Gehirngesundheit
Soziale Kontakte und Sport halten unser Gehirn topfit

Moderatorin Martina Kohrgruber mit dem Referenten des MeinMed-Abends, Christian Enzinger, Klinikvorstand der Grazer Universitätsklinik für Neurologie. | Foto: C. Pendl
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  • Moderatorin Martina Kohrgruber mit dem Referenten des MeinMed-Abends, Christian Enzinger, Klinikvorstand der Grazer Universitätsklinik für Neurologie.
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Die Essenz des MeinMed-Vortrags "Hirngesundheit - Brain Health!" am vergangenen Donnerstag an der Med Uni Graz zieht sich wie ein roter Faden durch fast alle medizinischen Bereiche: Gesundheit kann erlebt werden, im doppelten sowie wahrsten Sinne des Wortes "erleben". Manche nennen es Epigenetik, greifbarer sind Bezeichnungen wie Lebensstil oder Eigenverantwortung – denn Gesundheit braucht Leben, so auch unser Gehirn.

GRAZ. Bewegung in der Natur, vitalstoffreiche Ernährung, erfüllende soziale Kontakte, vielseitige geistige Aktivitäten, ausreichend guter Schlaf – die Aufzählung ließe sich pathetisch um die essentiellen Faktoren Liebe, Glaube, Vertrauen oder emotionale Geborgenheit erweitern, wenn es um Gehirngesundheit geht. Tatsächlich sind Demenz und viele andere Beeinträchtigungen von Aufmerksamkeit und Gedächtnis sowie der mentalen Gesundheit häufig vermeidbar. Selbst bei genetischer Veranlagung lässt sich durch den Lebensstil und bei Bedarf durch neurologische Therapien gegensteuern.


Das Gehirn ist keine Insel

"Das Gehirn ist keine Insel, es hängt im Stoffwechsel mit anderen Organen zusammen", bringt es Christian Enzinger, Klinkvorstand der Grazer Universitätsklinik für Neurologie, in seinem Vortrag auf den Punkt. Über 100 Besucher folgen dabei aufmerksam den praxisorientierten Ausführungen des Neurologen an diesem Abend. "Dass Sie heute gekommen sind, zeigt von Ihrem schon vorhandenen Interesse an Gesundheit, und wahrscheinlich leben Sie auch schon gesund. Diejenigen, die diese Informationen wirklich benötigen würden, sind leider nicht hier und schwer zu erreichen", weist Enzinger auf ein altbekanntes Phänomen in der Vorsorgemedizin hin.

Seit über 20 Jahren bilden die MeinMed-Veranstaltungen, sowie mittlerweile unzählige MeinMed-Webinare, Österreichs größte Gesundheitsvortragsreihe, die in Kooperation mit medizinischen Einrichtungen wie der Med Uni Graz sowie der Österreichischen Gesundheitskasse kostenlos für Gesundheitsinteressierte – egal ob Laie oder Facharzt – angeboten wird. Die Themen sind breit gefächert und alle Vortragenden referieren ehrenamtlich.

60 Prozent sind neurologische Erkrankungen

Der Neuroreport der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie zeigt, dass 60 Prozent aller Erkrankungen neurologische sind. Wenngleich diese Zahl auf den ersten Blick sehr hoch erscheint, so liegen darin auch enorme Chancen, denn viele neurologische Krankheiten lassen sich durch den Lebensstil vermeiden.

Bei bereits bestehenden Erkrankungen wie Demenz kann ebenfalls durch Gesundheitsförderung sowie neurologische Diagnose- und Behandlungsmethoden die Gehirngesundheit deutlich verbessert werden. Interventionsmöglichkeiten bieten auch eine individuell abgestimmte Medikation, Kognitives Training und verschiedene therapeutische Stimulationsmethoden.

Wie ganzheitlich die Gesundheit des Gehirns zu verstehen ist, wird auch in diesem Zusammenhang deutlich, welchen der Neurologe im Vortrag unterstreicht:

"Alles, was gegen Schlaganfall präventiv wirksam ist, ist auch gut fürs Gehirn."

Bei Alzheimererkrankungen sind laut der Studie "Lancet Commission 2024" 95 Prozent der Risikofaktoren modifizierbar, können also verringert oder vermieden werden. Dazu zählen unter anderem Diabetes, exzessiver Alkoholkonsum, Bluthochdruck, Depression, soziale Isolation, geringe Bildung, Luftverschmutzung oder körperliche Inaktivität.

Das Gehirn ist sozial und "sportlich"

In der neurologischen Forschung wird beobachtet, dass im Alter vor allem die Anzahl und Funktion der Synapsen (Verbindungen) in bestimmten Gehirnbereichen abnimmt. Die gute Nachricht: Solche Verbindungen lassen sich durch ein aktives Leben wieder aufbauen. Unser Gehirn besitzt ein enormes Regenerationsvermögen und eine hohe neuronale Plastizität. Am besten wird diese durch vielseitige geistige und körperliche Aktivitäten gefördert, vor allem wenn sie gemeinsam mit anderen gelebt werden. Selbst das Training im Fitnessstudio wirkt sich neuronal nicht so positiv aus wie abwechslungsreiche Aktivitäten, die Körper, Geist und Soziales fördern.

"Das erklärt vielleicht, warum sich viele zwar ins Fitnessstudio einschreiben, aber kaum hingehen, weil es bessere Auswirkungen aufs Gehirn hat, sich abwechslungsreich, zum Beispiel in der Natur, und gemeinsam mit anderen zu bewegen",

stellt Enzinger seine persönlichen Überlegungen in den Raum. Durch körperliche Aktivität lassen sich im Gehirn jedenfalls zahlreiche positive zerebrale Veränderungen beobachten: Zunahme in der grauen und weißen Substanz, Zunahme im Hippocampusvolumen, Verbesserung des Blutflusses im Gehirn, Förderung neuronaler Plastizität und Zunahme der funktionellen Konnektivität.

Zudem wirken soziales Engagement, beständige soziale und intellektuelle Beschäftigung und "lebenslanges Lernen" sowohl schützend als auch förderlich für die geistige Fitness - auch im hohen Alter.

Ernährung, Schlaf und mentale Fitness

Nicht nur Bewegung und soziale Aktivitäten pushen unsere geistige und mentale Fitness. Die "altbekannten" Faktoren Ernährung – vor allem die mediterrane Ernährungsweise, wenig Zucker und moderater Konsum von Alkohol – sowie Erholung und gesunder Schlaf sind ebenfalls zentral.

"Das Wissen ist da, hören Sie wahrscheinlich zum 100. Mal. Wenn Sie aber überlegen, wie oft dann doch wieder zum Beispiel zu einem ungesunden Produkt gegriffen wird...",

macht der Leiter der Universitätsklinik für Neurologie auf das häufige Auseinanderklaffen von Wissen und Umsetzung und die dabei ungenützten Möglichkeiten für mehr Lebensqualität aufmerksam.

Das große Potential in Vorbeugung und Intervention verlangt aber nicht, bei gelegentlichen Vergesslichkeiten (aber auch bei "echter" Demenz) sich Hals über Kopf in alle möglichen Vorsorge- oder Therapiemöglichkeiten zu stürzen. Wichtig sei eben auch, kritisch zu bleiben in der Evaluation von beworbenen "vielversprechenden" Produkten, die die Kognition fördern sollen, seien es bestimmte Medikationen und Ernährungsformen, einzelne Nahrungsergänzungsmittel oder auch Angebote im Bereich des kognitiven Trainings.

Das Auftreten von Demenz-Symptomen nach langen Operationen mit Narkose "ist ein Thema, vor allem, wenn davor schon Demenz-Risiken vorhanden waren", beantwortet Enzinger die Frage einer Zuhörerin. Lange Operationen sind dem Experten zufolge ein enormer Stress für den Organismus und das Gehirn. Allerdings würden vor der ärztlichen Entscheidung zu einer Operation der Nutzen und die Risiken gewissenhaft abgewogen.

Rauchen und Kognition

Der Zusammenhang von Rauchen und Kognition ist gemischt: Einerseits sorgt Nikotin für die Abgabe von Actelycholin und verbessert die Aufmerksamkeit und Informationsprozessierung, andererseits kann Rauchen auch Neurodegeneration beeinflussen, und viele Studien fanden einen Zusammenhang zwischen Rauchen, Demenzrisiko und kognitiver Abnahme.

Kreativität als Gehirntraining

Außerdem wird beobachtet, dass kreative Aktivitäten wie Tanzen, Musik, Theater, Schreiben oder Kognitives Training als protektive und therapeutische Faktoren wirken können. Die Ergebnisse von vorliegenden Studien, in denen die Einflüsse dieser Aktivitäten auf die Kognition untersucht wurden, gelten jedenfalls als vielversprechend.
Und wer hat es nicht schon selbst gespürt, wenn beim Musikhören, Instrument spielen oder Tanzen die Glücksgefühle sprudeln und für die mentale Fitness (wieder) die Sonne aufgeht.

Weiterführende Informationen:

Moderatorin Martina Kohrgruber mit dem Referenten des MeinMed-Abends, Christian Enzinger, Klinikvorstand der Grazer Universitätsklinik für Neurologie. | Foto: C. Pendl
Über 100 Besucher interessierten sich für den kostenlosen Vortrag "Hirngesundheit - Brain Health" an der Med Uni Graz. | Foto: C. Pendl
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