Skitouren in freier Wildbahn als Zankapfel

Skitouren sind ein schnell wachsender Trendsport. | Foto: Steiermark Tourismus
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  • Skitouren sind ein schnell wachsender Trendsport.
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Immer mehr Tourengeher frönen dem Wintersport in der Steiermark. Diskussionen um Pro und Kontra bleiben nicht aus.

Laut Österreichischem Alpenverein üben 700.000 Österreicher den Trendsport Skitourengehen aus. Und jährlich werden es bis zu fünf Prozent mehr. Den Handel freut’s: Laut österreichischer Skiindustrie wurden in der Saison 2009/2010 erstmals mehr Tourenskier (43.000) als Langlaufskier (37.000) und Snowboards (32.000) verkauft. Mit dem Boom steigt aber auch das Konfliktpotenzial zwischen Pistenbetreibern, Jägern, Forstwirtschaft sowie Tourismus und sportlichen Naturliebhabern. Einige Lösungen, wie ein Miteinander funktionieren kann (siehe Info rechts), gibt es bereits, dennoch wären neue Spielregeln erwünscht.

Die verschiedenen Standpunkte im Überblick:

Forstwirtschaft:
Landwirtschaftskammer-Vizepräsident Johann Resch: „In der Forstwirtschaft gibt es massive Schäden, wenn sich Tourengeher nicht an festgelegte Routen halten, Jungwälder und Aufforstungsflächen werden beeinträchtigt. Die scharfen Skikanten köpfen Triebe ab, die Bäume verkrüppeln, werden anfälliger für Pilzbefall und können sogar sterben. Es ist paradox, Schutzwälder, die Sportler dann vor Lawinen schützen sollten, werden dadurch zerstört.“

Jäger:
Landesjägermeister Heinz Gach: „Hirsch, Reh und Gams verfallen in eine Art Winterruhe. Dabei wird die äußere Körpertemperatur weit herabgesetzt. Damit sparen die Tiere sehr viel Energie. Ein flüchtendes Wildtier, das etwa durch Tourengeher aufgescheucht wird, hat einen zehnmal höheren Energieverbrauch als im Ruhestand. Werden die Tiere in ihrer Ruhephase gestört, muss ihr ,Motor‘ unerwartet voll hochfahren, was Energiereserven verbraucht. Tourengeher sollten sich deshalb immer an fixe Routen halten.“

Seilbahnen:
Stuhleck-Lifte-Geschäftsführer Fabrice Girardoni: „Nach Betriebsschluss wird es durch Pistengeräte und Seilwindenpräparierung gefährlich. Deshalb sind die Pisten ab 17 Uhr auch gesperrt, was wir auch gut beschildern. Tourengeher und natürlich auch andere, die nachts auf den Pisten sind und die Warnhinweise ignorieren, werden von uns angezeigt. Es geht uns dabei vor allem um die Sicherheit, und zwar der Wintersportler, aber auch unserer eigenen Mitarbeiter.“

Naturfreunde:
Arnold Studeregger, Skitourenreferent der Naturfreunde: „Das Wegerecht auf Österreichs Bergen und Wäldern ist frei und sollte es auch bleiben. Natürlich hat jeder Tourengeher auf Wald und Wild Rücksicht zu nehmen. Ich glaube, es wäre auch kein Problem, etwa fürs Parken etwas zu zahlen. Viel wichtiger wäre es aber, dass potenzielle Tourengeher eine gute Ausbildung haben, Lawinensonde, Lawinenschaufel, Erste-Hilfe-Paket mitführen und aktuelle Lawinenlageberichte einholen.“

Tourismus:
Murtal-Touristiker und Obmann der steirischen Seilbahner, Karl Schmidhofer: „Aus Sicherheitsgründen lehne ich „Pistengeher“ ab: Ich kenne keine Situation, in der das Fahren gegen die Einbahn erlaubt wäre. Tiefe Spuren, die nach der Präparierung in den weichen Schnee gemacht werden und anfrieren, bergen auch ein großes Verletzungsrisiko. Als Touristiker müssen wir vor allem den Skitourenanfängern etwas bieten, damit sie ihren Sport nicht auf der Piste ausprobieren müssen.“

Alpenverein:
Der steirische Alpenvereinsvorsitzende Norbert Hafner: „Nur das Betreten von Pisten kann nicht kostenpflichtig werden, der Zugang zur Natur muss für die Menschen kostenlos sein und schließlich werden die Skigebiete auch zu einem guten Teil mit öffentlichen Geldern finanziert. Über Parkgebühren kann man aber reden. Das Letzte, was wir wollen, sind rechtliche Streitereien. Deshalb braucht es Vereinbarungen und Verhaltensrichtlinien, an die sich alle Beteiligten halten sollten. Wir sind für einen ,Tourengipfel‘.“

Kuratorium für Verkehrssicherheit:
Peter Felber, Leiter des Kuratoriums für Verkehrssicherheit: „Besonders bei Skitouren ist oft mit unberechenbaren Natureinflüssen wie plötzlichem Wetterumschwung oder Lawinenabgängen (39 Lawinentote im Vorjahr) zu rechnen. Daher sind die detaillierte Vorbereitung, eine gute körperliche Kondition, das Studieren von Karten, Wetterberichten und lokalen Lawinenlageberichten sowie das Mitführen einer kompletten funktionierenden Notfallausrüstung unbedingt erforderlich!“

Fair Play: Regeln für Tourengeher
„Naturverträgliche Wintertouren“ – sensibles Verhalten: http://agrarnet.info.
Unter www.alpinesicherheit.at hat das Kuratorium für alpine Sicherheit außerdem 10 Regeln für Skitourengeher auf Skipisten erstellt.

Autoren: Verena Schleich, Klaus Krainer.

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