Seiner Rufe zum Trotz
Standhaft

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„Komm zu mir!“, zischt er. „Mach es dir gemütlich.“, ruft er. „Lass dich fallen.“, sagt er. Seine Rufe sind allgegenwärtig. Auch jetzt noch, nach über sechs Monaten des Kontaktverbotes, vergeht kein Tag, an dem ich sein Räuspern nicht höre und seinen süßlich beerigen Geruch aus meinem Wohnzimmerschrank nicht wahrnehme. Wird das für immer so weitergehen, frage ich mich. Ich weiß es nicht, antworte ich mir selbst. Jedoch bleibe ich standhaft.





Gerade mache ich eine Erkrankung mit dem Corona Virus durch. Die letzten sieben Tage waren eine Herausforderung. Und das sage ich als Mensch, der schon so manches scheinbar lebensbedrohliche Ereignis überstanden hat. Außer mich abwechselnd von der Couch aufs Bett und wieder zurück zu schleppen, habe ich nicht viel getan. In den kurzen Perioden der Wachheit bin ich auf die Toilette gegangen, habe eine Mexavit Brausetablette getrunken, um den Prozess des Einschlafens und Aufwachens erneut zu beginnen. Mein Körper weiß eben doch, wann er Ruhe benötigt.



Vorgestern erst kehrte scheinbare Besserung bei meinem Gesundheitszustand ein. Ich begann beispielsweise wieder damit leichte Hausarbeiten wie das Waschen der Wäsche zu erledigen. Natürlich döste ich dazwischen regelmäßig, jedoch wurden auch diese Perioden vergleichsweise geringer. Am Ende des Tages wunderte ich mich nur, dass schon wieder Dunkelheit über uns hineingebrochen war. Und gerade in diesen Augenblicken wird seine Stimme lauter.



„Tu doch nicht so. Du willst es doch, oder etwa nicht?“, fragt er mich von sich selbst überzeugt. Ich schweige. „Nur dieses eine Mal. Du bist doch krank. Sei doch nicht so hart zu dir.“, ruft er unnachgiebig. Vor allem beim Aufhängen der Wäsche auf meiner giftgrün aufblühenden Terrassenlandschaft höre ich seine immer lauter werdenden Rufe. Im Echo des Windes, der durch die Gebüsche des Bambus meines Herren Nachbarn bläst, höre ich ihn sagen: "Komm zu mir."  Nein, nein und nein, sage ich. Ich bleibe standhaft. Nur wie lange noch?





Wobei er ja eigentlich recht hat. Ich will in jenem Augenblick wirklich nichts anderes machen, als ein kurzes Gespräch mit ihm zu führen und danach auf meiner Couch einzuschlafen. Wie früher will ich einfach nur vergessen, zwar nur für einen Moment, aber ich will vergessen. Und dabei ist mir das letzte halbe Jahr ohne ihn ungewohnt leicht gefallen.



Denn im Gegensatz zu den eher erfolgloseren Versuchen des Kontaktabbruches davor versuchte ich dieses Mal gar nicht, den Kontakt tunlichst zu vermeiden. Widerwillen erzeugt Abhängigkeit, durfte ich schon vor über 10 Jahren feststellen. Statt ihm also von vorne herein aus dem Weg zu gehen und seine Pfade zu meiden, versuchte ich es dieses Mal mit einer für mich völlig neuen Methode: Beschäftigung. Ich war mit der Verwirklichung meines gegenwärtigen Lebens so beschäftigt gewesen, dass ich seine Rufe praktisch kaum noch wahrnahm. Und doch höre ich sie, immer und immer wieder, einmal lauter und dann wieder leiser.





„Es könnte unser letzter gemeinsamer Tag sein.“, flüstert er. Na und, antworte ich. Ich kenne seine Versuche mittlerweile auswendig. Er spricht nichts Neues, wie schon seit zehn Jahren nicht mehr. „Was wenn du morgen nicht mehr aus deinem Bett erwachst?“, fragt er mich immer aufgebrachter. Dann ist es so, sage ich ruhig lächelnd. „Willst du nicht ein letztes Mal mit mir gemeinsam einschlafen?“, fragt er in der Verzweiflung. Nein, sage ich laut und von mir überzeugt. Denn ich weiß, dass dieses letzte Mal eine dreiste Lüge wäre. Und ich habe es satt, mich selbst immer wieder aufs Neue zu belügen. Dieses Mal nicht. Dieses Mal bleibe ich, seiner Rufe zum Trotz, standhaft.

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