Warum du manche davon ignorieren solltest
Stimmen

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Schon früh geht es los. Ich habe meine Haustür gerade einmal geöffnet, da brüllt sie mich schon an: „Bist du komplett deppat oda wos? Siachst du ned, dass es glei vuigas owa schittn wird?!“ Und wenn schon, antworte ich ihr gelassen. Ich kenne ihre Stimme bereits. Und ich habe sie als Untermieterin in meinem Kopf akzeptiert: Angst. Ich lasse sie jedoch schon lange nicht mehr mein Leben bestimmen. Ich beginne langsamen Schrittes zu laufen.





Die Straßen Eggenbergs sind um 06:00 Uhr noch ruhig, Menschen kaum sichtbar. Es ist warm, ich steigere mein Tempo. Dann Regentropfen, sie fallen auf mein Gesicht. Ich habe mich bereits vorher auf ein Gewitter eingestellt. Nichts passiert.



Als ich das UKH Eggenberg erreiche, erlebe ich die erste positive Überraschung: Der Himmel lichtet sich blau, die Wolken verziehen sich: Dankbarkeit. Beim ersten steileren Hügel der Bergstraße beginne ich leicht zu schnaufen, meine Schritte werden langsamer. Dann höre ich eine weitere Stimme:



„Brich heute früher ab, du hast dir eine Pause verdient.“ Oh, du schon wieder, sage ich schmunzelnd. Lange ist es her. Auch ihre Stimme kenne ich mittlerweile in- und auswendig. Und ich habe auch sie schon vor langer Zeit als eine Untermieterin in meinem Kopf akzeptiert: Trägheit. Ihrem Gelaber höre ich nicht zu.





Bevor ich erstmalig auf meine Uhr sehen kann, laufe ich wieder an der Wetzelsdorfer Straße, meinem Ausgangspunkt, vorbei. Ich realisiere, dass ich das erste Drittel meiner geplanten Distanz bereits abgeschlossen habe. Jetzt bin ich aufgewärmt. Ich schreite Schritt für Schritt und Meter für Meter meinem gewählten Pfad, der Krottendorfer Straße in Richtung Schloss St. Martin, unnachgiebig entlang.



Das strahlende Licht der Sonne ist nun vollends über uns gebrochen. Ich sehe Äcker und Felder, vergesse kurzzeitig, wo ich bin. Auch die Luft atme ich bedenkenlos durch meine Nasenlöcher ein, wissend, dass sie in diesem Teil von Graz um einiges sauberer ist als im übrigen. Noch immer nicht auf meine Uhr gesehen, laufe ich bereits den Wald des Hügels zum Schloss entlang. Danke, sage ich lächelnd zur Dame, die ihren Hund an der Leine festhält und den Weg hinauf für mich freimacht. Ich bewege mich aufwärts.



Oben angekommen sehe ich viele Menschen, die meisten davon sind Kinder. Stimmt, sage ich gedanklich, die Schule hat ja bereits vor einem Monat wieder begonnen. Auf dem Höhepunkt eines weiteren Berges sehe ich mir beim Abwärtslauf wieder die Natur in ihrem atemberaubendsten Glanz an: Die herbstlich braun angefärbten Blätter lassen mich realisieren, wie vergänglich alles letztendlich ist. Noch immer habe ich nicht auf meine Uhr gesehen. Plötzlich eine weitere Stimme:



„Ich werde dich morgen nicht aus dem Bett lassen, das verspreche ich dir.“ Und wenn schon, antworte ich auch ihm lächelnd. Ich kenne meinen Körper mittlerweile zu gut und weiß ungefähr, was er in der Lage ist durchzuhalten. Ich sehe daher keinen Grund zum panisch werden. Danke trotzdem, sage ich ihm noch, während ich mich nach vorne bewege. Ihn habe ich, im Gegensatz zu den anderen Stimmen, als meinen Freund angenommen: Schmerz. Ich weiß, dass er mich nur vor ernsten Verletzungen bewahren will.



Bei meinem Startpunkt angekommen, halte ich nach über zwei Stunden Nettolaufzeit das erste Mal an und sehe auf meine Uhr: 18 Kilometer. Vor dem Start des eigentlichen Laufes habe ich einen zwei Liter Kanister Wasser in einem Gebüsch platziert. Nachdem ich über 1,5 Liter auf einmal ausgetrunken habe, lege die Flasche nieder und trabe auf das letzte Drittel meiner mir vorgenommenen Distanz. Ich habe das, sage ich mir.



Allerdings macht sich jetzt eine andere Stimme bemerkbar: „Du musst jetzt aufhören!“, sagt sie mir ernst. Ich habe sie bereits beim wiedermaligen Loslaufen bemerkt: Ermüdung. Meine Beine sind schwer, der Zehenlauf ist nicht mehr möglich. Langsamen Schrittes bewege ich mich Meter für Meter nach vorne, Durchhalten lautet die Devise.



Während ich das zweite Mal die Bergstraße beim UKH Eggenberg entlanglaufe, nehme ich das sanfte Lüftchen des warmen Windes wahr. Meine Gedanken sind im Moment, andere Menschen sind nicht sichtbar. Letztendlich beginnt eine weitere Stimme zu mir zu sprechen: „Keine Ausreden!“  Stille. Diese Stimme ist es, von der ich mich seit jeher leiten lasse.





Die letzten Meter verlaufen anstrengend, sind aber machbar. Ich spüre es. Am Ende der Baiernstraße biege ich scharf nach links auf die Burenstraße ab. Entspannt trete ich badend im Schweiß der Inspiration, der letzten gehörten Stimme, in mein gesetztes Ziel ein. Es ist ruhig.

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