Gesundheit
Ein fittes Immunsystem nicht nur in der Krise

Waltraud Kundigraber ist Diätologin am Landeskrankenhaus Hartberg. | Foto: LKH Hartberg
  • Waltraud Kundigraber ist Diätologin am Landeskrankenhaus Hartberg.
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HARTBERG-FÜRSTENFELD. Die WOCHE hat sich bei der Diätologin Walraud Kundigraber vom LKH Hartberg über gesunde und ausgewogene Ernährung erkundigt, sowie Tipps zur Stärkung des Immunsystems  - nicht nur in der Corona-Krise!

WOCHE: Vorlieben, Essverhalten und -gewohnheiten sind sehr individuell. Wie lautet Ihre persönliche Philosophie, wenn es ums Essen geht?
WALTRAUD KUNDIGRABER: Essgewohnheiten und -vorlieben sind ein stetiger Erfahrungs- und Lernprozess und solange man gesund bleibt, ist das in Ordnung. Spätestens, wenn die ersten ernährungsabhängigen Erkrankungen auftauchen, ist es an der Zeit, sich Gedanken über sein Essen und Trinken zu machen. Bestenfalls startet man bewusst mit den ersten Umsetzungsideen zur Verbesserung. Gute Erfahrungen sollen beibehalten werden und von nicht funktionierenden sollte man sich trennen. Meine Philosophie ist „Tu dem Körper etwas Gutes, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen“ - ein Zitat von Winston Churchill.

Low Carb, Vegan oder Superfood. Otto Normalverbraucher wird geradezu überschwemmt mit Ernährungstipps. Wie finde ich Orientierung?
Jeder neue Trend hat in seinem Ursprung eine Idee und Philosophie. Eine neue Kostform für 1 bis 3 Wochen kritisch auszuprobieren, kann Gesunden in den meisten Fällen nicht schaden. Sinnvoll ist es, zuvor eine Gesundenuntersuchung beim Arzt durchzuführen, um eventuelle Veränderungen durch die Kostform später sichtbar machen zu können. Entschließt man sich, die Kostform beizubehalten, sollte nach einem halben bis einem Jahr eine Kontrolle erfolgen. Fehlen Lebensmittel, sollte man sich überlegen, wie man diese ersetzen kann. Im Bereich Superfood ist die wichtigste Botschaft: Viel bedeutet nicht gleich besser, sondern kann Schaden anrichten, oft gibt es Wechselwirkungen zu eingenommenen Medikamenten.

Wie schaut es mit Diättrends bei Menschen mit Vorerkrankungen aus?
Menschen mit Vorerkrankungen sollten sich zuvor bei einem Diätologen, einem Ernährungsmediziner oder einem Oecotrophologen mit Zusatzausbildung in angewandter Ernährungsmedizin beraten lassen. Durch den Vergleich mit der Gesundheitspyramide (www.gesundheit.gv.at) des Gesundheitsministeriums lässt sich leicht erkennen, ob Ernährungstrends oder Diäten bedarfsdeckend sind. 

Sollte man dem Stoffwechsel auch mal längere Pausen ohne Kalorienzufuhr gönnen, sozusagen zur Erholung ? Stichwort: Intervallfasten
In einer Zeit, in der wir im Verhältnis zu unserem Bewegungsverhalten zu viel Nahrung und nicht geeignete Getränke aufnehmen, sind Fastenpausen sicher ein guter Ansatz. Für mich lässt sich die Idee auch nach dem Motto: Frühstücken wie ein Kaiser, Mittags wie ein König essen und abends wie ein Bettler mit dem Essen sparen - zusammenfassen. Meiden sie Intervallfasten bei Kleinkindern, Schwangeren, Senioren und Menschen mit insulinpflichtigem Diabetes. Bei Krebserkrankungen stimmen sie diesen Wunsch mit ihrem Behandlungsteam ab.

Was passiert beim Intervallfasten genau?
Mit dem Prozess der Autophagie bauen unsere Körperzellen in Fastenperioden (die ohnedies in der Nacht erfolgen sollten )– eigene unbrauchbare Bestandteile (z.B. fehlgeleitete Eiweiße oder beschädigte Zellbestandteile ab). Damit ist Autophagie ein Notfallssystem für Hungerperioden in der unsere „körpereigene Müllabfuhr“ die unbrauchbaren Bestandteile ausscheidet oder recycelt und zusätzliche Reparaturen an der Zelle durchgeführt werden. Mit langen Nachtpausen sowie 1 – 2 Fasttagen (in denen kalorienreduziert d.h. Gemüse und Salat gegessen, sowie Wasser getrunken werden, kann dieser Prozess moderat an Tagen mit weniger Arbeits- oder Körperbelastung gut unterstützt werden.)

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Ernährungsfehler?
Wir essen zu süß, zu fett und trinken meist zu wenig Wasser. Bewegungsarmut, Alkohol, Rauchen, und die unkontrollierte Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und Medikamente, schaden der Gesundheit.

Wie sieht ein ernährungstechnisch idealer Tag aus? Wie finde ich einen „richtigen“ Essrhythmus?
Den ernährungstechnisch idealen Tag für alle, gibt es nicht. Die Zusammensetzung des Essens ist individuell an die Situation und Bedürfnisse des einzelnen anzupassen. Laut dem derzeitigen Forschungsstand werden drei Mahlzeiten pro Tag empfohlen, eine Mahlzeit sollte warm sein. Für Kinder und Senioren und bei Erkrankungen wie z.B. Magenoperationen, Durchfall etc. gilt dies nicht – hier sollen individuell angepasst, mehr als drei Mahlzeiten eingenommen werden.

In unserer Gesellschaft verbringen viele Menschen ihren Arbeitsalltag sitzend am PC. Auch jetzt sind viele im Homeoffice. Wie kann hier eine gesunde und ausgewogene Ernährung aussehen?
Wenn man sich an die Ernährungspyramide hält, ist man genau richtig. Regionale und saisonale Lebensmittel, ausreichend Wasser und Bewegung an der frischen Luft, auch wenn das zurzeit oft nur im eigenen Garten möglich ist, unterstützen Ihre Gesundheit zusätzlich.


Tipps von Diätologin Waltraud Kundigraber, um das Immunsystem zu stärken: 

  • Über den Tag verteilt ausreichend Wasser trinken
  • Produkte regional und saisonal verwenden
  • Unser Darm ist unser Abwehrzentrum Nummer 1, daher ist eine „darmgesunde Ernährung“ mit ausreichend Ballaststoffen (3 Portionen Gemüse/Salat verfeinert mit frischen Kräutern und Gewürzen; 4 Portionen Vollkornprodukten pro Tag und 2 Stück Obst pro Tag ergänzt durch hochwertige Öle) schon ein großer Schritt in die richtige Richtung.
  • Zusätzlich unterstützt regelmäßige Bewegung in der frischen Luft ihr Immunsystem (bitte derzeit Vorgaben des Bundesministeriums für Gesundheit einhalten!)
  • Mehr Infos zur Gesundheitspyramide 
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