Wienerberger-Chef Heimo Scheuch: "Österreich ist einer unserer wichtigsten Standorte"
Wienerberger hat 198 Werke und 16.000 Beschäftigte in 30 Ländern. Mit knapp drei Milliarden Euro Umsatz ist man Weltmarktführer bei Ziegel und Europameister bei Rohrsystemen. Mit Vorstandschef Heimo Scheuch haben wir über die Weltlage und natürlich auch über Ziegel gesprochen.
Wie viel sind als Chef des Weltkonzerns Wienerberger unterwegs?
HEIMO SCHEUCH: Die Hälfte des Jahres bin ich weltweit unterwegs. Die andere Hälfte bin ich hier in der Wiener Zentrale, um mit meinen Mitarbeitern neue Strategien zu entwickeln.
Wienerberger ist zu 100 Prozent an der Börse. Wer sind die Hauptaktionäre?
Wir haben Aktionäre in vielen Ländern. Etwa den USA und in England, aber auch in Singapur, China, Australien. Der größte Einzelaktionär ist ein kanadischer Invest-Fond.
Welche Bedeutung hat Österreich für den Weltkonzern Wienerberger?
Hier sind unsere Wurzeln. Durch Wienerberger kamen die sogenannten Ziegelböhmen nach Österreich. Viktor Adler, Gründer der Sozialdemokratie, war der erste Betriebsarzt bei Wienerberger. Österreich und Wienerberger sind also durch eine lange Geschichte miteinander verbunden.
Und wirtschaftlich?
Mit 15 Produktionsstätten und 1.100 Beschäftigten ist Österreich nach wie vor einer der wichtigsten Standorte.
Was bedeutet für Sie Regionalität?
Das ist unser Geschäftsmodell. Egal, in welchem Land wir sind: Die Baumaterialien werden immer lokal hergestellt und lokal angewendet. Die Transportwege sind gering. Unsere Produkte fahren nicht um die halbe Welt. Unsere CO2-Bilanz ist deshalb niedrig. Und wir haben meist lokale Zulieferer. So schaffen wir vor Ort eine lokale Wertschöpfung.
Ihr Lieblingsstandort ist?
Europa. Wir machen 90 Prozent des Umsatzes im EU-Binnenmarkt. Für mich sind Tschechien, Ungarn oder Belgien nicht Ausland, sondern regionale Märkte in einem Binnenmarkt.
Beobachten Sie die österreichische Politik?
Mich interessiert die europäische Wirtschaftspolitik, die lokale ist von untergeordneter Bedeutung. Der Standort Österreich hat seine Eigenheiten. Aber ich kann Ihnen versichern: andere Länder auch. Von schlecht reden halte ich aber gar nichts. Mit geht es um Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten.
Wienerberger-Chef Heimo Scheuch im Interview. (Foto: Dominik Thürridl)
Und die USA?
Wir haben elf Werke dort. Was Arbeitszeit und Kosten betrifft, hat Amerika natürlich gewisse Vorteile gegenüber Europa. Aber in den USA findet man nicht genügend qualifizierte Arbeitskräfte.
Machen Ihnen der Brexit und Donald Trumps "America First" Sorgen?
Bei Volumen und Bautätigkeit derzeit gar nicht. Wir produzieren ja dort lokal und exportieren nicht. Nur die Währungsturbulenzen rund um den britischen Pfund hatten für uns unerfreuliche Folgen.
Nach vier Jahren in den roten Zahlen schreibt Wienerberger seit 2015 wieder Gewinne. Ist die Krise nachhaltig überstanden?
Wienerberger hat in der Tat eine sehr schwierige Zeit durchgemacht. Die Märkte haben sich nach der Krise 2009 und 2010 total verändert. Wir hatten Umsatzeinbrüche von 30 Prozent.
Sie haben dann viele Werke geschlossen.
Richtig. Wienerberger hat vor der Krise enorm auf Expansion gesetzt. Da ist man ja gar nicht zum Integrieren gekommen. Die Krise hat uns insofern auch gutgetan, weil wir uns das ganze Portfolio anschauen mussten. Wir haben alte und nicht so gute Werke stillgelegt. Aber: Kosten senken kann nie das alleinige Ziel sein. Also haben wir Wienerberger neu strukturiert. Wir sind heute ein ganz neues Unternehmen.
Was ist der Unterschied?
Die alte Wienerberger war ein Ziegelhersteller mit Ausrichtung auf den Wohnungsneubau. Fertig. Heute sind wir ein Baustoffzulieferer, der seinen Kunden, also Architekten, Planer, Statiker, Baumeister, Maurer, Dachdecker und Installateure Servicelösungen mitliefert. Und das von der Infrastruktur über Renovierung und Sanierung bis hin zum Neubau. Und wir sind sehr innovativ.
Inwiefern?
Im Vorjahr haben wir 27 Prozent unseres Umsatzes mit innovativen Produkten erzielt. Etwa vom neuen hochdämmenden Ziegel bis zum Dachziegel, der sturmresistent ist.
Ziegel ist also nicht gleich Ziegel.
So ist es. In Österreich hat man natürlich den Hintermauerziegel im Kopf, mit dem ich ein Einfamilienhaus baue. Hauptprodukt heute ist aber ein hochtechnischer Ziegel, der die Wärmedämmung schon integriert hat. Sie können mit unseren Produkten also ein Niedrigenergiehaus ohne Zusatzdämmung bauen.
2019 feiert Wienerberger drei Jubiläen: Die Firmengründung vor 200 Jahren, den Börsegang vor 150 Jahren und Sie sind dann zehn Jahre an der Spitze.
Ich wünsche mir, dass wir alle die Zeit zum Feiern haben werden. Aber grundsätzlich werden wir auch 2019 weiterarbeiten und in die Zukunft blicken und sagen: Wie gestalten wir die nächsten Jahre.
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