"Kinder sind Träger unserer Zukunft"
Tränen trocknen und Kinder stärken

Caritas-Direktor Georg Schärmer, Bettina Waldauf / Projektreferentin Rumänien und Remo Todeschini / Fachbereichsleitung Entwicklung. | Foto: Ricarda Stengg
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INNSBRUCK. "Mama ich möchte in den Himmel und den lieben Gott auf die Erde holen, damit er auf der Erde wieder alles heil macht" – eine reale Szene eines Kindes, das spürt, dass gerade vieles schief geht und zurechtgerückt werden muss.

Caritas-Direktor Georg Schärmer lädt zu einer kleinen Zeitreise in das Jahr 1900, in dem Tirol von großer Armut geprägt war. Besonders betroffen waren Frauen mit ihren Kindern und in Ballungsräumen wie Innsbruck streunten "Niemandskinder" durch die Straßen der Stadt. Damals stellten sich Vertreter der Kirche und die Zivilgesellschaft genau diesen Herausforderungen und bis zum heutigen Tag gehört der Einsatz für Kinder und ihre Familien zur DNA der Caritas. Zahlreiche Einrichtungen, soziale Dienste und diverse Projekte zeugen von der Wichtigkeit, um hilfsbedürftigen Menschen in Tirol und auch in vielen anderen Ländern wie Rumänien, Armenien oder Afrika, unter die Arme zu greifen.

Zitat des Caritas-Direktors:

Unsere Welt war nie eine kindergerechte. Sie muss es mehr werden. Das ist unsere Leidenschaft.

Träger der Zukunft

„Kinder brauchen endlich mehr Aufmerksamkeit und es braucht endlich eine klare Positionierung in diesem Bereich. Die Entwicklung von Kindern darf nicht nur die Aufgabe einer Bildungsabteilung sein, sondern muss politisch ressortübergreifend sein. Gesetzesvorhaben sind einer Kinder- und Generationengerechtigkeitsprüfung zu unterziehen und die Würde von Kindern darf nicht mehr einfach mit den Füßen getreten werden. Während viele Länder überwiegend von Armut betroffen sind und um ihre Grundrechte kämpfen müssen, sind Kinder des Nordens nicht zuletzt Belagerte und Instrumentalisierte einer nimmersatten Konsumgesellschaft und Opfer großer Verwerfungen rund um die Mehrfachbelastung familiärer Systeme“, so Georg Schärmer, der sich mehr Aufmerksamkeit für betroffene Kinder und Familien wünscht.

Erfordernisse für die politische Agenda:

  • Ausbau eines flächendeckenden Netzes der Familienhilfe und deren gesetzliche Verankerung mit einem Schwerpunkt der Gesundheitsprävention.
  • Start von Begleit- und Unterstützungsleistungen für „young Carers“ (Kinder als pflegende und betreuende Angehörige)
  • Ausbau der ambulanten, teilstationären und stationären kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung
  • Ausbau der Schulpsychologie und Schulsozialarbeit
  • Schaffung von niederschwelligen Beschäftigungsangeboten für arbeitslose Jugendliche (NEETS)
  • Ausbau der Lernhilfe-Angebote und Sommercamps

Bildung für eine gute Zukunft

„Ich bin froh, dass ich im Lerncafé sein durfte“, so Sabrina K. Sie hat vor kurzem ihre Kochlehre in einem renommierten Betrieb abgeschlossen. Das hatte ihr noch vor drei Jahren keiner zugetraut. Vor allem sie selbst nicht. In der vierten Klasse NMS war ihre Leistung massiv abgefallen. Die Eltern wussten sich nicht mehr zu helfen und traten schließlich mit der Bitte um schulische Unterstützung an das Lerncafé heran. Mit Hilfe dieser Lernbegleitung schaffte es Sabrina nach und nach, ihre Freude am Lernen und ihren starken Willen wiederzufinden. Nun möchte sie auf ihre Kochlehre noch eines drauflegen und plant eine Konditorlehre.

Lerncafé für Lernerfolg

Nicht alle Kinder können die Schule ohne Hilfe bewältigen. Und vielen Eltern ist es nicht möglich, ihre Kinder dabei zu unterstützen. Kein Geld für Nachhilfestunden, mangelnde Deutschkenntnisse der Eltern oder zu beengte Wohnverhältnisse sind nur einige der Gründe, die es Schüler*innen unmöglich machen, den gewünschten Lernerfolg zu erreichen. Vor diesem Hintergrund hat die Caritas mit den Lerncafés ein kostenloses Lern- und Nachmittagsbetreuungsangebot ins Leben gerufen. Im letzten Schuljahr haben 96 Prozent der Teilnehmenden die jeweilige Schulstufe positiv abgeschlossen.

Corona macht Kinder einsam

Ein fünfjähriges Mädchen besuchte im Januar 2021 erstmals seit dem ausgesprochenen Lockdown wieder einen Kindergarten der Caritas. Für zehn lange Monate waren ihre einzigen Kontakte ihre Eltern. Kontakte zu den Großeltern wurden vermieden. Weitere Kinder in der näheren Verwandtschaft gibt es nicht. Das ist eine lange Zeit ohne Freunde und ohne soziales Lernen. Das Mädchen hatte nun zehn Monate lang gehört, dass es gefährlich sei, mit anderen Kindern zu spielen – wegen dem Virus. Dieses fünfjährige Mädchen weiß weder, was ein Virus ist noch kann es selbst abwägen, was unter „gefährlich“ verstanden wird. Dieses Mädchen kommt wieder in den Kindergarten, trifft ihre Freunde, die nun eine Gefahr waren. Ihre einstigen Freunde im Kindergarten hatten sich in der Zwischenzeit neu orientiert und neue Freunde gefunden. Das Mädchen kommt in die Einrichtung mit Angst, ohne Anschluss und ohne zu wissen, wie sie mit der Situation nun umgehen soll. Im Kindergarten müssen die Kinder keine Masken tragen. Das Mädchen besteht darauf, sie tragen zu dürfen. „Die Maske schützt mich.“, sagt sie, als wir ihr sagen, sie brauche sie hier nicht zu tragen. Das alles geht nun seit einem guten Monat so. Das Mädchen findet noch immer sehr schwer Anschluss zu anderen Kindern. Pädagogische Mitarbeiterinnen versuchen, die soziale Vereinsamung im Kindergarten abzufedern und Anbindungen zu anderen Kindern wieder herzustellen. Wie schnell dies gelingt und ob überhaupt, wird sich zeigen.

Die Kindergärten der Caritas

Die Caritas Tirol betreibt drei Einrichtungen im Raum Innsbruck bzw. Uderns, wo 198 Kinder im Alter von sechs Monaten bis sechs Jahren betreut werden. Kindergärten und Kinderkrippen zählen zu den elementaren Bildungseinrichtungen, denen beim Lockdown besonderes Augenmerk geschenkt wird. Doch sie sind nicht nur Orte des Lernens, sondern auch Räume des sozialen Lernens. Junge Menschen lernen hier alle zwischenmenschlichen Aspekte, die sie im Leben und zum Überleben brauchen: Einfühlungsvermögen, Teilen, gemeinsames Freuen, Konfliktbewältigung, Streitkultur usw. Deshalb brauchen Kinder gleichaltrige soziale Kontakte. Sie brauchen ein emotional erleb- und erfahrbares Umfeld, in dem sie sich frei bewegen können. In Zusammenhang mit der Pandemie geht es nun darum, Kindern dies zu ermöglichen und sich trotzdem im Umgang mit dem Virus verantwortungsbewusst zu verhalten.

Schulbildung für die Ärmsten in Rumänien

Anna aus Rumänien möchte Frisörin und Nageldesignerin werden. Dazu braucht sie erst einmal einen Schulabschluss. Das ist nicht so einfach. Sie stammt aus einer ungarisch sprechenden Familien: „Ich habe mich für den Rumänisch-Alphabetisierungskurs angemeldet. Ab September komme ich in die 6. Klasse. Während des Online-Unterrichts konnte ich nicht so gut lernen. Vor allem beim Rumänisch habe ich nicht so gute Ergebnisse. Meine Eltern können mir nicht helfen, weil wir zu Hause ungarisch sprechen. Hier im Zentrum werde ich mich bemühen, lernen und alles tun, damit ich nicht sitzen bleibe. Ich möchte hier im Dorf die 8. Klasse beenden und danach in der Stadt in Satu Mare weiterlernen. Ich möchte Nähen lernen oder vielleicht doch Friseurin werden und Nagelpflege und Nageldesign würde ich auch gern machen. Dafür muss ich aber unbedingt die 10. Klasse beenden!“ Anna ist entschlossen, ihr Ziel zu erreichen.

So sehen die Häuser in Rumänien aus, in denen die Familien mit ihren Kindern wohnen müssen. | Foto: Ricarda Stengg
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Hilfe im Partnerland Rumänien

Zu einer schwierigen Ausgangslage kommen auch in Rumänien die Folgen der Pandemie, die viele Menschen in eine hoffnungslose Situation gebracht hat. Praktisch über Nacht haben viele ihr Einkommen verloren. Besonders jene, die im informellen Sektor tätig waren, haben nun auch kein Recht auf staatliche Unterstützungen wie etwa Arbeitslosengeld. Kinder in solchen Familien trifft die verschärfte Situation mit voller Wucht. Umso wichtiger wurde die Unterstützung von Schülern durch die Caritas.

Zitat Georg Schärmer:

In Tirol dürfte kein Tier so gehalten werden, wie die Menschen an diesen Orten leben müssen.

Trauriger Anblick der Straßen in Rumänien | Foto: Ricarda Stengg
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Kinder stärken in der Pandemie

Fünf Tipps für Eltern mit kleinen Kindern:
1. Kontakt nicht verbieten
2. Kein schlechtes Gewissen haben, wenn man Kinder in den Kindergarten bringt
3. Nicht ständig über Corona reden
4. Mit anderen Erwachsenen über Sorgen und Ängste reden
5. Kranke Kinder zuhause lassen

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