer abschließend an: "Man erkennt die Reife einer Gesellschaft daran, wie sie mit Minderheiten und Randgruppen umgeht. Unser Ziel ist es, dass unsere Vereinsarbeit einmal nicht mehr gebraucht wird, aber bis dahin kämpfen wir weiter."

- Parteiübergreifender Zusammenhalt, um ein Zeichen für Gleichberechtigung, Sichtbarkeit und Respekt für die LGBTIQ+ Community zu setzten.
- Foto: KK
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