Mikrobiom und Mensch
Forschungsaspekte einer ganz besonderen Beziehung

Über die Symbiose Mikrobiom & Mensch referierte die Mikrobiom-Forscherin Christine Moissl-Eichinger (l.) an der MedUni Graz. Moderatorin Heike Schönbacher führte durch den Abend.  | Foto: C. Pendl
  • Über die Symbiose Mikrobiom & Mensch referierte die Mikrobiom-Forscherin Christine Moissl-Eichinger (l.) an der MedUni Graz. Moderatorin Heike Schönbacher führte durch den Abend.
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Dem noch eher jungen Forschungsbereich rund ums menschliche Mikrobiom widmete sich die Vortragsreihe MeinMed in den vergangenen beiden Wochen ausführlich. Nachdem vorige Woche im Rahmen des wissenschaftlichen Theodor-Escherisch-Symposiums das Mikrobiom in Schwangerschaft und Stillzeit im Fokus lag, präsentierte die Mikrobiom-Expertin Christine Moissl-Eichinger von der Med Uni Graz diesmal verschiedene Aspekte des Zusammenspiels der Mikroorganismen mit unserer Gesundheit.

Erst vor etwa zehn Jahren hat die intensive Forschung zum Mikrobiom – der Gesamtheit aller Mikroorganismen und Elemente der Aktivität im und am Körper – konkrete Formen angenommen. Vieles wurde seitdem erforscht, aber natürlich auch schon davor im Rahmen anderer wissenschaftlicher Bereiche. Dennoch unterstreicht Christine Moissl-Eichinger, Professorin für Interaktive Mikrobiomforschung am Diagnostik- und Forschungsinstitut für Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin an der Medizinischen Universität Graz.: "Die Mikrobiom-Forschung steht noch am Beginn." Neben bereits gut erforschten Aspekten gebe es zu einigen weiteren untersuchten Themen zwar Modelle und biologische Studien an Mäusen, aber:

"Modelle sind eben nur Modelle und Mäuse sind keine Menschen. Wir sehen uns lieber das Mikrobiom des Menschen direkt an, was natürlich sehr viel schwieriger ist",

betont die Mikrobiom-Forscherin. Die Methodenentwicklung sei bis dato noch nicht abgeschlossen.

Die Rolle des Mikrobioms

Das Mikrobiom enthält nicht nur Bakterien sondern auch Pilze, Archaeen und Viren. "Weit weniger als 1%" aller Mikroorganismen im menschlichen Körper sind laut Forschungsstand potentielle Krankheitserreger, dagegen haben unzählig viele Mikroorgansimen Aufgaben und Funktionen: Alleine im Darm leben mehrere Billionen dieser winzigen Lebewesen, die unsere Nahrung optimal verstoffwechseln, unser Immunsystem trainieren, die Darmbarriere aufrechterhalten und auch die Darm-Hirn-Achse beeinflussen. Jeder Mensch hat sein persönliches Setting an Mikroorganismen und reagiert auch auf Faktoren wie gesunde oder nachteilige Ernährung:

"Das Mikrobiom ist individuell und sehr anpassungsfähig und wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst: Ernährung, Einnahme von Medikamenten, Erkrankungen, Geografie und vieles mehr bewirkt eine Veränderung der Funktion und der Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft"

charakterisiert Moissl-Eichinger, die auch Sprecherin des Forschungsfeldes Mikrobiom an der Med Uni Graz ist, die Flexibilität des mikrobiellen Settings jedes Menschen.

Das Mikrobiom unterstützen

Mit dem Wissen um die Bedeutung des Mikrobioms sehe die Forschung aber auch, dass unsere Mikrobenvielfalt vermehrt schädlichen Einflüssen ausgesetzt ist: So leidet die Artenvielfalt etwa unter zu häufiger Anwendung von Antibiotika oder einseitiger Ernährung, was eine Beeinträchtigung des Ökosystems Darm zur Folge haben kann. Deshalb arbeiten laut Moissl-Eichinger Wissenschafterinnen und Wissenschafter hart daran, "Mikrobiom-basierte" Therapien zu entwickeln, was allerdings aufgrund der Komplexität des Mikrobioms und der individuellen Ausgestaltung nicht so einfach sei. Durch eine gesunde und vielfältige Ernährung lasse sich das Mikrobiom jedoch "ein wenig optimieren". Vor allem Ernährungsformen wie zum Beispiel die "mediterrane Ernährung" (viel Gemüse, häufig Fisch) oder pflanzenbasierte Ernährungsweisen seien aus vielerlei Hinsicht gesund – nicht nur fürs Mikrobiom.
Diskutiert wurde im Rahmen dieses Abends auch die Wirkung von Prä- und Probiotika, deren Einsatz zum Teil sinnvoll und hilfreich sein kann, aber professionell begleitet und individuell abgestimmt sein muss, um damit nachhaltige Erfolge zu erzielen und möglichst nebenwirkungsfrei zu bleiben. Auch hier seien die Forschungen erst am Anfang.
Häufig nicht notwendig oder gegebenenfalls nachteilig fürs Hautmikrobiom: Antibakterielle Seifen. Normale Seifen seien meist bereits antibakteriell, aber auf physikalische Art und Weise. Wichtig sei die Abwägung, denn es gebe auch Umstände, wo eine zusätzliche antibakterielle Wirkung aus gesundheitlichen Gründen notwendig ist. Allerdings können bestimmte Zusätze auch Resistenzen bei den Mikroorganismen hervorrufen.
Psyche und Stress haben laut Moissl-Eichinger "definitiv auch einen Einfluss auf das Mikrobiom, schon alleine deshalb, weil sich das Verhalten ändert (weniger Sport, falsches Essen, etc.)". Die Beziehung Mensch und Mikrobiom sei also eine multi-faktorielle.

Mikrobiom-Forschung in Graz

Auch an der Medizinischen Universität Graz wird intensiv zum Mikrobiom geforscht, so gibt es neben weiteren Projekten eine eigene Arbeitsgruppe zur Mikroorganismen-Art Archaeen, welche etwa fünf Prozent aller Mikroorganismen im Darm ausmachen und einen wichtigen Dreh- und Angelpunkt im Mikrobiom darstellen: Unter anderem tragen sie zu einer besseren Verdauung von Ballaststoffen bei oder werden mit einem niedrigern BMI (Body-Mass-Index) sowie Langlebigkeit und Gesundheit assoziiert.
Auch wird in einer interdisziplinären Studie an den Neugeborenen-Intensivstationen in Graz, Leoben und Klagenfurt an der Vorbeugung und Heilung von nekrotisierender Enterokolitis (Darmerkrankung) bei Frühgeborenen geforscht, unter dem Aspekt des präventiven und therapeutischen Einsatzes und unterschiedlicher Kombinationen von Muttermilch, Formulamilch, Antibiotika und Probiotika.

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