Paukenschlag an der Schwarzen Sulm
Kraftwerk muss neu verhandelt werden

Die Schwarze Sulm ist ein Naturjuwel und gehört zu den letzten intakten Gewässern Österreichs. | Foto: Sebatian Postl
  • Die Schwarze Sulm ist ein Naturjuwel und gehört zu den letzten intakten Gewässern Österreichs.
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Jetzt ist es offiziell: Der Verwaltungsgerichtshof beschließt, dass die Bewilligung für das von den Projektwerbern Alfred Liechtenstein und Peter Masser an der Schwarzen Sulm geplante Kraftwerk neu verhandelt werden muss.

BAD SCHWANBERG. Das jahrelanges Gezerre zwischen den Projektwerbern der Sulmkraft GmbH mit Alfred Liechtenstein und Peter Masser und den Gegnern des Kraftwerk-Projektes hat eine neue Phase erreicht. Mit dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Bewilligung für das Kraftwerk neu verhandelt werden muss, liegt der Ball einmal mehr bei den Projekt-Gegnern: Eine neue Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs gibt einer Revision von WWF Österreich und Ökobüro gegen das geplante Wasserkraftwerk an der Schwarzen Sulm statt. „Das Urteil ist ein wichtiger Erfolg für das Naturjuwel Schwarze Sulm. Es darf keine Bewilligung und keine Millionenförderung für die Zerstörung der Sulm geben“, mahnt Bettina Urbanek, Gewässerschutzexpertin der Umweltschutzorganisation WWF Österreich. Die Schwarze Sulm gehört zu den längsten und unberührtesten Fließstrecken Österreichs. Sie ist ökologisch besonders wertvoll und als Natura-2000-Gebiet geschützt. „Der WWF fordert deshalb den endgültigen Stopp für das geplante Kraftwerk und einen wirksamen Schutz der Schwarzen Sulm durch das Land Steiermark“, sagt Urbanek.

Höchstgericht entscheidet für Umweltschutzorganisationen

Im bisherigen Verfahren um das Kraftwerk wurde sowohl der Bevölkerung vor Ort als auch den Umweltverbänden eine echte Einbindung verwehrt – zum Beispiel waren wesentliche Unterlagen wie Gutachten und Planunterlagen nicht zugänglich und die Parteistellung eingeschränkt. Die Umweltschutzorganisationen haben sich an das Höchstgericht gewandt, da das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Beschwerdepunkte gegen das Kraftwerk abgewiesen hatte. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Entscheidung nun wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben und zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Die Einwände der Umweltorganisationen wurden als zulässig und inhaltlich schlüssig erkannt. Das Landesverwaltungsgericht muss das Kraftwerksprojekt nun erneut auf seine Genehmigungsfähigkeit prüfen.

Neuer Schwung für Kraftwerksgegner

Abänderungen wegen Planungsfehlern

Das Projekt wurde wegen Planungsfehlern mehrfach abgeändert und kann in der ursprünglichen Form offenbar nicht realisiert werden.

„Da uns die Mitwirkung am Verfahren nicht in dem Ausmaß gewährt wurde, wie es rechtlich vorgesehen ist, blieb keine Alternative als der Gang zum Höchstgericht. Dieses Erkenntnis bestätigt die wichtige Rolle von Umweltorganisationen, sich kritisch und inhaltlich in Verfahren einzubringen und ist daher auch über die Schwarze Sulm hinaus von großer Bedeutung. Wenn Umweltschutzorganisationen von Anfang an die europarechtlich vorgesehenen Mitwirkungsrechte gehabt hätten, wäre die Causa Sulm seit vielen Jahren rechtskräftig erledigt. Das Aussperren der betroffenen Öffentlichkeit vom Verfahren führt jedoch dazu, dass Verfahrensschritte laufend wiederholt werden müssen."
Thomas Alge, Geschäftsführer des Ökobüro


Lange Verfahrensdauer


Das Landesverwaltungsgericht muss nun prüfen, ob sich das Projekt seit 2007 durch die vielen Umplanungen so stark verändert hat, dass die damaligen Genehmigungen nicht mehr gültig sind. „Das zeigt ein weiteres Mal, dass vor allem die schlechte Planung der Projektbetreiber für lange Verfahrensdauern verantwortlich sind und Jahre der juristischen Winkelzüge Behörden und Gerichte beschäftigen – mit einem Projekt, das in einer national bedeutenden Schutzstrecke einfach nicht mehr gebaut werden kann“, sagt Bettina Urbanek – und fordert: „Das Land Steiermark muss den Gewässerschutz endlich wieder ernst nehmen und die Schwarze Sulm entsprechend ihrer großen ökologischen Bedeutung als Bewahrungsstrecke im Regionalprogramm nach dem Wasserrechtsgesetz unter Schutz stellen. Gerade in Zeiten der Klimakrise brauchen wir intakte Flüsse wie die Schwarze Sulm als Wasserreserven und Klimaregulatoren. Eine klare Ausweisung von ökologisch besonders wertvollen Flussstrecken in ganz Österreich wäre für die Natur und für die Verfahrensdauern der beste Schritt.“


Naturverträgliche Energiewende gefordert


Österreichweit gibt es mehr als 5.200 Wasserkraftwerke, die eine enorm hohe Belastung für die Natur darstellen. Nur noch 14 Prozent der heimischen Flüsse sind ökologisch intakt – darunter auch die Schwarze Sulm. Der WWF tritt für eine konsequent naturverträgliche Energiewende ein und fordert eine Gesamtstrategie für die ökologisch verträgliche Nutzung erneuerbarer Energiequellen sowie den wirksamen Schutz wichtiger Flussstrecken. „Um die Klimakrise wirksam zu bekämpfen, muss außerdem deutlich mehr Energie gespart und das gesamte Steuersystem ökologisiert werden“, mahnt Urbanek.

Bedeutung der Schwarzen Sulm

Der etwa 17 Kilometer lange Oberlauf der Schwarzen Sulm gehört zu den längsten und unberührtesten Fließstrecken Österreichs. Unzählige Wasserfälle, Kaskaden, Katarakte und Pools machen die Schwarze Sulm zu einem einzigartigen Naturjuwel. Eine Vielzahl an Biotopen säumen die Schluchtstrecken und bieten einer reichhaltigen Pflanzen- und Tierwelt ein Refugium. Einige Arten kommen weltweit nur hier vor. Deshalb sind die Schwarze und die Weiße Sulm zum Natura-2000-Gebiet erklärt worden, mehr Informationen auf www.fluessevollerleben.at

Zuversicht bei der Plattform Koralmschutz

Froh über diese Enscheidung ist auch Josef Steiner aus St. Martin im Sulmtal in seiner Funktion als Sprecher der Plattform Koralmschutz: "Die Plattform Koralmschutz ist sehr glücklich, dass der Bewilligungsbescheid des privaten Kraftwerkes neu geprüft werden muss. Das Flussjuwel Schwarze Sulm hat damit die Chance als eine der letzten unberührten Flussstrecken in Österreich in einem ausgewiesenen
Natura 2000-Schutzgebiet zu überleben. Das angebliche öffentliche Interesse der privaten Konsenswerber hat in der Region seit 2007 bei vielen Deutschlandsbergern oft ein Kopfschütteln verursacht. Dass nun das Bundesverwaltungsgericht den in Rechtskraft erwachsenen Bescheid aus dem Jahre 2007 mit vielen begründeten Einwendungen und Gutachten der letzten 13 Jahre zur neuerlichen Prüfung an das Landesverwaltungsgericht Steiermark rückverwiesen hat, ist wirklich ein Paukenschlag.
Es muss angenommen werden, dass sich seit 2007 auch die Vorrausetzungen in Bezug auf den Wasserhaushalt der Koralpe geändert haben. Das Sulm-Kraftwerk dürfte neu verhandelt werden. Die lange Verfahrensdauer ist auch den vielen Umplanungen des Projektes geschuldet, sodass die damaligen Genehmigungen nicht mehr gültig sein dürften. Der etwa 17 Kilometer lange Oberlauf der Schwarzen Sulm wird hoffentlich ein einzigartiges Naturjuwel bleiben."

Grüne Rekord-Wanderung an der Schwarzen Sulm

Grüne sehen sich bestätigt

Auch die Grünen, die sich von Beginn an gegen den Kraftwerksbau einsetzen,  sehen somit einen großen Schritt getan: "Die heute bekannt gewordene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist ein wichtiger Schritt für die Rettung dieses Naturjuwels“, freut sich die Grüne Landtagsklubobfrau Sandra Krautwaschl. 

„Die Schwarze Sulm gehört zu den längsten und unberührtesten Fließstrecken Österreichs. Sie ist ökologisch besonders wertvoll und als Natura-2000-Gebiet geschützt – und sie gehört zu den wichtigsten Naturjuwelen des Landes. Mein Dank gilt heute allen MitstreiterInnen, die gemeinsam mit einer engagierten Zivilgesellschaft und NGOs jahrelang für den Erhalt dieser unberührten Natur gekämpft haben. Wir sind zuversichtlich, dass wir die Schwarze Sulm nun endgültig retten können!“
Sandra Krautwaschl, Landtagsklubobfrau der Grünen

Umweltorganisationen sind positiv gestimmt

Positiv nimmt die Umweltorganisation "Virus" die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zum Kraftwerksprojekt auf, dazu Sprecher Wolfgang Rehm: "Das Höchstgericht hat mindestens einer von zwei Revisionen stattgegeben, der wasserrechtliche Änderungsbescheid ist nun nicht mehr rechtkräftig, damit ist eine wesentliche Grundlage für einen möglichen Bau weggefallen."
Sowohl Ökobüro/WWF als auch der Arbeitskreis zum Schutz der Koralpe - unterstützt von "Virus"  -hatten Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Zumindest einer dieser Fälle sei nun entschieden worden, über das Schicksal des zweiten und warum die Rechtssachen womöglich
nicht wie erwartbar verbunden worden sind, sei noch nichts bekannt.  "Es werden natürlich die Details zu studieren sein aber es steht jetzt schon fest, dass die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts passiert ist und die Projektanten einen Rückschlag erlitten haben", so Rehm. Fest stehe auch, dass dieses schlecht geplante Projekt nicht so wie ursprünglich geplant realisiert werden könne, dies ebenfalls aus rechtlichen Gründen und weil es unmöglich sei, dass Wasser in einer Druckrohrleitung bergauf fließen könne. Bereits 2009 hatte die Oberste Wasserrechtsbehörde den ersten Wasserrechtsbescheid aufgehoben diese Entscheidung aber wegen eingeschränkter Beschwerdelegitimation vom Verfassugnsgerichtshof wieder gekippt worden. "Es gab aber damit eine negative Entscheidung in der Sache und wäre der Fall seit 12 Jahren Geschichte wenn die Verfahrensrechte den Notwendigkeiten entsprochen hätten. Erst mit
jahrelanger Verspätung haben Umweltorganisationen einen Teil der ihnen aufgrund internationaler Rechtsnormen zustehenden Rechte bekommen, dies hat die jetzige Entscheidung erst ermöglicht," so Rehm. Das Verfahrenslabyrinth rund um das Sulmkraftwerksprojekt sei aufgrund der häufigen Antragsänderungen und Zurückziehungen ebenso nahezu beispiellos wie das Ausmaß, in dem die Projektanten hier und beim Koralm-Kraftwerksprojekt von der Steiermärkischen Landesregierung protegiert worden seien. "Es ist zu hoffen dass die aktuelle Entscheidung den Anfang vom Ende für dieses Unsinnsprojekt, das eine der besten Flußstrecken Österreich zerstören würde, darstellt," so Rehm abschließend.

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