Buchtipp der WOCHE
Als christliche Ungarn getarnt - die spektakuläre Flucht von 116 Zwangsarbeitern

Historische Aufarbeitung der Geschehnisse zu Kriegsende: Der Ottendorfer Engelbert Kremshofer veröffentlichte mit "1945 bei Kriegsende - Gerettet in der Steiermark" sein bisher achtes Buch.
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  • Historische Aufarbeitung der Geschehnisse zu Kriegsende: Der Ottendorfer Engelbert Kremshofer veröffentlichte mit "1945 bei Kriegsende - Gerettet in der Steiermark" sein bisher achtes Buch.
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"1945, bei Kriegsende: Gerettet in der Steiermark", heißt der Titel des neuen Buches von Engelbert Kremshofer, in dem der 64-jährige Ottendorfer unter anderem die Flucht von 116 ungarisch-jüdischen Zwangsarbeitern thematisiert, die beim Todesmarsch von Eberau im Südburgenland nicht nach Mauthausen gingen, sondern über Hartberg-Fürstenfeld nach Hitzendorf "abbogen."

OTTENDORF/RITTSCHEIN. Über 75 Jahre ist es her, dass mit der bedingungslosen Kapitulation NS-Deutschlands am 8. Mai der Zweite Weltkrieg in Europa geendet. Vor wenigen Wochen, am 27. Jänner 2021 gedachten wir zum 76 Mal der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Kurz vor Kriegsende kam es im Frühjahr 1945 zu einer Vielzahl von Todesmärschen von KZ-Häftlingen und Zwangsarbeitern, auch durch unseren Bezirk.

Der Holocaust direkt vor der Türe

"Beim Todesmarsch der ungarischen-jüdischen Zwangsarbeiter im April 1945 spielte sich der Holocaust direkt vor unserer Türe ab", erklärt der Hobbyhistoriker Engelbert Kremshofer aus Ottendorf. Über Tausend wurden in der Steiermark zuerst beim Bau des Südostwalles eingesetzt und dann an den Straßen vom Südburgenland über Graz nach Mauthausen erschossen, weil sie am Ende ihrer Kräfte waren, Essbares erbettelten oder sich verstecken wollten. Um nicht zu vergessen, aber auch um die Bedeutung jener Steirer zu ermessen, die es wagten vom Tod bedrohte jüdische Menschen zu verstecken und ihnen somit das Leben zu retten, veröffentlichte Engelbert Kremshofer sein neuestes Werk "1945, bei Kriegsende: Gerettet in der Steiermark".

Riesiger Überlebenswillen

Das 125 Seiten-Werk beleuchtet die Zeit um 1945 bis nach Kriegsende und beschäftigt sich vor allem mit der spektakulären Flucht von 116 ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter vom Todesmarsch im April 1945. Sie entfernten alle Hinweise auf ihre jüdische Herkunft auf ihrer Kleidung und marschierten als christlicher Arbeitsdienst aus Siebenbürgen nach Hitzendorf, wo sie ihr ehemaliger Aufseher Franz Rainer in seinem Sägewerk unterbrachte, Arbeit vermittelte und verpflegte", erklärt Kremshofer, dass die  Entscheidung sich vom Todesmarsch zu trennen, wohl im Wald nahe Bierbaum an der Safen gefallen war.

In diesem Wald bei Bierbaum (Bad Blumau) trafen sich die 116 jüdischen Zwangsarbeiter. | Foto: Kremshofer Engelbert
  • In diesem Wald bei Bierbaum (Bad Blumau) trafen sich die 116 jüdischen Zwangsarbeiter.
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Nicht jede Flucht ging gut aus...

Dass von den unzähligen Fluchtversuchen, die während des Todesmarsches von jüdischen Menschen getätigt wurden nur einige wenige glücklich ausgingen, beweist etwa auch jene Flucht von 32 Juden, die in Ilz in den Wald flohen. "Zwar wurden sie von zwei Familien mit Nahrung versorgt, aber bereits 3 Kilometer weiter in Nagl bei Gnies wurden sie verraten, verhaftet und in Egelsdorf erschossen", so der 64-Jährige. Umso erstaunlicher sei es, dass die Flucht dieser 116 Zwangsarbeiter unentdeckt blieb. 

Erhältlich im Buchhandel

"Mit den Schilderungen soll nicht vom Leid der Opfer abgelenkt oder das Verhalten der Steirer beschönigt werden. Vielmehr soll aufgezeigt werden, dass es unter schwierigsten Verhältnissen oft einen Weg gibt sich oder anderen gefährdeten Menschen zu helfen und sie zu beschützen", betont Kremshofer. Im letzten Kapitel wird auf das Schicksal von Deserteuren, rechtlosen Frauen, Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern hingewiesen. Das Buch, das um 12 Euro im Buchhandel erhältlich ist (ISBN 978-3-9500384-4-6), ist das bisher 8 Werk, aber sicherlich nicht letzte Werk des geschichtsinteressierten Ottendorfer. "Als Hobbychronist finden sich immer wieder faszinierende Geschichten, die es wert sind darüber zu berichten. Die Ideen gehen also nie aus", verrät Kremshofer, dass er bereits an einem weiteren Werk arbeitet.
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