Gemeinderatswahl 2020
Wo einst Erzherzog Johann die politischen Weichen stellte

Am Arkadeneingang des Stainzer Rathauses hängt heute noch die Tafel, die an die Bürgermeisterwahl von Erzherzog Johann erinnert. | Foto: Veronik
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Stainz war einst Vorreiter im politischen System der österreichischen Gemeinden. Wer zieht nun in den Gemeinderat ein?

STAINZ. Exakt 170 Jahre ist es her, dass in Stainz zum einzigen Mal ein Mitglied des Kaiserhauses demokratisch gewählt wurde: Erzherzog Johann wurde 1850 zum ersten frei gewählten Bürgermeister der Marktgemeinde gewählt, die damals gerade einmal 700 Einwohner zählte. Seit der Gemeindereform 2015 ist Stainz nun die bevölkerungsmäßig zweitgrößte Gemeinde im Bezirk Deutschlandsberg.

2015 wurde aus sechs Gemeinden eine, die ÖVP stellte danach die absolute Mehrheit in Stainz. | Foto: WOCHE
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Fünf Listen

Die Mehrheit holte vor fünf Jahren die ÖVP, die zuvor in vier der sechs Fusionsgemeinden den Bürgermeister gestellt hatte. Mit 14 von 25 Mandaten konnte die Volkspartei ihre absolute Mehrheit auch in der neuen Großgemeinde halten, das Bürgermeisteramt übernahm Walter Eichmann (67), der bereits 2003 Stainzer Ortschef wurde – damals als Außenseiter. Sein Vize wurde Karl Bohnstingl, zuvor Bürgermeister in Georgsberg. Die weiteren Ex-Bürgermeister sind aus der Gemeindepolitik verschwunden, für die kommende Wahl geht die ÖVP wieder mit Eichmann und Bohnstingl als Spitzenduo ins Rennen. „Wir geben das Tempo vor“, ortet Eichmann eine positive Stimmung für seine Partei, während die Opposition an Ideenlosigkeit leide. 7,2 Mio. Euro an Investition hat er für 2020 budgetiert, das Freibad werde aber erst ab 2022 erneuert. 20 Mio. Euro wurden seit 2015 investiert, u.a. für den umfassenden Hauptplatzumbau.

Tatsächlich führte die SPÖ im letzten Jahr eine Umfrage zum lange diskutierten Stainzer Freibad durch. Darin sprach sich die Bevölkerung klar für eine Neugestaltung aus, die Ergebnisse übergab Thomas Stoimaier bereits an den Bürgermeister. Der 48-Jährige ist erstmals roter Spitzenkandidat, nachdem er 2019 einige Monate als Landtagsabgeordneter in Graz verbrachte. In der SPÖ verstehe man die ÖVP-Aussagen als „Drohung“, daher wolle man die absolute Mehrheit unbedingt brechen. Gelingen soll das mit einem neuaufgestellten Team, das sich – anders als vor fünf Jahren – geschlossen zeigt. Die Gemeindefusion traf die SPÖ, die zuvor zwei Bürgermeister stellte, ziemlich hart: Man kam im vergrößerten Gemeinderat nur auf vier Mandate, gleich viele wie zuvor.

Ähnlich erging es Franz Hopfgartner (61): In Rassach holte er 2010 auf Anhieb sechs Mandate, rückte der ÖVP gefährlich nahe. 2015 tat man sich mit der Namensliste „Aktives Stainz“ zusammen, die schon einen Sitz in Stainz gehabt hatte. Herauskamen vier Mandate und ein Vorstandssitz für Hopfgartner, der heuer erneut als Spitzenkandidat der „Alternative für Stainz“ fungiert. Er will ebenso die absolute ÖVP-Mehrheit brechen, der SPÖ aber auch Platz zwei wegschnappen (2015 fehlten 2,3 %). Auf dem Wahlvorschlag der AfS befinden sich gleich 50 Personen. „Wir wollen nicht die Gegenwart verwalten, sondern die Zukunft gestalten“, spricht Hopfgartner als Hauptthemen Arbeit und Wirtschaft oder die Schaffung von Kinderkrippen und eines Fachärztezentrums an.

Profitiert von der Fusion hat 2015 die FPÖ, die zuvor lange nicht in den ehemaligen Gemeinden zu finden war. Zwei Mandate eroberten die Freiheitlichen damals. Nun hat man mehr als genug Mitstreiter gefunden: 45 Personen sind am Wahlvorschlag, eine der größten FPÖ-Listen bei dieser Wahl. Angeführt wird sie von Werner Gradwohl (60), der ein frisches Team um sich hat. Das blaue Wahlprogramm umfasst Unterstützung für Familien, Erhalt der ländlichen Infrastruktur oder eine Einbindung der Wirtschaft in kommunale Entscheidungen. Erst kürzlich setzte man sich für die Erhaltung des ASZ Stainztal ein.

Die Grünen schafften 2015 erstmals den Einzug in den Stainzer Gemeinderat. Einzig als „Grüne Alternative“ war man 1995 bis 2000 in Georgsberg vertreten. Uwe Begander (54), seit fünf Jahren grüner Einzelkämpfer im Gemeinderat, geht erneut als Spitzenkandidat ins Rennen. Auf Initiative der Grünen sprach sich die Marktgemeinde Stainz schon vor einem Jahr für das 365-Euro-Öffi-Ticket aus.

Zukunftsthemen

Ebenfalls im letzten Jahr formierte sich die Bürgerinitiative „Stainz 2034“, die den Ortskern mit dem Bau von Fachmarktzentren in Gefahr sahen. Man forderte, den Ortskern nicht bis nach Pichling zu erweitern und eine Einbeziehung beim örtlichen Entwicklungskonzept. Dem ist der Stainzer Gemeinderat bereits nachgekommen. Was praktisch bei allen Parteien im Wahlprogramm zu finden ist: Eine Verbesserung der öffentlichen Verkehrsanbindung. Schließlich gibt es in Stainz keinen Bahnanschluss. Auch ein Mikro-ÖV könnte wieder ein Thema werden, beim derzeit verwendeten System in der Südweststeiermark ist Stainz nicht dabei.


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