"Nur der Mensch zählt" – Alexandra Köck von Zebra in "Gefragte Frauen"

Engagement: Alexandra Köck organisierte 2017 die Pass-Egal-Wahl für nicht wahlberechtigte Menschen. Ein Herzensprojekt von ihr ist "Connecting People", wo Paten für minderjährige Flüchtlinge gesucht werden. | Foto: Jorj Konstantinov
  • Engagement: Alexandra Köck organisierte 2017 die Pass-Egal-Wahl für nicht wahlberechtigte Menschen. Ein Herzensprojekt von ihr ist "Connecting People", wo Paten für minderjährige Flüchtlinge gesucht werden.
  • Foto: Jorj Konstantinov
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Asyl, Arbeitsmigration, Familienzusammenführung: Geflüchtete Menschen stehen bei ihrer Ankunft in Österreich vor vielen Fragen. Der Verein Zebra in der Granatengasse 4 steht seit 31 Jahren für fundierte Beratung in diesen Bereichen. Die WOCHE bat Zebra-Geschäftsführerin Alexandra Köck zum Gespräch über Migration, Integration und die Ressource Mensch.

Welche Tätigkeitsfelder hat der Verein Zebra?
Alexandra Köck: Wir sind ein unabhäniger, überparteilicher und überkonfessioneller Verein, der Expertise im gesamten Bereich der Migration bietet. Wir beraten unsere Klienten zu den Themen Asyl, Flucht, Arbeitsmigration und Familienzusammenführung. Wir sind den Menschenrechten verpflichtet – das klingt vielleicht selbstverständlich, ist es in diesen Bereichen aber ganz und gar nicht.

Welche Beratungen bieten Sie an?
Wir arbeiten in einem multiprofessionellen Team, das in mehreren Disziplinen tätig ist. Unsere Fachstelle für fremdenrechtliche Beratungen betreut Personen, die Fragen zum Niederlassungsrecht, Asylverfahren, Ausländerbeschäftigungsgesetz oder Staatsbürgerschaftsrecht haben. Bei Asylwerbern dominieren Themen wie das Interview bei der Antragstellung oder Beschwerdemöglichkeiten.

Derzeit stellen viele Syrer einen Asylantrag. Welche Herkunftsstaaten sind noch vertreten?
Menschen aus dem Irak oder Afghanistan müssen aus ihrer Heimat fliehen und zählen daher oft zu unseren Klienten. Bei der Kompetenzanalyse hinsichtlich Integration am Arbeitsmarkt beraten wir Klienten aus den genannten Ländern und bei der Anerkennung von im Ausland erworbenen Ausbildungen informieren wir Klienten aus der ganzen Welt, oft jene aus Bosnien-Herzegowina und Rumänien.

Darüber hinaus ist die Psychotherapie eine weitere Säule von Zebra ...
Ja, korrekt. Unsere Klienten sind oft traumatisiert und benötigen dringend psychotherapeutische Hilfe. Sie sind vor Krieg, Folter und Terror geflüchtet und haben Dinge erlebt, die können wir uns nicht vorstellen. Hier ist der Bedarf besonders hoch und unser Team nicht nur in Graz, sondern auch in fünf steirischen Regionen tätig.

Ihr Team ist multiprofessionell und auch multinational?
Ja, wir sind sehr divers. Unsere 52 Mitarbeiter sprechen zwölf unterschiedliche Sprachen und betreuten vergangenes Jahr 4.000 Klienten. Kommunikation muss immer gelingen, daher beraten wir unsere Klienten auch immer in ihrer Muttersprache, was neben unseren Mitarbeitern in der Beratung auch durch 40 Dolmetscher aus unserem Fachbereich Dolmetsch gewährleistet wird. Wir haben uns hier eine hohe Expertise aufgebaut und entwickeln uns in allen Bereichen ständig weiter.

Was ist Ihnen bei Migration im öffentlichen Diskurs wichtig?
Oft wird Flucht wie eine selbstgewählte Entscheidung dargestellt, um sich ein besseres Leben in einem neuen Land zu ermöglichen. Das ist es aber keinesfalls. Menschen, die aus ihrer Heimat flüchten, tun das nicht freiwillig. In dem fremden Land müssen sie sich erst eine neue Existenz und ein soziales Netzwerk aufbauen sowie natürlich die neue Sprache erlernen. Das ist alles andere als einfach, daher habe ich größten Respekt vor dem, was diese Menschen leisten und bewältigen.

Wie können diese Vorurteile abgebaut werden?
Das Wichtigste ist, den Menschen mit Respekt und auf Augenhöhe zu begegnen. Bei einem persönlichen Gespräch kann man eine Beziehung entwickeln und den Menschen kennenlernen. Denn nur dieser zählt: Es sind keine Massen und keine Statistiken. Jeder Mensch bringt wertvolle Ressourcen mit und die Aufgabe von Integration ist es, die bisherige Biografie in das Leben hier einzugliedern. Daher ist jede Form von Trennung, wie sie bei Schulklassen disktuiert wird, abzulehnen.

Das Schönste an Ihrem Job ...?
Es gibt viele bewegende Momente, die mir Freude machen. Die Identifikation der Mitarbeiter mit Zebra ist groß und das ist sehr schön. Ich freue mich über die Wertschätzung von außen, das Engagement der Menschen in diesem Bereich und über jede einzelne Spende (lacht).

WOCHE-WORDRAP

Integration ist ... dabei zu sein und gleiche Chancen und Rechte zu haben.
Die Welt ist ... divers.
An Menschen schätze ich ... Empathie, Weltoffenheit, Unterschiedlichkeit.

STECKBRIEF

Geboren am 31. 12. 1968 in Graz
Lebensgemeinschaft, eine Tochter
Geschichte-Studium in Graz
1998: Leitung des psychosozialen Beratungszentrums Libit in Leoben
Seit 2010: Zebra-Geschäftsführung
Web:www.zebra.or.at

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