5.401 Firmenpleiten
Insolvenzen so hoch wie zuletzt vor zehn Jahren

Nach aktueller Hochrechnung des Kreditschutzverbands von 1870 (KSV1870) stieg die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen im aktuellen Jahr deutlich in die Höhe. So wurden heuer um 13 Prozent mehr Anträge gestellt als noch im vergangenen Jahr.  | Foto: stock.adobe.com/Coloures-Pic (Symbolfoto)
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  • Nach aktueller Hochrechnung des Kreditschutzverbands von 1870 (KSV1870) stieg die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen im aktuellen Jahr deutlich in die Höhe. So wurden heuer um 13 Prozent mehr Anträge gestellt als noch im vergangenen Jahr.
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Nach aktueller Hochrechnung des Kreditschutzverbands von 1870 (KSV1870) stieg die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen im aktuellen Jahr deutlich in die Höhe. So wurden heuer um 13 Prozent mehr Anträge gestellt als noch im vergangenen Jahr. Auch die vorläufigen Passiva sind zuletzt massiv gestiegen. Besonders betroffen waren der Handel, die Baubranche sowie die Gastronomie. Zudem verzeichnete Österreich einen Anstieg bei den Privatkonkursen. 

ÖSTERREICH. Laut der Hochrechnung des KSV1870 sind heuer 5.401 Unternehmen von Insolvenzen betroffen, was 15 Firmenpleiten pro Tag entspricht. Ein ähnlich hoher Wert wurde das letzte Mal vor zehn Jahren erreicht. Die vorläufigen Passiva sollen laut Schätzungen um 286 Prozent gestiegen sein und rund 8,53 Milliarden Euro betragen. Diese Entwicklung sei auf die bisher größte Firmenpleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte zurückzuführen – die Insolvenz der Signa Holding mit rund fünf Milliarden Euro an Verbindlichkeiten.

Wie der Kreditschutzverband erklärte, würden die geschätzten Passiva aber auch ohne der Signa Holding mit 3,26 Milliarden Euro um rund die Hälfte über dem Vorjahresniveau liegen. "Das zeigt, dass die Insolvenzen in Österreich nicht mehr so kleinteilig sind, sondern schon an Masse auch dazugewinnen", so Karl-Heinz Götze, Leiter Insolvenz beim KSV1870, bei der Präsentation der Zahlen am Mittwoch.

2023 verzeichnete man in Österreich einen Zuwachs von 13 Prozent bei den Unternehmens-Insolvenzen. | Foto: KSV1870
  • 2023 verzeichnete man in Österreich einen Zuwachs von 13 Prozent bei den Unternehmens-Insolvenzen.
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Rund 2.000 nicht eröffnete Verfahren

Wie der Kreditschutzverband anführte, sei heuer auch die Zahl der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um 24 Prozent auf 22.500 Personen angewachsen. Hier spiele besonders die Pleite von Kika/Leiner eine große Rolle, erklärte Götze. Auch bei den Gläubigern verzeichnete man mit rund 45.000 ein Plus von 41 Prozent. 

"Die aktuelle Situation ist, dass wir hohe Insolvenzzahlen haben, aber es ist nicht alarmierend", so Götze weiters. Demnach habe die Insolvenzquote vor zwanzig Jahren rund zwei Prozent betragen, während sie heute bei 1,2 Prozent liege. "Das Negative ist, wir haben noch viel zu viele nicht eröffnete Insolvenzen", zeigte er sich besorgt. So schätzt der KSV1870 die Anzahl der mangels Kostendeckung nicht eröffneten Verfahren auf 2.000 – ein Plus von acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Den Anstieg von 16 Prozent bei den eröffneten Verfahren (3.378) wertete Götze als eine "gute Nachricht". 

Besonders Handel, Bau und Gastronomie betroffen

Wie der Kreditschutzverband erklärte, seien der Handel, die Bauwirtschaft sowie der Bereich Beherbergung und Gastronomie aktuell besonders betroffen. Nach den Berechnungen habe der Handel inklusive der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen erstmals seit Jahren mit 1.003 Pleiten (plus 17 Prozent) wieder die Tausendergrenze durchbrochen. Ein besonderes Sorgenkind stelle in diesem Bereich der Einzelhandel dar. Als Hauptgründe machte der KSV1870 die hohen Energiekosten, den bisher häufig nicht eingetretenen Nachholeffekt aus der Pandemie sowie die sinkende Kaufkraft aus. 

Die am stärksten betroffene Branche ist der Handel.  | Foto: Unsplash/Artem Beliaikin
  • Die am stärksten betroffene Branche ist der Handel.
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An zweiter Position liegt laut Schätzung des KSV1870 die Bauwirtschaft mit 936 Fällen. Aufgrund hoher Baukosten und stark gestiegenen Zinsen wurde mit einem Anstieg von 21 Prozent der größte prozentuelle Zuwachs verzeichnet. "Die Baubranche wird immer mehr zum Sorgenkind. Konnten in der Vergangenheit übervolle Auftragsbücher über die Probleme hinwegtäuschen, so trifft es die Bauwirtschaft langsam, aber sicher mit voller Wucht", so Götze. Dies werde sich aus heutiger Sicht auch im kommenden Jahr nicht maßgeblich ändern. 

Der Sektor Beherbergung und Gastronomie (709 Fälle) verzeichnet ein Insolvenzen-Zuwachs von 19 Prozent. Hier kommen laut Ansicht der Expertinnen und Experten der akute Personalmangel und ein geändertes Konsumverhalten der Gäste zum Tragen; zudem fallen die Corona-Förderungen nun weg, die von den Betrieben zuvor massiv genutzt wurden, um sich über Wasser zu halten. Auf den Plätzen dahinter folgen die Bereiche "Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen" (425 Fälle; Zuwachs von acht Prozent) und "Verkehr und Lagerei" mit 406 Fällen (keine Veränderung). 

Die Baubranche entwickelt sich laut dem KSV1870 immer mehr zum "Sorgenkind".  | Foto: Pixabay
  • Die Baubranche entwickelt sich laut dem KSV1870 immer mehr zum "Sorgenkind".
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Österreichs Wirtschaftsleistung "am Scheideweg"

Wie der KSV1870 anmerkte, sprechen eine sinkende Geschäftslage, eine Umsatzentwicklung, die tendenziell nach unten zeigt und eine schrumpfende Auftragslage bei rund jedem zweiten Betrieb aktuell eine eindeutige Sprache. "Das Thema Kosten ist nach wie vor der 'Key-Faktor', was innerbetriebliche Entwicklungen betrifft. Zum jetzigen Zeitpunkt muss man sagen, dass sich Österreichs Wirtschaftsentwicklung in vielen Bereichen am Scheideweg befindet", fasst Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG, die aktuelle Situation zusammen.

Es brauche nun einen frischen "Drive", um die Leistungsfähigkeit der heimischen Wirtschaft wieder anzukurbeln. "So braucht es etwa neue Impulse für den Export und Initiativen zur Stärkung der Bauwirtschaft und des Handels. Nur so wird es möglich sein, dass Österreich vom Stottermodus in den Überholmodus schaltet", fügte Vybiral an.

Stärkster Pleitenzuwachs im Burgenland

Nach der aktuellen Hochrechnung des Kreditschutzverbandes verzeichneten das Burgenland (plus 26 Prozent), Kärnten (plus 23 Prozent) und Vorarlberg (plus 21 Prozent) den höchsten prozentuellen Anstieg bei Firmenpleiten. Dahinter folgten die Steiermark (plus 17 Prozent), Wien (plus 13 Prozent), Oberösterreich (plus 12 Prozent) und Niederösterreich (plus zehn Prozent). Nur in Salzburg (plus sieben Prozent) und Tirol (plus fünf Prozent) blieb die Insolvenzquote im einstelligen Bereich.

Insolvenzen in Österreich 2023 | Foto: APA-Grafik / picturedesk.com
  • Insolvenzen in Österreich 2023
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Auch Privatkonkurse nahmen zu 

Auch die Privatkonkurse nahmen laut den Schätzungen gegenüber dem Vorjahr um 9,5 Prozent zu. So wurden 8.956 Regulierungsverfahren eröffnet. Der KSV1870 hielt jedoch fest, dass das vorläufige Schuldenausmaß mit Passiva in Höhe von 895 Millionen Euro um ein Prozent niedriger ausfiel als noch 2022. Damit sank die durchschnittliche Schuldenhöhe um 11.000 Euro auf 100.000 Euro pro Schuldner.

In nahezu allen neun Bundesländern verzeichnete man hier einen Anstieg. Einzig in der Steiermark gibt es mit 1.048 Privatkonkursen um 0,1 Prozent weniger Fälle als im vergangenen Jahr. Ganz anders zeigt sich die Situation im Westen Österreichs: So verzeichnete Vorarlberg mit einem Zuwachs von rund 36 Prozent das deutlichste Plus. In absoluten Zahlen liegt weiterhin die Bundeshauptstadt Wien mit rund 2.900 Fällen an der Spitze.

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