Milliardenbetrag
Kampf um das letzte Drittel der kalten Progression
Nachdem Ende der kalten Progression sparen sich die Österreicherinnen und Österreicher 3,65 Milliarden Euro an Steuern. Am Dienstag kündigte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) an, dass zwei Drittel des Milliardenbetrags automatisch verteilt werden. Bezüglich der Verteilung des letzten Drittels wurde hingegen noch keine Entscheidung getroffen. Während sich WIFO-Chef Gabriel Felbermayer dafür aussprach, dass alle Steuerzahlenden von dem Geld profitieren sollen, forderten die Arbeiterkammer (AK) und der Gewerkschaftsbund (ÖGB) das Drittel unter Geringverdienern und Familien zu verteilen. Auch Caritas-Präsident Michael Landauer bevorzugt diese Variante.
ÖSTERREICH. Den arbeitenden Menschen soll wieder "mehr Netto vom Brutto" übrig bleiben, kündigte Brunner am Dienstag an. Daher steigen im kommenden Jahr alle Tarifgruppen automatisch um zwei Drittel der Inflationsrate von Juli 2022 bis Juni 2023 an. Diese lag bei 9,9 Prozent. Das übrige Drittel des Milliardenbetrags soll von der Regierung flexibel und individuell verteilt werden. Hierfür wird bis zum Herbst ein Plan vorgelegt.
Untere Einkommen und Familien entlasten
Am Samstag nahm die Debatte um die Verteilung des letzten Drittels Fahrt auf, als die AK und der ÖGB in einer Presseaussendung forderten, den Betrag zu verwenden, um Familien und die unteren Einkommen zu entlasten. Zudem sollen damit eine Erhöhung des Kilometergeldes, eine gerechte Pendlerpauschale und die Anpassung von Freibeträgen, etwa bei Überstunden oder Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen, bewerkstelligt werden.
WIFO-Chef für Verteilung auf alle Steuerstufen
Auf die Forderungen der AK und des ÖGB ging am Sonntagvormittag Gabriel Felbermayer in einem Posting auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) ein. So befürwortete der WIFO-Chef den Vorschlag, das Kilometergeld zu erhöhen. Auch die Anpassung der Pendlerpauschale hält der Ökonom für sinnvoll.
Wenig hält Felbermayer hingegen davon, dass letzte Drittel der kalten Progression ausschließlich an geringe Einkommen zu verteilen. "Ich finde, kalte Progression könnte man auch gleichmäßig über alle Steuerstufen ausgleichen. Das ist kein Instrument der Umverteilung", so der WIFO-Chef.
"Am stärksten von Teuerung betroffen"
Auf die Aussagen Felbermayers reagierte schließlich auch der Caritas-Präsident Michael Landauer, der dem Vorschlag der AK und des ÖGB viel abgewinnen kann. Landauer appellierte an die Regierung, "das verbliebene Drittel sozial und gestalterisch" zu nutzen. So sollen mit dem Milliardenbetrag Beziehende geringer Einkommen und Pensionen entlastet werden. Schließlich sei diese Gruppe am stärksten von der Teuerung betroffen.
Zwei Szenarien vorstellbar
Das Institut für höhere Studien (IHS) empfahl Brunner am Dienstag zwei Wege, wie man mit dem verbleibenden Drittel umgehen könnte. So hielt IHS-Direktor Holger Bonin fest, dass man das Geld den untersten Tarifstufen zukommen lassen könnte, da die Inflation Menschen mit geringem Einkommen am härtesten getroffen hat. Zudem könne mit dieser Maßnahme ein Ausgleich zu pauschal ausgezahlten Anti-Teuerungsmaßnahmen geschaffen werden, von denen auch die Reichen profitiert hätten. Anderseits hält das IHS es auch für sinnvoll, die Mittelschicht zu entlasten, da eine Senkung der Steuer dieser Tarifgruppe einen Anreiz für mehr Vollzeitarbeit schaffen würde.
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