Interview mit Alexander Loretto
Ein wenig Arabisch im Ruhestand
Eine Schule, viele Sprachen. Direktor Alexander Loretto plaudert vor der Pension aus dem Nähkästchen.
20 Jahre lang war Alexander Loretto Direktor an der Volksschule St. Andrä in Gries, an der es aktuell kein Kind mit Muttersprache Deutsch gibt. Jetzt geht er in den Ruhestand. Vorher hat er mit der WOCHE über Pensionsvorhaben und seine Wünsche für zukünftige Schulsysteme gesprochen.
Wir sitzen zwischen Kistenstapeln. Ist schon alles gepackt?
Ich bin noch dabei, auch die Übergabe zu organisieren. Aber gerade ist mit dem Schulschluss und den Notenkonferenzen auch viel anderes zu tun.
In Ihrer Zeit als Direktor war St. Andrä immer wieder in den Medien, hauptsächlich, weil es hier kaum deutschsprachige Kinder gibt. Stört Sie das?
Das Wort "Brennpunktschule" gefällt mir überhaupt nicht, das ist irgendwo diskriminierend. Es sind Kinder, die aus verschiedenen Ländern kommen und miteinander spielen und lernen. Die Muttersprache spielt da eigentlich kaum eine Rolle. Sie lachen genauso wie Kinder mit der Muttersprache Deutsch.
Apropos Sprachen: Wie viele sprechen Sie denn?
Ich habe mir vorgenommen, von allen ein paar Brocken zu lernen, das ist allerdings doch sehr viel. Aber ich habe immer versucht, alle Namen richtig auszusprechen und lege großen Wert darauf, sie richtig zu schreiben. Wobei ich zugeben muss, dass ich die arabische Schrift nicht kann. Das ist vielleicht eine Pensionsaufgabe.
Gibt es Namen, die besonders schwierig sind?
Also Tschetschenisch hat zum Beispiel fünf verschiedene K-Laute, da stolpere ich schon. Auch Ungarisch ist besonders schwer.
Was hat sich in Ihrer Zeit als Direktor verändert?
Als ich angefangen habe, war die Digitalisierung noch in den Kinderschuhen: Es wurde versprochen, dass wir viel weniger Arbeit haben werden, wenn alles digitalisiert ist. Genau das Gegenteil ist passiert, weil jeder sich bemüßigt fühlt, wegen jeder Kleinigkeit eine Mail zu schreiben. Ich komme manchmal gar nicht mehr hinterher. Man müsste ruhiger arbeiten, mehr auf die Kinder schauen. Grundsätzlich ist Digitalisierung an der Volksschule für mich der falsche Weg.
Aber sollten Kinder nicht auch den Umgang mit neuen Medien üben?
Das schon, trotzdem ist in diesem Alter das Lernen durch Spielen und Handeln wichtiger. Wenn Kinder z.B. Buchstaben schriftlich erarbeiten, setzen sie sich intensiv damit auseinander. Das ist beim Eintippen nicht so.
Was werden Sie im Ruhestand am meisten vermissen?
Die Kinder, es war wirklich lustig mit ihnen. Heute habe ich zum Beispiel wieder meinen Schachkurs gegeben und egal, wie gestresst ich bin, da werde ich dann wieder ruhiger. Dann gefällt mir unterrichten noch mehr und ich kann mir noch weniger vorstellen, dass ich bald in Pension bin.
Letzte Frage: Wenn Sie etwas am Schulsystem ändern könnten, was wäre das?
Erstens braucht es in der Volksschule kleinere Gruppengrößen, besonders an Schulen wie St. Andrä. Das haben wir in der Krise gemerkt: Da geht einfach mehr weiter. Zweitens sollte der Lehrer mit den Kindern eine Gemeinschaft bilden, die auf ein Ziel hinarbeitet. Er, der all das schon gelernt hat, unterstützt die Kinder auf ihrem Weg. So sollte Schule funktionieren.
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