Lebenselixier Literatur – Stadtschreiberin Jana Radičević in "Gefragte Frauen"

Junges Talent: Jana Radičević schreibt Poesie und fühlt sich in Graz sehr wohl. Die Grazer sind ihrer Meinung nach, so wie die Montenegriner, kommunikationsfreudig und freundschaftlich eingestellt. | Foto: Jorj Konstantinov
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  • Junges Talent: Jana Radičević schreibt Poesie und fühlt sich in Graz sehr wohl. Die Grazer sind ihrer Meinung nach, so wie die Montenegriner, kommunikationsfreudig und freundschaftlich eingestellt.
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Mit Mut zum Erfolg: Die 23-jährige Literatin Jana Radičević aus Montenegro ist die neue Grazer Stadtschreiberin.

Sie liest seit ihrer Kindheit leidenschaftlich gerne und schreibt selbst seit fünf Jahren: Die erst 23 Jahre alte Jana Radičević ist seit August die neue Stadtschreiberin von Graz und darf nun ein Jahr im Cerrini-Schlössl am Schloßberg ihrer großen Passion, dem Schreiben, nachgehen. Im WOCHE-Interview verrät sie, wie sie zur Ausschreibung kam, was Literatur für sie bedeutet und was ihr an Graz besonders gefällt.

WOCHE: Die neue Stadtschreiberin von Graz: Was bedeutet das für Sie?
Jana Radičević:
Ich bin stolz und kann es eigentlich noch gar nicht so recht glauben, dass ich ausgewählt wurde. Mehr oder weniger durch Zufall habe ich mich beworben, ein Freund hat mir von der Ausschreibung erzählt und ich habe mir gedacht: Ich probiere es einfach. Man musste eine Publikation vorweisen können sowie einige Übersetzungen und einen Projektvorschlag, was man in diesem Jahr machen möchte, abgeben. Zudem musste man eine Affinität zu Graz und Deutschkenntnisse vorweisen können.

Wussten Sie, welche bekannten Schriftsteller bereits Grazer Stadtschreiber waren?
Nein, gar nicht! Ich habe das erst recherchiert, als ich meine Bewerbung bereits eingereicht hatte. Hätte ich es im Vorfeld gemacht, hätte es mich bestimmt eingeschüchtert und die Bewerbung wäre anders ausgefallen.

Sie wohnen im Cerrini-Schlössl am Schloßberg und haben nun dort die Möglichkeit, ein Jahr Ihrer literarischen Arbeit nachzugehen. Wie gefällt Ihnen Graz?
Ich kam im März, zehn Tage vor dem Lockdown, als Austauschstudentin nach Graz und verbrachte auch die Corona-Zeit hier. Seit September wohne ich im Cerrini-Schlössl und ich muss sagen, dass es wirklich zauberhaft ist. Der Blick über Graz ist grandios und die Ruhe am Schloßberg ist herrlich. Ich freue mich sehr auf mein Jahr als Stadtschreiberin, möchte aber über mein Projekt nicht allzu viel verraten.

Sprache als Werkzeug: In ihren Gedichten beschäftigt sich die neue Stadtschreiberin von Graz hauptsächlich mit der Sprache und ihren unzähligen Möglichkeiten. | Foto: Jorj Konstantinov
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Ihr erstes Werk "Wenn ich es sage, kann es Wahrheit werden" (Ako kažem može postati istina) hat viel Lob bekommen. Wie schwer ist es für junge Menschen, in der Literatur Fuß zu fassen?
Es ist enorm schwierig, sich durchzusetzen. Ich schreibe seit fünf Jahren und wollte wissen, ob meine Texte gut genug sind und war auf der Suche nach ehrlicher Kritik. Ich habe mich in Montenegro dem sogenannten "Forum junger Schriftsteller" angeschlossen und war dort viel in Austausch mit Kollegen und habe gutes Feedback bekommen. Als dann der Verlag Partizanska knjiga auf mich zukam und meinen Gedichtband veröffentlichen wollte, sah ich mich bestärkt, auf dem richtigen Weg zu sein.

Sie schreiben Gedichte. Mit welchen Themen setzen Sie sich hauptsächlich auseinander?
Ich beschäftige mich zum Großteil mit Sprache. Wie verwenden wir Sprache, wie nutzen wir die sprachlichen Mittel? Diese und andere Fragen interessieren mich sehr. Auch unsere Ausdrucksformen und die Art, wie man Dinge erzählt und weitergibt, erörtere ich. Mit Sprache kann man sehr gut spielen, manche Dinge entstehen dadurch unvorhergesehen und das macht es sehr spannend.

Seit wann beschäftigen Sie sich mit Literatur?
Ich lese seit ich denken kann und bin am glücklichsten, wenn ich lese. Und so kam ich auch zum Schreiben. Ich schreibe, weil es mir ein Verlangen und meine Art ist, mich zu artikulieren.
Welchen Stellenwert nimmt die Literatur in der heutigen schnelllebigen Social-Media-Welt ein?
Ohne soziale Medien geht es nicht, auch ich bin dort vertreten. Und die Nachfrage nach Literatur ist groß, nur haben sich die Kanäle, wie diese beworben wird, verändert. Persönliche Interaktion mit Lesern ist wichtig, viele kaufen Bücher aufgrund von Empfehlungen. Deswegen sind trotz Instagram und Co. Buchpräsentationen essenziell, denn das Zusammentreffen von Autor und Leser ist nach wie vor unersetzlich.

Haben es Frauen in der Literaturwelt schwerer als Männer?
Derzeit sind Frauen auf allen Festivals im Fokus, ich bin aber der Meinung, dass man hier keine radikalen Unterschiede machen sollte. Vielmehr sollte man das Werk in den Fokus rücken, so bewertet man objektiv die Arbeit.

WOCHE-WORDRAP

Schreiben ist ... eine besondere Notwendigkeit.
Inspiration finde ich bei ... Lars Gustafsson und Anne Saxton.
Ich kann nicht leben ohne ... Bücher.
In zehn Jahren ... habe ich vielleicht meine eigene Bibliothek.

STECKBRIEF

Geboren 1997 in Podgorica, MNE
Maturierte 2016 und absolvierte den Bachelor in Nikšić im Fach Deutsche Sprache und Literatur Derzeit Masterstudium, Auslandssemester in Marburg und Graz
Seit August 2020 Grazer Stadtschreiberin

Junges Talent: Jana Radičević schreibt Poesie und fühlt sich in Graz sehr wohl. Die Grazer sind ihrer Meinung nach, so wie die Montenegriner, kommunikationsfreudig und freundschaftlich eingestellt. | Foto: Jorj Konstantinov
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